Dienstag21. Oktober 2025

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Lebens- und Leidensweg kaum bekanntZénon Bernard war der erste Abgeordnete der Kommunistischen Partei Luxemburgs

Lebens- und Leidensweg kaum bekannt / Zénon Bernard war der erste Abgeordnete der Kommunistischen Partei Luxemburgs
Zénon Bernard nach seiner Verhaftung durch die Gestapo, 1940  Foto: MNRDH

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Zénon Bernard, Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei Luxemburgs, war einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Partei. Den meisten Menschen ist er heute kaum mehr ein Begriff. 

Zénon Bernard wurde am 15. Februar 1893 in Kahler, nahe Garnich, als Sohn eines Zollbeamten geboren. Er schloss 1913 seine Lehre als Schlosser ab und begann, auf der Differdinger Hütte zu arbeiten. Bereits sehr früh engagierte sich Zénon Bernard sowohl gewerkschaftlich im Betrieb als auch politisch innerhalb der Sozialistischen Partei. Bereits in den Gewerkschaftskämpfen 1917 – und inspiriert durch die Bolschewisten in Russland – zeigte sich Zénon Bernard unzufrieden mit den Reformisten innerhalb der Sozialistischen Partei.  

Langsamer Aufbau einer Karriere

E Bléck duerch d’Lëns

In der Rubrik „E Bléck duerch d’Lëns“ liefern Historiker*innen einen facettenreichen Blick auf verschiedene zeitgeschichtliche Themen. 

André Marques, Historiker
André Marques, Historiker Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Am 2. Januar 1921 war Zénon Bernard Mitbegründer der Kommunistischen Partei Luxemburgs (KPL) und beteiligte sich – als Parteimitglied und Mitglied des Arbeiterrates – aktiv an den Appellen zur Besetzung des Hüttenwerks in Differdingen. Die Besetzung sollte als Zeichen des Protestes gegen die geplanten Massenentlassungen gelten. Die luxemburgische Regierung ließ Zénon Bernard kurzerhand festnehmen und ging massiv gegen die streikenden Arbeiter vor. Viele Mitglieder der KPL verloren ihre Anstellung.

Im Sommer 1921 reiste Zénon Bernard als Teil der KPL-Delegation zum Dritten Kongress der Internationalen nach Moskau. Nach einem Richtungsstreit innerhalb der KPL, der zum Wegfall vieler Mitglieder führte, war Zénon Bernard eines der wenigen verbliebenen Gründungsmitglieder. Er wurde daraufhin am 26. Februar 1922 zuerst zum Generalsekretär und später zum Präsidenten der KPL gewählt. Wegen der starken staatlichen Repression beschränkte sich die Arbeit der KPL lange Zeit nur auf das Verteilen von Flugblättern und den Druck einer eigenen Zeitung. Auch über die „Internationale Rote Hilfe“ unterstützte die KPL geflüchtete italienische Kommunisten und Antifaschisten.

KPL-Parteisekretariat, Zeitungsredaktion und die Büros der „Roten Hilfe“ befanden sich alle in der Wohnung von Zénon Bernard. Anfang der 1930er-Jahre ließ die Regierung die KPL immer mehr gewähren und die Partei konnte daraufhin offener auftreten. 

Die KPL und das Maulkorbgesetz

Bei den Legislativwahlen am 3. Juni 1934 erlangte die KPL im Süden des Landes ein Resultat von 7,3%. Dies entsprach einem Abgeordnetenmandat, das an den erstgewählten Zénon Bernard gehen sollte. Dazu sollte es aber nicht kommen, aufgrund fadenscheiniger Umstände wurde das Mandat der KPL durch eine Mehrheit der Abgeordneten aberkannt. Ein Kommunist könne schließlich keinen Eid auf die Verfassung leisten. Während seiner einzigen Rede im Abgeordnetenhaus am 27. November 1934 übte Zénon Bernard scharfe Kritik am Vorgehen der Regierungsparteien und warf ihnen vor, gemeinsame Sache mit den Faschisten zu machen.

Am 14. Oktober 1934 konnte die KPL landesweit noch zusätzlich drei Gemeinderatsmandate für sich gewinnen, darunter abermals Zénon Bernard in Esch/Alzette. Der Versuch, auch diese Mandate der KPL abzuerkennen, scheiterte und Bernard verblieb im Gemeinderat. Dort weigerte er sich, eine Koalition mit der Arbeiterpartei einzugehen. Die Gewinne der Kommunisten bestärkten die Regierung aber sicherlich bei ihrem weiteren Vorgehen.

Am 2. Mai 1935 wurde der Gesetzesvorschlag „Zum Schutz der politischen und sozialen Ordnung“ dem Abgeordnetenhaus vorgelegt, mit dem Ziel, die KPL gänzlich zu verbieten. Hierbei handelt es sich um das sogenannte Maulkorbgesetz, das der Regierung erlaubt hätte, jegliche Organisation zu verbieten, die in ihren Augen die öffentliche Ordnung bedroht hätte. Ein Referendum sollte das Vorgehen der Regierung untermauern und ihr den notwendigen Rückhalt aus der Bevölkerung geben. Eine regelrechte Kampagne entbrannte zwischen der Regierung Bech und der KPL mit ihren jeweiligen Verbündeten und Unterstützern. Die Entlassung zweier Beamter aus dem Schuldienst wegen ihrer Parteikarte bei den Kommunisten verschärfte die Debatte dann noch zusätzlich.

