/ Alles fließt

(Fpizzolante)
6 Uhr: Es herrscht hektisches Treiben im großen Aufführungssaal der „Banannefabrik“ (Link) in Bonneweg. In regelmäßigen Abständen geht die Tür auf: Ein Techniker, ein Tänzer oder ein Neugieriger kommt herein. Die Tür fällt jedes Mal mit einem lauten Geräusch ins Schloss. Es fehlt noch mindestens eine Stuhlreihe für die Vorführung am Abend, wenn hier das Aerowaves-Festival eröffnet werden soll. Stühle werden herumgeschoben, Matten ausgelegt – und natürlich das Licht. Es muss stimmen, ist die Beleuchtung doch ein wichtiger Bestandteile einer gelungenen Tanzproduktion.
Choreografin Anu Sistonen. (Bidl: Fabrizio Pizzolante)
Aerowaves-Tanzfestival
Noch heute Abend in der Abtei NeumünsterProgramm:
• 19.30 Uhr: Sweat Baby
(60 Minuten)• 21 Uhr: Field
(45 Minuten)• 22 Uhr: Bokko the ultimate fusion (20 Minuten)
Infos und Karten:
Tel.: 26 20 52 – 444
Das Herumschieben der Stühle, die aufgeregten Gespräche zwischen den Organisatoren, das Murmeln der Tänzer und natürlich die Tür, die immer wieder ins Schloss fällt – all das sind Hintergrundgeräusche. Denn trotz dieser Geräuschkulisse ist es Frédéric Chopin, der den Saal mit seinen Klängen füllt und belebt. Zwar vom Band, und nicht, wie bei der Premiere 2013, live, ertönt seine Klaviersonate Nummer 3, dieses so klassische Musikstück voller Gefühl und romantischem Pathos.
Machtwort
Und dann, nach einiger Zeit, spricht die Choreografin Anu Sistonen ein Machtwort. Wir wollen Proben, bitte Bernard (Baumgarten, Leiter des Trois C-L, Anm. d. Red.), stell dich an die Tür und lass niemanden mehr herein! Nur für eine halbe Stunde! Die drei Tänzer sind aufgewärmt, es kann losgehen. Bei den ersten Schritten merkt man gleich, dass Jonna Aaltonen, Grégory Beaumont und Ville Oinonen ein eingespieltes Team sind und dass das Stück in den vergangenen Monaten noch wachsen konnte, dank all der Aufführungen, die die Tänzer während einer großen Tournee durch Frankreich nach der Premiere in Luxemburg geben konnten.
Die Körper bewegen sich in völliger Harmonie zur Musik, gegen den Strom passiert hier überhaupt nichts. Vielmehr hat Anu Sistonen mit ihren Tänzern die Wechselwirkung zwischen Bewegung und musikalischer Sprache bis ins kleinste Detail ausgelotet. Das Zusammentreffen von klassischer Musik in ihrer reinsten Form und zeitgenössischem Tanz mit all seiner Spontaneität und seinem Raum für Improvisationen gelingen hier völlig, auch wenn Anu Sistonen lange brauchte, um sich an Chopin, an dieses perfekte Werk, wie sie selbst sagt, heranzuwagen. Zum Glück hat sie es getan, denn der Zuschauer kann sich zurücklehnen und genießen, denn er erlebt eine einzigartige Symbiose zwischen Klang und Bewegung.
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