Freitag21. November 2025

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BosnienZum Abtritt gezwungener Ex-Teilstaatspräsident Dodik dominiert den Wahlkampf um seine Nachfolge

Bosnien / Zum Abtritt gezwungener Ex-Teilstaatspräsident Dodik dominiert den Wahlkampf um seine Nachfolge
Sinisa Karan (l.) tritt zwar als Präsidentschaftskandidat am Sonntag zu den Wahlen an, Milorad Dodik dürfte aber hinter den Kulissen die Strippen ziehen Foto: Elvis Barukcic/AFP

Am Sonntag steigt in Bosnien die Wahl des neuen Präsidenten des Teilstaats der Republika Srpska. Dominiert wird der Stimmenstreit um seine Nachfolge von dem von der Justiz zum Abtritt gezwungenen Serbenführer Milorad Dodik.

Auch politisch Totgeglaubte können länger leben. Noch vor wenigen Wochen schien Bosniens Serbenführer Milorad Dodik mit seinem Windmühlenkampf gegen seine von der Justiz erwirkte Amtsenthebung als Präsident des Teilstaats der Republika Srpska (RS) auf dem unumkehrbaren Weg auf das politische Abstellgleis – auch wegen seines abgekühlten Verhältnisses zu Serbiens Präsidenten Aleksandar Vucic.

Doch nach der Aufhebung der US-Sanktionen gegen ihn und sein Gefolge Ende Oktober sowie der Bestätigung des Verfassungsgerichts in dieser Woche, dass er trotz eines sechsjährigen Amtsverbots weiter seine SNSD führen könne, wittert der machtbewusste Strippenzieher neue Morgenluft: Der Stimmenstreit vor der am Sonntag steigenden Wahl seines Nachfolgers wird ausgerechnet von dem unfreiwillig aus seinem Amt genötigten Dodik dominiert.

Wo Dodik ist, war bisher die Macht – egal auf welchem Posten. Ob als Regierungschef und Teilstaatspräsident der Republika Srpska oder als serbischer Vertreter im dreiköpfigen Staatspräsidium von Bosnien und Herzegowina: Schon seit über einem Vierteljahrhundert teilt das 66-jährige Politfossil in Banja Luka die Karten aus.

Als SNSD-Chef will er künftig vom Rücksitz die Geschicke im Teilstaat steuern. Einen Vorgeschmack davon vermittelt bereits der nun anstehende Urnengang. Im Wahlkampf steht der offizielle SNSD-Kandidat Sinisa Karan völlig im Schatten seines Schattenmanns und Parteichefs – Milorad Dodik.

1,2 Millionen Wähler sind zur Wahl seines Kurzzeitnachfolgers aus sechs Kandidaten aufgerufen, Frauen sind nicht darunter: Weil im bosnischen Vielvölkerstaat Präsidentschafts-, Parlaments- und Teilstaatswahlen immer gleichzeitig steigen, soll der neue Teilstaatspräsident nur bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst nächsten Jahres amtieren.

Sowohl die regierende SNSD als auch die zersplitterte Opposition im Teilstaat sehen den Urnengang denn auch vor allem als Probelauf für die Superwahlen im nächsten Jahr. Der von Dodik protegierte Karan (SNSD), bisher Wissenschaftsminister in der Teilstaatsregierung, geht als Favorit ins Rennen. Chancen rechnet sich aber auch der von den größten Oppositionsparteien nominierte Elektrotechnik-Professor Branko Blanusa (SDS) aus.

Hauptsache unter der Kontrolle von Vucic

Doch wie Dodiks SNSD-Strohmann Karan steht auch sein aussichtsreichster Widersacher im Schatten eines Schattenmanns: Drasko Stanivukovic (PDP), der Bürgermeister von Banja Luka, versteht sich im Wahlkampf wieder einmal als der mit Abstand populärste Oppositionspolitiker in Szene zu setzen.

Nicht nur wegen des kurzen Wahlkampfs und der eher unbekannten Kandidaten, sondern auch wegen des Gefühls, dass über die eigentliche Machtfrage erst im nächsten Jahr abgestimmt wird, scheint nicht nur das Wählerinteresse an dem Urnengang begrenzt. Auffällig ist auch die Abwesenheit von Serbiens sonst in der Republika Srpska regelmäßig gastierenden Präsidenten Vucic im Stimmenstreit.

Dass Dodik sich hinter seinem Rücken mit der neuen US-Administration auf einen „Deal“ zur Aufhebung der US-Sanktionen verständigte, soll ihm sein bisheriger Schutzherr Vucic laut Medienberichten kräftig verübelt haben. Doch obwohl er auch zu Stanivukovic gute Beziehungen pflegt, hält sich Vucic im jetzigen Wahlkampf bedeckt. Für Belgrad sei nicht wichtig, wer gewinne, sondern „dass der Sieger unter der Kontrolle von Vucic stehen wird“, umschreibt die unabhängige Belgrader Zeitung Danas die Ausgangslage.

Bis zu den wesentlich wichtigeren Wahlen 2026 werde Vucic die Position Dodiks zu schwächen versuchen, rechnet Djordje Vujatovic vom Portal gerila.info in Banja Luka dennoch langfristig mit einem Partnerwechsel Belgrads: „Natürlich nur, wenn Vucic nicht als Erster fällt.“