Mit einer knappen Mehrheit wurde das Maulkorbgesetz beim Referendum 1937 abgelehnt, was der KPL ihr Fortbestehen sicherte. Diese Niederlage führte zur Abdankung der rechtsliberalen Regierung unter Joseph Bech und dem Aufbau einer neuen Regierung durch Rechtspartei, Arbeiterpartei und Liberale unter Pierre Dupong und Pierre Krier. Obwohl diese die zwei entlassenen Beamten wieder einstellte, erhielt die KPL ihr Abgeordnetenmandat jedoch nicht zurück und Joseph Bech verblieb als Außenminister im Amt.  

Antifaschistischer Drehpunkt

Die KPL hatte das Aufkommen des Faschismus in Italien und Deutschland beobachtet und streng kommentiert. Mit dem Aufbau der NS-Diktatur in Deutschland und dem Verbot der Parteien wurde die Wohnung Zénon Bernards zum wichtigen Dreh- und Angelpunkt des antifaschistischen Widerstandes. Die Trierer Kommunistin Aurélia Reichert verkehrte als Kurier zwischen der kommunistischen Partei in Trier und Luxemburg hin und her, um von der KPL verschiedene Flugblätter zu bekommen und sich beim Aufbau von geheimen Widerstandszellen beraten zu lassen. Der kommunistische Widerstand in Trier sollte jedoch bereits im Jahr 1936 von der Gestapo gebrochen werden.

In Luxemburg wies die KPL weiterhin auf die Gefahr Hitler-Deutschlands hin, sah sich aber wegen des Vorgehens der Sowjetunion schweren Anfeindungen ausgesetzt. Die Annäherungen zwischen der Sowjetunion und NS-Deutschland mündeten im August 1939 in einem bilateralen Nichtangriffsvertrag, dem sogenannten Molotow-Ribbentrop-Pakt. Die Gewerkschaften versuchten daraufhin, Mitglieder der KPL hinauszuwerfen und die luxemburgische Regierung begann, Kommunisten wieder verstärkt polizeilich zu beobachten. Es kam vermehrt zu Hausdurchsuchungen, darunter auch bei Zénon Bernard. Am 20. Januar 1940 wurde ihm auch sein Gemeinderatsmandat in Esch/Alzette aberkannt, mit der Begründung, Bernard sei nicht mehr in Esch wohnhaft. Bernard widersprach dieser Entscheidung und warf der Arbeiterpartei vor, ihn mundtot machen zu wollen. 

Die KPL im Untergrund 

Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Luxemburg und dem Aufbau der Zivilverwaltung unter Gauleiter Gustav Simon wurden am 23. August 1940 sämtliche politischen Parteien verboten und aufgefordert, sich aufzulösen. Die KPL widersetzte sich als einzige Partei dieser Aufforderung und beschloss auf einer geheimen Konferenz im August 1940, in den Untergrund zu gehen. Arthur Useldinger wurde mit dem Aufbau eines illegalen Parteiapparats beauftragt. Zénon Bernard war ebenfalls bei dieser Konferenz anwesend. Er verweigerte sich jedoch, entgegen der Aufforderung der Partei, selbst unterzutauchen.

Die Kommunistische Partei Luxemburgs hatte bereits während der Debatte um das Maulkorbgesetz erste Pläne ausgearbeitet, um nach einem möglichen Scheitern des Referendums illegal weiterbestehen zu können. Auch ihre Kontakte und die aktive Hilfe beim Aufbau der kommunistischen Widerstandszelle in Trier waren für die kommunistische Führungsspitze im Land sehr lehrreich gewesen. Zénon Bernard sollte den Aufbau jedoch nicht mehr miterleben. 

Festnahme wegen Hochverrats

Am 13. September 1940 wurde er von der Gestapo festgenommen und des Hochverrats angeklagt. Bereits vor seiner Verhaftung hatte er sich täglich bei der Gestapo in der Villa Seligmann in Esch/Alzette melden müssen. Bernard wurde nach Trier verschleppt, wo er bis zum Beginn seines Prozesses im Dezember 1941 in Haft blieb. Während seines Prozesses vor dem Oberlandesgericht in Hamm musste auch die inhaftierte Trierer Kommunistin Aurélia Reichert als Zeugin aussagen. Zénon Bernard wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt, die er im Zuchthaus in Kassel verbüßen sollte. Am 25. Juni 1942 wurde Bernard ermordet. Um den gewaltsamen Tod zu verschleiern, wurde auf der Sterbeurkunde „Herzschlag“ als Todesursache angegeben. Etwaige andere Akten zu seiner Beisetzung wurden im Laufe der Kriegshandlungen unwiderruflich zerstört.

Im Oktober 1946 fand ein Leichenzug in Esch/Alzette statt, mit anschließender Beisetzung im Friedhof Esch-Lallingen. Außerhalb der Kommunistischen Partei ist Bernards Lebens- und Leidensweg jedoch kaum bekannt. Lediglich Straßen in Esch/Alzette und in Differdingen erinnern an ihn.   

Quellen und Literatur

Quellen- und Literaturauswahl: Arolsen Archives, Archiv MNRDH, eLuxemburgensia (Escher Tageblatt, d’Revue, Die Wahrheit, Volksstimme, Lëtzebuerger Land)
Literatur: Artuso, La collaboration au Luxembourg durant la Seconde Guerre mondiale (1940-1945); Blau, Histoire de l’extrême-droite au Grand-Duché de Luxembourg au XXe siècle; Dostert, Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und nationaler Selbstaufgabe; Massard, Als die Hakenkreuz-Fahne auf dem Escher Rathaus wehte; Ruckert, 100 Jahre KPL – Die Geschichte einer revolutionären Partei Teil 1: 1921-1970; Wehenkel, Der antifaschistische Widerstand in Luxemburg