Donnerstag23. Oktober 2025

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DänemarkWo Sozialdemokraten mit rechtspopulistischer Migrationspolitik Erfolge feiern

Dänemark / Wo Sozialdemokraten mit rechtspopulistischer Migrationspolitik Erfolge feiern
Mit Premierministerin Mette Frederiksen sind Dänemarks Sozialdemokraten in der Sozialpolitik weit nach links und in der Ausländerpolitik weit nach rechts gerückt Foto: AFP/Mads Claus Rasmussen

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Dänemarks Sozialdemokraten halten an ihrem Plan fest, mindestens 300 Abschiebehäftlinge aus Drittstaaten in ein Gefängnis im Kosovo einzusperren. Zudem sollen Lager in Ruanda verhindern, dass Asylbewerber ohne vorherige Prüfung überhaupt noch nach Dänemark kommen.

Dänemark teils rechtspopulistische Sozialdemokraten halten trotz lautstarker Proteste an ihrem Plan fest, mindestens 300 nichteuropäische Häftlinge in ein Gefängnis in Kosovo zu deportieren. Bis zu tausend könnten es einmal werden. Asyllager sollen zudem in Ruanda errichtet werden, damit Asylbewerber nicht nach Dänemark kommen und untertauchen.

Dänemarks Sozialdemokraten gewinnen wieder Wahlen. Dies seitdem sie in der Sozialpolitik weit nach links und in der Ausländerpolitik weit nach rechts gerückt sind. Damit haben sie die ausländerfeindliche Dänische Volkspartei (DF), zuvor stärkste Kraft vor der einst führenden bürgerlichen Venstre-Partei, bei den letzten Wahlen empfindlich getroffen. Viele ehemals sozialdemokratische Wähler holten die Genossen so von Rechtsaußen zurück. Nun machen sie neben einer linken Sozialpolitik auch ernst mit ihren Rechtsaußenversprechen.

Kritiker nennen Kurs „nationalsozialdemokratisch“

„Nationalsozialdemokratisch“ sei dieser neue Kurs, unkten Kritiker, als die rote Premierministerin Mette Frederiksen trotz lautstarker Proteste bestätigte, dass man an einer kürzlich getroffenen Übereinkunft mit dem Kosovo festhalte, mindestens 300 nichteuropäische Häftlinge, zumeist mit muslimischem Hintergrund, in ein Gefängnis im Balkanland auszuweisen. Die betroffenen Gefangenen würden ohnehin nach ihrer Haftstrafe abgeschoben, so ein Argument.

Die Anmietung der Gefängniskapazitäten kostet Kopenhagen in den nächsten zehn Jahren 210 Millionen Euro. „Wir haben getan, was wir konnten, um sicherzustellen, dass dies mit den Vorschriften vereinbar ist. Es gelten genau die gleichen Regeln wie für die Gefängnisse in Dänemark“, versuchte Justizminister Nick Haekkerup die Kritiker zu beruhigen. Dabei ist es kein Geheimnis, dass dänische Gefängnisse im Vergleich zu denen in Balkanstaaten fast schon Luxusunterkünfte mit Ausgangsverbot sind. „Diejenigen, die zur Abschiebung verurteilt wurden, werden auch im Kosovo weiterhin Besucher empfangen können, auch wenn das natürlich unbequemer ist“, sagt Haekkerup. Die Kosten für Flugreisen und Hotels der zumeist in Dänemark lebenden Angehörigen wird Kopenhagen nicht übernehmen.

Auch inhaftierte Drittstaatsangehörige mit Kindern in Dänemark werden von der Deportation nicht ausgenommen. „Aber wir haben auch gesagt, dass diejenigen, die Kinder in Dänemark haben, die letzten sind, die in den Kosovo geschickt werden“, so der Justizminister. Man wolle kontrollieren, dass auch im Balkanland dänische Standards für die Häftlinge gelten. Als Vorteil gilt, dass die Häftlinge nach ihrer Haftstrafe keine Chance bekommen, in Dänemark unterzutauchen. Gerade kriminelle Netzwerke helfen ihren Mitgliedern ansonsten dabei. „Es muss zudem bedacht werden, dass es sich um Abgeschobene handelt. Das bedeutet, dass ein Gericht in Dänemark entschieden hat, dass die Verurteilten kein Recht mehr auf ein Leben in Dänemark haben“, betont Haekkerup.

Neben den Sozialdemokraten wollen auch die Konservativen und die DF für die Deportation stimmen. Damit ist die für diese außergewöhnliche Maßnahme erforderliche Zweidrittelmehrheit im dänischen Parlament, dem Folketing, gegeben.

Offiziell wird dieser Schritt vor allem mit Platzmangel in dänischen Gefängnissen begründet. Die dänische Gefängnispopulation ist seit 2015 um 19 Prozent gestiegen, während der Personalbestand abgebaut wurde. Anfang 2021 gab es mehr als 4.000 Insassen, was die Kapazität eigentlich schon zu hundert Prozent überschreitet, so die offizielle Statistik des 5,8 Millionen Einwohner zählenden Landes.

Man muss sich das wie ein dänisches Gefängnis vorstellen – es ist nur in einem anderen Land

Dänemarks Justizminister Nikk Haekkerup

Inoffiziell gilt die Kosovo-Deportation als Abschreckung. Die Sozialdemokraten wollen Einwanderung aus armen Ländern möglichst Richtung null bringen. Viele weitere Maßnahmen sind derzeit in konkreter Vorbereitung. So sollen Asylbewerber Dänemark möglichst gar nicht mehr betreten dürfen. In Ruanda soll ein dänisches Lager entstehen, das über das Schicksal afrikanischer Asylbewerber entscheiden wird. Ähnliches ist auch für andere Kontinente oder Regionen angedacht. Bereits während der Syrien-Flüchtlingskrise hatte Dänemark anders als andere EU-Staaten so gut wie keine Flüchtlinge aufgenommen.

Rechtsaußenpartei DF sieht sich bestätigt

„Bis zum Jahr 2025 werden bis zu 1.000 zusätzliche Haftplätze benötigt“, sagte Justizminister Haekkerup und schließt damit indirekt nicht aus, dass die Anzahl von ausländischen Häftlingen, die in den Kosovo-Knast deportiert werden, von 300 noch weiter erhöht wird. Je nach den Erfahrungen, die man nun sammelt. „Man muss sich das wie ein dänisches Gefängnis vorstellen. Es ist nur in einem anderen Land“, so der Justizminister.

„Wir dachten naiverweise, dass die Regierung der Idee, ein Asylzentrum in Ruanda einzurichten, nicht noch einen draufsetzen würde“, unkt die Zeitung Följeton. Dass im Kosovo-Gefängnis dänische Verhältnisse herrschen werden, wie es die Sozialdemokraten versprechen, bezweifelt der Kommentator. Die Dänische Volkspartei, ohne deren Stimmen das Abkommen nicht möglich sein wird, unterstreicht denn auch, dass es gut sei, dass die ausländischen Häftlinge mit schlechteren Verhältnissen im Kosovo klarkommen müssen. Laut dem rechtspolitischen Sprecher der Rechtsaußenpartei, Peter Skaarup, begrüßt die DF es, dass abgeschobene Ausländer in derzeit noch dänischen Gefängnissen „keinen Ferienaufenthalt“ mehr erhalten werden.