„Aua, Sie tun mir weh!“Zweiter Prozesstag: Trierer Amokfahrer beschwerte sich bei der Festnahme

„Aua, Sie tun mir weh!“ / Zweiter Prozesstag: Trierer Amokfahrer beschwerte sich bei der Festnahme
Der Angeklagte muss sich auch am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht Trier verantworten Archiv-Foto: Trierischer Volksfreund/Rolf Seydewitz

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Im Trierer Amokprozess haben mehrere Zeugen am zweiten Verhandlungstag detailliert die Festnahme des Todesfahrers geschildert. Und eine Bekannte, bei der der heute 54-Jährige längere Zeit gewohnt hat, beschrieb ihn als „unheimlich feinen Kerl“.

Im Amokprozess am Trierer Landgericht hat am Mittwoch eine frühere Bekannte des Angeklagten ausgesagt. So soll der heute 54-Jährige einen Tag vor der Amokfahrt nach einem Besuch beim Notar gesagt haben: „Heute knallt’s, ich haue alle um.“

Konkreter habe sich der Bekannte dazu aber nicht geäußert. Zwei Tage vor der Tat soll er gesagt haben, er fahre zur Polizei, werde erschossen oder komme ins Gefängnis. Nach Aussagen der Zeugin hatte ihr ehemaliger Nachbar Wochen vor dem Gewaltverbrechen eine schlimme Phase. Er habe unter Verfolgungswahn gelitten und sich von einem ehemaligen Kumpel beobachtet gefühlt. Sie selbst habe in dieser Zeit einmal die Polizei angerufen und gesagt, dass der Bekannte etwas vorhabe. Aber was genau, habe sie auch nicht gewusst.

Ihren ehemaligen Nachbarn, der – nachdem er seine ehemalige Wohnung gekündigt hatte – etwa ein halbes Jahr bei ihr gelebt habe, beschrieb die Zeugin als „unheimlich feinen Kerl“. Er sei immer ruhig und höflich gewesen, habe gute Manieren gehabt. Sie habe nie einen Streit von ihm mitbekommen. Und selbst wenn er etwas getrunken habe, sei er ruhig und redefaul gewesen. „Er war ein angenehmer Betrunkener“, sagt die Bekannte.

Eine andere Zeugin schilderte, wie der Angeklagte unmittelbar nach der Amokfahrt seinen Geländewagen unweit der Porta Nigra am Straßenrand abstellte, sich während des Aussteigens eine Zigarette anzündete, hinters Auto ging und Richtung Porta blickte. „Das sah aus wie ‚Arbeit getan und jetzt rauche ich eine‘“, erinnerte sich die Zeugin an die damalige Szenerie.

„Mach’ ruhig ein Video, das stört mich nicht!“

Ein junger Mann, der seinerzeit mit dem Fahrrad auf dem Bürgersteig vorbeikam, sagte am Mittwoch, der Fahrer des Geländewagens habe die Autotür aufgetreten, bevor er ausstieg. Offenbar klemmte die Tür wegen der vorausgegangenen Kollisionen. Dann habe der Autofahrer zu ihm gesagt: „Mach’ ruhig ein Video, das stört mich nicht!“

Ein anderer Zeuge schilderte die Festnahme des Amokfahrers, der keinen Widerstand geleistet habe, als er von mehreren Polizisten zu Boden gebracht wurde. Allerdings habe sich der Amokfahrer beschwert, als ein Beamter ihn mit dem Knie niederdrückte: „Aua, Sie tun mir weh!“

Der Prozess gegen den 54-jährigen Amokfahrer von Trier muss neu aufgerollt werden, weil der Bundesgerichtshof das erste Urteil teilweise aufgehoben hatte. Bei der diese Woche gestarteten Neuauflage des Prozesses vor einer anderen Kammer des Landgerichts geht es insbesondere um die Frage, ob der Angeklagte zum Zeitpunkt des Gewaltverbrechens möglicherweise schuldunfähig war. Dann könnte er für die Tat nicht verurteilt werden, käme aber wohl für den Rest seines Lebens in eine geschlossene Klinik.

Sechs Tote und zwölf Schwerverletzte

Im ersten Prozess hatte ein Gutachter festgestellt, dass der aus dem Trierer Stadtteil Zewen stammenden Amokfahrer an einer paranoiden Schizophrenie mit bizarren Wahnvorstellungen leide.

Für den neuen Prozess sind ausnahmslos Zeugen geladen, die vor dem eigentlichen Gewaltverbrechen und direkt danach Kontakt zu dem Angeklagten hatten. Die tödliche Fahrt durch die Trierer Fußgängerzone mit allen schrecklichen Einzelheiten wird in dem Verfahren nicht mehr verhandelt, der Sachverhalt selbst gilt als rechtskräftig.

Bei der Amokfahrt durch die Trierer Innenstadt am 1. Dezember 2020 starben sechs Menschen, dutzende Passanten wurden teils lebensgefährlich verletzt oder schwer traumatisiert. Der Amokfahrer, ein Mann aus dem Trierer Stadtteil Zewen, war im August 2022 vom Trierer Landgericht wegen mehrfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zugleich ordnete das Gericht die Unterbringung des 54-Jährigen in einer geschlossenen Klinik an und stellte die besondere Schwere der Schuld fest.

Der Prozess wird am nächsten Mittwoch, 6. März, um 9.30 Uhr fortgesetzt.

JJ
29. Februar 2024 - 13.50

Schade,dass man heute nicht mehr sagen darf was man denkt.