IranZum Todestag von Mahsa Amini: Proteste trotz staatlicher Repressionen

Iran / Zum Todestag von Mahsa Amini: Proteste trotz staatlicher Repressionen
Vor allem in Städten westlicher Länder wurde an den Todestag der Iranerin Mahsa Amini erinnert Foto: AFP/Dimitar Dilkoff

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Ein Jahr nach dem Tod der wegen Verstoßes gegen die Kopftuchvorschrift festgenommenen Kurdin Mahsa Amini haben trotz eines massiven Aufgebots an Sicherheitskräften Menschen im Iran Berichten zufolge ihren Protest gegen die Regierung zum Ausdruck gebracht.

Unter anderem aus Teheran, Isfahan und Schiras wurden am Samstag Proteste gemeldet. Am Grab von Mahsa Amini verhinderten die Behörden hingegen jedes Gedenken. Wie mehrere Menschenrechtsorganisationen mitteilten, wurde Aminis Vater am Samstag beim Verlassen seines Hauses vorübergehend festgenommen und zu Hause festgesetzt. Amdschad Amini sei davor gewarnt worden, eine Erinnerungsveranstaltung zu organisieren. Sicherheitskräfte hätten ihn daran gehindert, das Grab seiner Tochter in Sakes in der iranischen Provinz Kurdistan zu besuchen, berichtete die Organisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Norwegen.

Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna meldete später, Sicherheitskräfte hätten einen Mordanschlag gegen Amini verhindert. Das versuchte Attentat sei erfolgt, als Amdschad Amini auf dem Weg zum Grab seiner Tochter gewesen sei.

Die junge Kurdin Mahsa Amini war am 16. September 2022 nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei in der Hauptstadt Teheran gestorben. Sie war festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Nach Angaben ihrer Familie starb sie nach Misshandlung durch die Sittenpolizei, die iranischen Behörden weisen das zurück.

Aminis Tod löste monatelange Demonstrationen im ganzen Land unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ aus. Die Sicherheitskräfte gingen hart gegen die Proteste vor. An Aminis Grab auf dem Friedhof von Sakes gab es am Samstag keinerlei Hinweise auf ein Gedenken. Menschenrechtsgruppen zufolge sperrten Sicherheitskräfte den Zugang zum Friedhof. Der pro-kurdischen Organisation Hengaw zufolge erlitt ein junger Mann lebensgefährliche Verletzungen, als er in der Nähe des Friedhofs angeschossen wurde.

Die Nachrichtenagentur Irna meldete mehrere Festnahmen wegen „Plänen zum Anrichten von Chaos“ oder wegen der Herstellung von Inhalten für „feindliche Medien“ – insbesondere in Aminis Heimatprovinz Kurdistan, aber auch in anderen Regionen. Bereits in den vergangenen Tagen hatten die Staatsmedien hunderte Festnahmen wegen geplanter Proteste zu Aminis Todestag gemeldet.

Trotz des Vorgehens der Sicherheitskräfte äußerten Menschen mehreren Organisationen und Medien zufolge ihren Unmut über die Regierung. Laut Hengaw zeigten die Bewohner im Westen des Iran ihren Unmut durch einen Generalstreik; in dutzenden Städten blieben demnach aus Protest die Geschäfte geschlossen.

Von Exil-Nachrichtensendern ausgestrahlte Videos zeigten, wie Menschen in Teheran und im benachbarten Karadsch in der Nacht zum Samstag aus ihren Wohnhäusern „Tod dem Diktator“ und „Frau, Leben, Freiheit“ riefen.

„Wir werden uns Iran zurückholen“

Der Onlinedienst 1500tasvir veröffentlichte Aufnahmen von dutzenden Menschen, die in Karadsch tagsüber protestierten und „Wir werden uns Iran zurückholen“ riefen. Ähnliche Versammlungen wurden aus der zentral-iranischen Stadt Isfahan und der südlichen Stadt Schiras gemeldet.

Narges Mohammadi, eine der bekanntesten inhaftierten Menschenrechtsaktivistinnen, verbrannte nach über ihr Instagram-Profil veröffentlichten Informationen gemeinsam mit drei weiteren inhaftierten Frauen ihr Kopftuch im Innenhof des berüchtigten Gefängnisses Evin in Teheran. Die in New York ansässige Organisation Center for Human Rights in Iran (CHRI) berichtete über einen Brand im nahe Teheran gelegenen Frauengefängnis Kartschak, der ausgebrochen sei, als Sicherheitskräfte einen Gefangenenprotest niederschlugen.

Der iranische Präsident Ibrahim Raisi traf zum Jahrestag von Aminis Tod Angehörige von Sicherheitskräften, die am Rande der Proteste getötet worden waren. Raisi sei am Freitag „mit den Familien von Verteidigern der Sicherheit“ zusammengetroffen, meldete Irna.

Exil-Iraner organisierten zu Aminis Todestag Protestmärsche in mehreren Städten, darunter New York, Paris, Sydney und Toronto. Am Vorabend des Jahrestages hatten die EU, die USA und Großbritannien weitere Sanktionen gegen den Iran im Zusammenhang mit der Unterdrückung der Proteste verhängt. Das iranische Außenministerium wies das „illegale und undiplomatische“ Vorgehen des Westens zurück. (AFP)