Donnerstag18. Dezember 2025

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Forum von Robert GoebbelsWunschdenken fossilfreie Zukunft: Illusionen gegen Realitäten am Beispiel des Ölmarktes

Forum von Robert Goebbels / Wunschdenken fossilfreie Zukunft: Illusionen gegen Realitäten am Beispiel des Ölmarktes

Auf der jüngsten COP-Konferenz in Belém gehörte Luxemburg zu einer Gruppe von 80 Nationen, welche sich für einen schnellen Ausstieg aus den fossilen Energien einsetzten. Vergeblich. Einige 30 Nationen widersetzten sich dem Anliegen. Meistens schwergewichtige Staaten, die ihr Geld mit dem Export von Erdöl und Erdgas verdienen. Oder solche, die einen starken Bedarf an Importen haben. Sie alle wollten keine bindenden Verpflichtungen eingehen. Da COP-Beschlüsse einstimmig sein müssen, scheiterte die von den Europäern und einigen pazifischen Inselstaaten getragene „schnelle Dekarbonisierung“ sofort.

Der ehemalige Energieminister von Präsident Obama, Steven Chu, Nobel-Preisträger für Physik des Jahres 1997, meinte dazu, es sei für Staaten, die selbst kein Erdöl oder Erdgas fördern, viel einfacher, für hehre Prinzipien einzutreten als für Staaten, die von den fossilen Vorkommen auf ihrem Territorium leben.

Brutale Tatsache ist, dass weltweit über 100 Staaten Erdöl und/oder Erdgas in sehr unterschiedlichen Mengen fördern. Wobei die Nummer eins die USA sind. Ohnehin nicht gewillt, sich an COP-Beschlüsse zu halten. Die nächstfolgenden Produzenten sind Saudi-Arabien und Russland. Keiner dieser Staaten will seine Einnahmen aus der Förderung fossiler Energien aufgeben. Nicht einmal das sonst ökologisch so tugendhafte Norwegen. Das immerhin in „Carbon, Capture and Storage“ investiert. Dank der Inbetriebnahme der ersten kommerziellen CO₂‑Einspeicherung werden nunmehr jährlich 5 Millionen Tonnen verflüssigtes CO₂ 2,6 km unter dem Meeresboden endgelagert. Etwa das Sechsfache der im gleichen Zeitraum anfallenden CO₂‑Abscheidungen eines Zementwerkes.

Ebenfalls andere dem Klimaschutz verbundene Staaten setzen weiterhin auf die Ausbeutung von Öl und Gas. Etwa Neuseeland, das neue Lizenzen zur Prospektion in seinen Gewässern erteilte. Nicht mit der Absicht, bei noch zu findenden Vorkommen keine Ausbeutung zu erlauben. Oder Kanada, das seiner wirtschaftlichen Anhängigkeit von den USA entkommen will, indem eine neue Pipeline für Öl bis zum Atlantik entstehen soll. Sowie neue Terminals für Flüssiggas an ihrer Ostküste. Die den Europäern kanadisches Öl und Gas schmackhaft machen sollen.

Anmerkung

Das Tageblatt schätzt den Austausch mit seinen Leserinnen und Lesern und bietet auf dieser Seite Raum für verschiedene Perspektiven. Die auf der Forum-Seite geäußerten Meinungen sollen die gesellschaftliche Diskussion anstoßen, spiegeln jedoch nicht zwangsläufig die Ansichten der Redaktion wider.

Die größten Importeure von Energieprodukten, neben den USA vor allem China und Indien, widersetzten sich ebenfalls in Belém Beschlüssen zur Drosselung der Öl- und Gasproduktion. Was nur zur Verteuerung ihrer Energieversorgung führen würde.

Allein die Europäer halten fest an ihrer Wunschvorstellung von einer „fossilfreien“ Welt. Mit dem Resultat, dass sie mit der tarifären Bezuschussung von „Erneuerbaren“ und mit der CO₂-Bepreisung der klassischen Energien die weltweit höchsten Energiekosten haben. Damit Industrie wie Gewerbe in einem Maß belasten, das Europa in den wirtschaftlichen Ruin stürzen wird.

In Luxemburg erhebt die Regierung seit 2021 eine CO₂-Taxe auf fossilen Brennstoffen. Die Anfang 2025 auf 40 Euro pro Tonne angehobene Taxe soll auf 45 Euro und spätestens 2028 auf 65 Euro steigen. Seit durch diese „erzieherischen“ Taxen Diesel für Nutzfahrzeuge billiger in Belgien wurde, tanken immer weniger Laster hierzulande. Womit der Staat viele Millionen Euro an Einnahmen verlor. Weiterhin für den Unterhalt des Straßennetzes aufkommen muss.

Zusätzlich will die Frieden-Regierung im kommenden Jahr 230 Millionen Euro Subsidien zur Senkung der überbordenden Stromkosten für Luxemburgs Verbraucher ausgeben. Obwohl oder gerade ein Viertel des verbrauchten Stroms durch nationale „Erneuerbare“ erstellt wird. Was bedeutende Zuschüsse erfordert. Dazu viele Zusatzkosten. Für die Lieferung des steigenden Restbedarfs sowie als Back-up beim Ausbleiben von Sonne und Wind muss viel Geld in den Ausbau des Hochspannungsnetzes nach Deutschland hin investiert werden.

