Mittwoch29. Oktober 2025

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Zur JahreswendeZagreb erhofft sich durch den Zutritt zur Euro- und Schengen-Zone neue Wachstumsimpulse

Zur Jahreswende / Zagreb erhofft sich durch den Zutritt zur Euro- und Schengen-Zone neue Wachstumsimpulse
Kroatien führt zum 1. Januar 2023 die gemeinsame EU-Währung ein.  Foto: Armin Durgut/AP/dpa

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Nicht nur Banken und Grenzwächter bereiten sich in Kroatien mit Spannung auf die nahende Zeitenwende vor: Mit dem gleichzeitigen Zutritt des jüngsten EU-Mitglieds zur Euro- und Schengen-Zone am 1. Januar wird sich für die Bewohner des Adria-Staats, aber auch für die zahlreichen Touristen, einiges ändern.

Der Countdown läuft. Einen verstärkten Andrang vor der Euro-Einführung am 1. Januar vermelden Kroatiens Banken aus allen Landesteilen. Entweder zahlen Kunden ihre letzten Bargeld-Bestände oder Ersparnisse in der bisherigen Kuna-Währung zum automatischen Euro-Umtausch am 1. Januar auf ihre Konten ein. Oder sie decken sich sicherheitshalber bereits mit Euros für die Silvesternacht ein: Für eine kurze Zeit werden Kredit- und andere Bankkarten nach Mitternacht nicht funktionieren.

Der „Marder“ (Kuna) geht, der Euro kommt. Ab dem 1. Januar sollen die 2.700 Bankautomaten im Land nur noch mit Euro bestückt werden. In den Läden können Kunden zwar noch bis zum 15. Januar mit Kuna bezahlen, doch werden sie das Rückgeld in Euro erhalten. „Wir erwarten keinerlei Probleme bei der logistischen Herausforderung, rechtzeitig alle Banken mit Euro zu versorgen“, versichert Finanzminister Marko Primorac dem Tageblatt. Vorläufig klagen Verbraucherverbände aber nicht nur über die geringen Euro-Vorräte bei Banken und Postämtern, sondern auch über leere Bankautomaten: Die starke Nachfrage nach Bargeld macht zum Abschied selbst die Kuna knapp.

Wir erwarten keinerlei Probleme bei der logistischen Herausforderung, rechtzeitig alle Banken mit Euro zu versorgen

Marko Primorac, Kroatiens Finanzminister

Außer den Banken bereiten sich auch die Grenzwächter des Küstenstaats mit Spannung auf die nahende Zeitenwende vor: Mit dem gleichzeitigen Zutritt des jüngsten EU-Mitglieds zum Euro- und Schengen-Raum zum Jahreswechsel wird sich für die knapp vier Millionen Kroaten, aber auch für die Wirtschaft und die zahlreichen Touristen im Adria-Staat einiges ändern.

An den Landesgrenzen zu den Schengen-Partnern Slowenien und Ungarn werden zu Jahresbeginn 73 überflüssig gewordene Grenzübergänge aufgehoben. Gleichzeitig werden rund 1.000 Grenzbeamte, die dort bisher im Einsatz waren, an Kroatiens neue Schengen-Grenze mit den EU-Anwärtern Serbien, Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina verlegt.

Während Slowenien seine während der Flüchtlingskrise 2015/2016 installierten Stacheldrahtzäune an der Grenze zu Kroatien bereits entfernt hat, behält Ungarn diese allerdings vorerst bei. Man sei „im engen Kontakt mit den ungarischen Kollegen“, versichert Terezija Gras, die für die Schengen-Vorbereitungen zuständige Staatssekretärin im Innenministerium, gegenüber dem Tageblatt. Zagreb wolle die Grenzregionen beider Staaten durch den Bau neuer Straßen besser verbinden: „Wir setzen auf eine intensivierte Polizeikooperation in der Grenzregion und hoffen, dass Ungarn die Zäune abbaut.“

Trittbrettfahrern das Handwerk legen

Leichter vergleichbare Preise, eine Reduzierung der sommerlichen Staus an den Grenzen und eine schnellere Abfertigung an den Flughäfen dürften die Euro-Einführung und der Schengen-Zutritt den Touristen bescheren. Kräftige Zuwachsraten von fünf Prozent erhofft sich für 2023 denn auch vor allem Kroatiens starke Tourismusbranche, die ein Fünftel des Sozialprodukts ausmacht.

Mit dem Euro entfalle das Währungsrisiko, gleichzeitig mache das gestiegene Rating Kroatien auch für Investoren interessant, die das Land bisher links liegen ließen, so Zdenko Lucic, der für Wirtschaftsfragen zuständige Staatssekretär im Außenministerium. Doch obwohl Zagreb versichert, dass der Schengen-Beitritt für neue Wachstumsimpulse sorge und der Verteuerungseffekt durch die neue Währung minimal sei, lässt die hohe Inflation von derzeit 13,5 Prozent viele Kroaten schon jetzt vor dem „Teuro“ bangen.

Um Trittbrettfahrern, die die Währungsumstellung und die Inflation für zusätzliche Preisaufschläge nutzen wollen, das Handwerk zu erschweren, müssen die Preise schon seit September sowohl in Kuna als auch in Euro ausgezeichnet werden: eine Praxis, die noch bis Ende 2023 beibehalten werden soll. Zumindest auf den 1-Euro-Münzen soll der Kuna den Kroaten in Form eines abgebildeten Marders weiter erhalten bleiben. Wehmut über den Abschied vom Marder kommt derweil beim Analysten Zarko Puhovski keine auf: Er sei „erleichtert“, dass sich Kroatien mit der Kuna endlich des letzten Symbols des faschistischen Ustascha-Staats während des Zweiten Weltkriegs entledige.