Mittwoch5. November 2025

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JustizZu wenig Leute, zu wenig Platz: Generalstaatsanwältin Solovieff reagiert auf Kritik 

Justiz / Zu wenig Leute, zu wenig Platz: Generalstaatsanwältin Solovieff reagiert auf Kritik 
Neujahrsempfang: Justizministerin Elisabeth Margue (l.), Generalstaatsanwältin Martine Solovieff und Thierry Hoscheit, Präsident des Obersten Gerichtshofs Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Nachdem Lydie Polfer in einem Interview über die mangelnde Weiterverfolgung von polizeilich erfassten Fällen durch die Staatsanwaltschaft berichtet hatte, reagierte Generalstaatsanwältin Martine Solovieff beim Neujahrsempfang der Justiz auf die Kritik der Bürgermeisterin von Luxemburg-Stadt.

32 nicht besetzte Posten. Dazu 16 Personen in Elternzeit oder anderen Beurlaubungen. Macht 48 Personen, die fehlen, um die Fälle der Generalstaatsanwaltschaft zu bearbeiten. Das ist die Bilanz, die Generalstaatsanwältin Martine Solovieff auf dem Neujahrsempfang in der „Cité judicaire“ zieht. „Das sind 17 Prozent, die fehlen.“ Ähnlich sieht es bei den Gerichten in Luxemburg-Stadt und Diekirch aus. Auch hier seien etwa ein Fünftel der Stellen nicht besetzt, so Solovieff. Bei der Staatsanwaltschaft Luxemburg stauen sich die Fälle, die „Police judicaire“ gehe regelrecht unter.

Die Generalstaatsanwältin will an diesem Abend Zahlen liefern zu den Äußerungen von Lydie Polfer (DP). Die Bürgermeisterin von Luxemburg-Stadt hatte im RTL-Interview am Dienstagmorgen erklärt, die Polizei in ihrer Gemeinde leiste zwar gute Arbeit, aber das Problem liege woanders. Von den insgesamt 2.177 Fällen, die die Polizei im Jahr 2023 aufgenommen habe, so Polfer, seien etwa 1.500 ohne Strafverfolgung „ad acta“ gelegt worden. Die Bürgermeisterin sieht die von der Polizei geleistete Arbeit zu wenig respektiert – und will ein gewisses Gefühl der „Impunitéit“, der Straffreiheit, festgestellt haben. Bei den Tätern wie auch bei den Bürgern, deren Sicherheitsgefühl leide, so Polfer, wenn sie sähen, dass Menschen, die an einem Tag verhaftet werden, am nächsten Tag wieder freigelassen werden.

Solovieffs letzter Empfang

Die Bürgermeisterin bezieht ihre Äußerungen vor allem auf das Bahnhofsviertel. Doch was sie beschreibt, ist bisweilen der regelkonforme Ablauf der Justiz. Verhaftete Personen in Drogendelikten werden beispielsweise dem Untersuchungsrichter vorgeführt. „In 90 Prozent der Fälle kommt es zu einer Verhaftung“, sagt Solovieff am Rande des Neujahrsempfangs gegenüber dem Tageblatt. Leute mit geringer Menge, so die Generalstaatsanwältin, behalte man nicht in U-Haft. Ob es zu einem Prozess kommt, ist in solchen Fällen nicht Entscheidung der Staatsanwaltschaft, sondern der Ratskammer. Die sogenannte „Chambre du conseil“ ist ein wichtiges und fest verankertes, unabhängiges Element in der Luxemburger Gerichtsbarkeit.

Im Allgemeinen kann Generalstaatsanwältin Solovieff den Unmut, vor allem den der Betroffenen, bei langwierigen Prozeduren gut verstehen. Gleichzeitig sei es jedoch zu einfach zu sagen, die Justiz sei zu langsam. Es fehlt an Menschen, an Zeit und an Raum. Schon im Dezember hatten Solovieff und Thierry Hoscheit, Präsident des Obersten Gerichtshofs, gegenüber der Spezialkommission „Caritas“ des Luxemburger Parlaments den Personalmangel und Fallstau beklagt. Beim Neujahrsempfang unterstreichen die beiden noch einmal die Dringlichkeit ihres Anliegens. Die Staatsanwaltschaft müsse Prioritäten setzen, so Solovieff. „Wir müssen uns auf große Kriminalität konzentrieren“. 