Punitiver Ökologismus

Der „punitive“ Ökologismus der EU-Staaten, darunter Luxemburg, hat keinen Einfluss auf das Weltklima. Die Europäer haben ihren Anteil an den globalen Klimagasen von 15 Prozent um das Jahr 2.000 auf um 6 Prozent letztes Jahr gesenkt. Wobei diese „Einsparungen“ oft ein Trugschluss sind. Die Informationstechnologien, die Handys und Laptops, die explodierende „Künstliche Intelligenz“, die Batterien der E-Autos, die Solarzellen wie die Windturbinen funktionieren nur dank 20 Metallen sowie seltenen Erden, die praktisch ausnahmslos in Drittländern ausgebeutet und raffiniert werden. Was in Asien, Afrika und Südamerika zu einer Umweltbelastung führt, die den Europäern nicht angelastet wird.

Kein Wunder also, dass die Emissionen Chinas, Indiens, Indonesiens, Russlands, der Türkei und der meisten anderen Industrienationen ansteigen. Die nicht daran denken, die „Netto-Null“ bis 2050 oder gar bis 2045 zu erreichen, wie die EU es vorgaukelt.

Wobei einige dieser Länder, angefangen mit dem weltweit größten Emittenten von Klimagasen, die Volksrepublik China, in energetische Diversifizierung und durch Technologie-Offenheit in größere Effizienz investieren. Damit letztlich in eine Reduzierung ihrer Emissionen.

Das ist auch der Grund, weshalb die globale Nachfrage nach Erdöl stagniert. Laut Weltbank stieg der Weltkonsum im 3. Trimester 2025 um bloß 0,7 Prozent an. Es werden derzeit täglich 103,8 Millionen Barrel produziert. 2026 soll sich die Förderung auf 104,5 Millionen Barrel pro Tag steigern. Wobei sich eine Überproduktion andeutet, da zurzeit Stocks in der Höhe von über 2 Millionen Barrel täglich kaum Abnehmer finden. Schwimmend auf Tankern auf den Ozeanen lagern. Was mit Sicherheit zu einem Preisverfall führen wird. Es sind die fallenden Preise, welche Staaten wie Russland, Venezuela, Iran oder die Öl-Scheichs am Golf, die hauptsächlich von der Ausbeutung ihrer Bodenschätze leben, zur Steigerung der Förderung anhält. Um durch Masse den Preisverfall zu kompensieren.

Fossiles Öl wird zunehmend konkurrenziert durch Bio-Treibstoffe. Laut Weltbank könnte die Weltproduktion demnächst 2 Millionen Barrel pro Tag erreichen. Vorreiter sind Staaten wie Brasilien und Indonesien. Die Brasilianer verwandeln die Reste ihrer Zuckerrohr-Produktion in Bio-Diesel um. Die Indonesier decken 40 Prozent ihres Diesel-Bedarfs mit einer Mischung aus Palm- und Soja-Öl ab, angereichert mit Zucker und Mais. Alles umweltpolitisch nicht unbedenklich sowie in Konkurrenz mit der Versorgung an Lebensmitteln.

Kein Ende für fossile Energie

Die fossilen Energieträger werden die Menschheit noch lange begleiten. Das aufgeregte Gerede um „Peak Oil“, das bevorstehende Überschreiten der auf dem Globus verfügbaren Reserven, wird durch immer neue Vorkommen dementiert. Der vielzitierte „Club of Rome“-Bericht über „Die Grenzen des Wachstums“ sah ein Ende der Öl-Versorgung um das Jahr 2000 voraus. Ein Vierteljahrhundert später werden ständig neue Quellen entdeckt. Trumps USA und Putins Russland scheuen sich nicht, die Gas- und Öl-Vorkommen der Arktis ausbeuten zu lassen.

Robert Goebbels ist ehemaliger LSAP-Minister und Europaabgeordneter<br />
Robert Goebbels ist ehemaliger LSAP-Minister und Europaabgeordneter

Das Ende von Öl und Gas kommt nicht durch das Auspumpen aller derzeitigen oder noch zu erschließenden Felder. Die immer höheren Kosten für deren Ausbeutung in der Tiefsee werden letztlich die fossilen Energien unwirtschaftlich machen. Zumal die Menschheit verstärkt auf erneuerbare Energiequellen zurückgreift. Mit Wasserstoff, gewonnen über die Elektrolyse von H₂O, also Wasser, gibt es einen neuen Treibstoff. Raumfahrt und „Space Mining“ werden neue Energiequellen ermöglichen.

Die Europäer sollten sich von ihren Illusionen verabschieden. Weder über großspurige, aber unerreichbare Zielvorgaben à la „Netto-Null“ bis 2045 noch über „Lieferketten-Gesetze“ werden die EU-Europäer den Rest der Welt beeindrucken. Nur sich selbst schaden. Weil kein anderer Teil der Welt seine wirtschaftliche Entwicklung, seine Industrie oder Landwirtschaft für ideologische „grüne Ziele“ aufs Spiel setzt.

Es ist gut, dass zumindest die EU-Kommission in Brüssel dies verstanden hat. Selbst wenn die Deregulierungs-Omnibusse in linken und grünen Zirkeln große Aufregung bewirken. In Wirklichkeit geht die von der Leyen-Mannschaft noch zu zögerlich vor.

Nicht immer mehr Verbote, immer mehr bürokratischer Aufwand werden Mensch und Klima dienen. Vielmehr eine Rückbesinnung auf den menschlichen Erfindungsgeist, gepaart mit mehr Solidarität gegenüber bedrängten Menschen und Nationen.