„Wir haben nicht einen einzigen Feuerwehrmann gesehen, während wir Eimer mit Wasser geschleppt haben, um unser Haus vor den Flammen zu retten“, schildert der 40-jährige Nicholas Norman die Situation bei Ausbruch der Feuer am Dienstagabend. „Sie waren zu beschäftigt damit, drüben in Palisades die Anwesen der Reichen und Prominenten zu retten – uns Normalsterbliche haben sie brennen lassen“, beklagt der Lehrer.
Doch auch im reichen Stadtteil Pacific Palisades, der als erstes von den Flammen heimgesucht wurde, gibt es heftige Kritik an den Behörden: „Die Stadtverwaltung hat uns völlig im Stich gelassen“, sagt die Stylistin Nicole Perri in ihrer Wut darüber, dass die Feuerhydranten am Tag des Brandes kein Wasser oder nur unzureichenden Wasserdruck hatten.
Perris Luxusvilla in Pacific Palisades ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. „Es hätte Vorkehrungen geben müssen, die dies hätten verhindern können“, sagt die 32-Jährige. „Wir haben alles verloren, und ich sehe einfach null Unterstützung von unserer Stadt, unserer schrecklichen Bürgermeisterin und unserem Gouverneur“, kritisiert sie.
Unterdessen belegten neue offizielle Zahlen ein noch dramatischeres Ausmaß der Brandkatastrophe: Laut einer am Samstag (Ortszeit) veröffentlichten Liste der Abteilung für Gerichtsmedizin im Verwaltungsbezirk Los Angeles starben mindestens 16 Menschen in den Flammen. Den jüngsten Zahlen der Brandschutzbehörde Cal Fire zufolge wurden bislang etwa 12.000 Gebäude vernichtet. Nach Angaben von Cal-Fire-Vertreter Todd Hopkins zählten dazu jedoch nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Anbauten, Wohnmobile, Fahrzeuge und Schuppen.
Zahl der Todesopfer steigt auf 16
Seit Dienstag waren rund um die südkalifornische Millionenstadt mehrere große Brände ausgebrochen, die durch starken Wind angefacht wurden und sich explosionsartig ausbreiteten. Mehr als 180.000 Menschen mussten in den vergangenen Tagen ihre Häuser verlassen.
Die Behörden machen vor allem die starken, für den kalifornischen Winter typischen Santa-Ana-Winde sowie die Dürre in der Region für die Brandkatastrophe verantwortlich. Die Winde, welche Geschwindigkeiten von bis zu 160 Stundenkilometern erreichen, fachten die Flammen an und sorgten dafür, dass sich die Feuer rasch ausbreiteten.
Vielen Kaliforniern reicht dies aber nicht, um das Ausmaß der Katastrophe zu erklären. Er glaube nicht, dass die Behörden „auf so etwas vorbereitet“ gewesen seien, sagt der pensionierte Anwalt James Brown aus Altadena. Hunderttausende Menschen seien obdachlos geworden. „Es ist, als wäre man in einem Kriegsgebiet.“
Als die ersten Brände ausbrachen, hielt sich Los Angeles’ Bürgermeisterin Karen Bass in Ghana auf, obwohl es schon in den Tagen zuvor Wetterwarnungen gegeben hatte. Für ihre Reise wird sie heftig kritisiert.

Auch Finanzkürzungen bei der Feuerwehr sowie Evakuierungsanordnungen, die fälschlicherweise Millionen von Menschen auf ihre Telefone gesendet wurden und Panik auslösten, sorgen unter den Bewohnern für Unverständnis und Wut.
Bürgermeisterin Bass und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom – beide Demokraten – haben unabhängig voneinander Untersuchungen angeordnet. Der künftige US-Präsident Donald Trump macht die Regierung des Bundesstaats für die Brandkatastrophe verantwortlich und rief seine Anhänger dazu auf, es ihm gleichzutun. Zudem behauptet der Republikaner fälschlicherweise, der gegenwärtige Wassermangel in der Region sei eine Folge der kalifornischen Umweltpolitik.
Auch wenn sie in den Flammen alles verloren haben – bei vielen Bewohnern in Altadena stoßen Trumps Worte auf taube Ohren. „Das ist typisch Trump: Er versucht, mit Falschinformationen eine Polemik zu entfachen“, sagt etwa der 37-jährige Architekt Ross Ramsey. Es sei „zu früh, um mit dem Finger auf irgendjemanden zu zeigen oder jemandem die Schuld zu geben“, betont er.
„Wir sollten uns auf die Menschen konzentrieren, die versuchen, wieder auf die Beine zu kommen, und darauf, wie wir ihnen helfen können (…). Danach können wir nach den Verantwortlichen suchen und alles aufklären – mit wahren Fakten und echten Daten“, sagt Ramsey weiter, während er Asche aus den Überresten des Hauses seiner Mutter fegt.
Atemschutzmasken und Ausgangssperre
Unterdessen haben sich die verheerenden Brände in Teilen der Metropolregion erneut ausgeweitet. In den Abendstunden nahm der Wind nach einem kurzzeitigen Abflauen wieder an Stärke zu, die Feuerwehr konnte angesichts der trockenen Vegetation mit ihrem Einsatz die erneute Ausweitung nicht verhindern.
Auf Bildern aus dem Gebiet des Mandeville Canyon nordöstlich von Pacific Palisades war eine Flammenwand zu sehen, die einen Hügel empor wanderte und mehrere Häuser bedrohte. Nachdem der Wind sich in den vergangenen Tagen abgeschwächt hatte, warnte der Nationale Wetterdienst nun vor Wetterbedingungen bis mindestens Anfang kommender Woche, die weitere Brände begünstigen oder zur Ausdehnung bestehender Feuer führen könnten.
Die Brände verschlechtern im Raum Los Angeles auch zusehends die Luftqualität. Die Gesundheitsbehörde des Verwaltungsbezirks Los Angeles sprach am Samstag (Ortszeit) an alle Einwohner die Empfehlung aus, ihre Wohnungen möglichst wenig zu verlassen. Wer im Freien arbeiten müsse, solle Atemschutzmasken verwenden. Wegen der erhöhten Luftverschmutzung infolge der Brände hatte der Verwaltungsbezirk bereits am Freitag den öffentlichen Gesundheitsnotstand ausgerufen.
Zur Vermeidung von Plünderungen galt in Pacific Palisades und Altadena weiter eine nächtliche Ausgangssperre. Die Generalstaatsanwaltschaft von Kalifornien warnte derweil angesichts massiv angestiegener Preise für Hotelzimmer und andere Unterkünfte in der Region, die als Ersatzunterkünfte gebraucht werden, Preistreiberei könne mit bis zu einem Jahr Gefängnis und 10.000 Dollar Strafe geahndet werden. (AFP)


De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können