Justizministerin Elisabeth Margue (CSV), die an diesem Abend ebenfalls spricht, ist sich der Herausforderung bewusst. Ein neues Gesetz soll neue Posten schaffen. Insgesamt 94 über einen Zeitraum von drei Jahren. Doch das allein wird nicht reichen. Posten schaffen und sie auch zu besetzen, sind zwei unterschiedliche Dinge. Das weiß auch Margue. Im Sommer habe die Chamber deshalb ein Gesetzesprojekt auf den Weg gebracht, so die Justizministerin, das eine breitere Rekrutierung ermöglichen und damit den Bewerberpool vergrößern soll. Auch Solovieff setzt große Hoffnungen auf dieses Gesetz, das derzeit beim Staatsrat liegt.

Margue verspricht beim Neujahrsempfang auch Abhilfe für das Platzproblem, unter dem die Luxemburger Justiz leidet. Es gibt nicht genug Säle für alle Sitzungen, die in der „Cité judiciaire“ abgehalten werden müssten. Als kurzfristige Lösung schlägt die Justizministerin vor, Räume in den an das Plateau du Saint-Esprit angrenzenden Gebäuden zu mieten. Langfristig, da sind sich Margue und Hoscheit einig, braucht es jedoch eine neue „Cité judicaire“. Eine Bedarfsstudie werde in Auftrag gegeben, sagt die Justizministerin. Generalstaatsanwältin Solovieff selbst wird das in ihrem aktiven Berufsleben nicht mehr erleben. Sie geht am 1. Februar in Rente. Ihr Nachfolger wird der Stellvertretende Generalstaatsanwalt John Petry.

Grober J-P.
10. Januar 2025 - 10.06

"Bei den Tätern wie auch bei den Bürgern, deren Sicherheitsgefühl leide, so Polfer,"
Ach Lydie nicht so populistisch, Sie könnten ja solche "präsuméiert" Täter in Ihrer Garage unterbringen, wenn in Schrassig oder anderswo kein Platz mehr ist.
Probleme nicht erkannt, wie?

Leila
9. Januar 2025 - 13.35

Was fällt unter "kleineres Delikt"? Wie weiß man, ob der Gang zur Polizei angemessen ist oder Zeitverschwendung? Gibt es so etwas wie einen Katalog, den jeder Bürger dafür einsehen kann? Jeden "Kleinkriminellen" wird es freuen, wird er doch geradezu ermuntert, weiterzumachen! Das Opfer ist doppelt bestraft, einfach skandalös! Das provoziert Selbstjustiz, jüngstes Beispiel der Doppeltotschlag (oder war es Mord?) in Esch...

fraulein smilla
9. Januar 2025 - 12.30

Es war doch die Justiz die sich seinerzeit dagegen wehrte dass die Cité judiciaire auf der gruenen Wiese errichtet wird .

Jemp
9. Januar 2025 - 12.15

Kleine Affairen werden ad acta gelegt? Aber keine kapitalen Verkehrsverbrechen, wie z.B. 4 km/h zu schnell fahren. Da wird man bis zum Suedpol verfolgt, wenn man vergisst, seine 49€ zu bezahlen. Es sind wohl eher die Diebstaehle mit koerperlicher Gewaltanwendung und andere Gewalttaten, sowie grosse Drogendeals, die nicht verfolgt werden.

Reinertz Barriera Manfred
9. Januar 2025 - 10.25

Die Frau Generalstaatsanwalt hat ihr Ei gelegt sie kann jetzt in Pension gehen..

Hild Charles
9. Januar 2025 - 8.51

Das ist doch ein Skandal! Wenn ein Dieb die Handtasche stiehlt, dann hängt es vielleicht von dem gesellschaftlichen Rang der Besitzerin ab, ob eine Strafe verhängt wird oder nicht. Wo sind wir denn? Wenn wir es nicht fertig bringen eine Million Leute richtig zu verwalten, dann sollten wir den Wachstum herunterfahren. Frage: kann man die Justiz verklagen wenn sie eine Straftat nicht verfolgt? Das ist dann sicher ein kleineres Delikt.