Montag10. November 2025

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BaukriseWo ist der Staat? Die eigene Wohnung als finanzieller Albtraum

Baukrise / Wo ist der Staat? Die eigene Wohnung als finanzieller Albtraum
Stillstand am Bau: Seit Jahren geht es nicht wirklich voran Foto : Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Baubranche steckt in der Krise. Das ist keine große Neuigkeit. Allerdings wird die Baukrise immer mehr zur Käuferkrise. Ein Käufer beklagt dabei die mangelnde Unterstützung vom Staat.

„Wo ist der Staat?“, fragt Serge immer wieder. Er ist wütend. Wütend auf Bauunternehmer und wütend auf die Regierung, die seines Erachtens Käufer von Immobilien in der momentanen Baukrise im Regen stehen lässt. Serge ist selbst Unternehmer und will seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen, aus Angst vor negativen Auswirkungen auf sein Geschäft. Er ist mit seinem Latein am Ende, hat eigenen Angaben zufolge alles versucht und sieht nun eine letzte Chance darin, einem Journalisten seine Geschichte zu erzählen und so die Öffentlichkeit auf eine Problematik hinzuweisen, die seiner Meinung nach zu wenig Beachtung findet.

Vor einigen Jahren hatten Serge und seine Familie die Entscheidung getroffen, aus ihrem Haus auszuziehen und sich dafür eine große Wohnung zu kaufen. Fündig wurden sie in Heisdorf. Im Januar 2021 hat er den Vertrag für eine Wohnung unterschrieben. Es handelte sich um eine sich im Bau befindende Wohnung, eine sogenannte VEFA („Vente en l’état futur d’achèvement“). Serge und seine Familie beschließen, bis zum Einzug in ihre eigene Wohnung eine kleinere zu mieten.

Noch immer kein Dach

Gut zwei Jahre später, im März 2023, wurde Serge mitgeteilt, dass seine Wohnung im Dezember des gleichen Jahres bezugsfähig wäre. „Das schien mir gleich unmöglich. Zu dem Zeitpunkt war nicht einmal das Dach drauf“, erinnert sich der Unternehmer. Der Bauträger, mit dem Serge den Kaufvertrag abgeschlossen hatte, besaß zugleich eine Baufirma, die mit den Arbeiten beauftragt war. Im April 2023 erhielt Serge eine weitere Rechnung für Arbeiten am Dach, die noch nicht einmal begonnen hatten. Dabei dürfen die Rechnungen erst dann ausgestellt werden, wenn die Arbeiten im Gange sind. „Ich weigerte mich, zu bezahlen. Andere Käufer haben bezahlt“, so Serge. Sechs Monate später sei immer noch kein Dach auf dem Gebäude gewesen.

Zwei Insolvenzen, ein Albtraum

Den Besitzern wurden regelmäßig Arbeiten in Rechnung gestellt, aber die Residenz war im Dezember 2023 nicht bezugsfähig. Neues Stichdatum sollte zwischen dem 15. und 30. April 2024 sein. Die Wohnung ist bis heute nicht fertiggestellt.

Im März 2024 meldete die Baufirma dann Insolvenz an. Die Fertigstellungsgarantie ­(„garantie d’achèvement“) wurde dadurch nicht ausgelöst, da Serge seinen Kaufvertrag ja nicht mit der Baufirma abgeschlossen hatte, auch wenn der Bauträger zugleich Besitzer der Firma war. Den Versuch, eine Einigung über die Schlichtungsstelle zu finden, blieb vom Bauträger unbeantwortet. Im Juli dieses Jahres meldete dann auch dieser Insolvenz an. Da sich die Besitzer der Wohnungen aus der Residenz nicht einigen konnten, wird die „garantie d’achèvement“ nicht ausgelöst.

Im September meldete sich der Bauträger per Mail und freute sich darüber, dass er die Insolvenz abwenden konnte. „Mit großer Freude und Erleichterung informiere ich sie darüber, dass die Insolvenz abgewendet wurde“, teilte er seinen Kunden mit. Er bat zudem um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten und verpflichtete sich dazu, die Arbeiten auf den Baustellen innerhalb kürzester Zeit voranzubringen. Auf Nachfrage des Tageblatt wiederholte der Bauträger, dass die Baustelle nun schnellstmöglich fertiggestellt werden soll.

Seit der Mail vor fast einem Monat ist auf der Baustelle in Heisdorf allerdings noch nichts passiert und die Kunden haben auch nichts weiter vom Unternehmer gehört. Bis vor wenigen Tagen eine Mahnung für eine unbezahlte Rechnung kam. „Die Arbeiten wurden aber immer noch nicht durchgeführt, deshalb werde ich auch noch nicht bezahlen“, sagt Serge. „Für uns ist das ein absoluter Albtraum, dass er aus der Insolvenz herauskam. Es geht wieder nichts voran“, sagt Serge, der sich ohnehin fragt, wie es möglich ist, dass die Insolvenz abgewendet werden konnte.

Zweite Wohnung, gleiches Problem

Der Unternehmer bezahlt also seit nunmehr drei Jahren einen Kredit für eine Wohnung, die er immer noch nicht nutzen kann. Ihm wurde schnell klar, dass das Projekt in Heisdorf nicht vorangeht. „Wir hatten ein bisschen Geld beiseite und haben uns entschlossen, eine zweite, kleine Wohnung zu kaufen, weil wir nicht ewig Miete zahlen wollten.“ Das war im Sommer 2021, als Serge und seine Familie fündig wurden. Diesmal ein Neubauprojekt auf Cents, das von einem anderen Träger gebaut wird.

Bei der Vertragsunterschrift war die Wohnung bereits zu 85 Prozent fertiggestellt. „Aber auch diese Wohnung ist bis heute nicht fertiggestellt“, sagt Serge. Auch dieser Promotor erklärte die Verspätungen mit der Krise am Bau und den Schwierigkeiten, an das nötige Material zu kommen. „Die Baukrise ist doch kein Fall von höherer Gewalt. In meinen Augen sind es klare Fälle von Missmanagement, von einer schlechten Unternehmensführung“, so Serge. Er stellte selbst seine Recherchen an und fragte bei den Handwerksbetrieben nach, wieso sie nicht zur Baustelle kommen. „Die haben mir klipp und klar gesagt, dass sie vom Bauträger nicht bezahlt wurden und deshalb auch nicht kommen. Dabei hat er uns aber Rechnungen geschickt“, erklärt Serge.

Ausstehende Rechnungen

Der Bauträger antwortete zwar auf Nachfrage des Tageblatt, wollte allerdings nicht zitiert werden. Nachdem wir mit dem Bauträger gesprochen hatten, haben wir auch Handwerksbetriebe kontaktiert, die an der Residenz auf Cents arbeiten. Einer hat gleich lachen müssen, als wir uns telefonisch meldeten. Denn unmittelbar zuvor hatte der Bauträger ihn angerufen und versprochen, die letzte Rechnung zu bezahlen, und dass er seine Arbeiten auf der Baustelle wieder aufnehmen könne. „Die Situation ist schwierig. Sowohl für uns als auch für die Bauträger“, erklärte der Besitzer des Handwerksbetriebes, der lieber anonym bleiben wollte. „Aber ich kann es mir nicht leisten, meine Leute auf eine Baustelle zu schicken, wenn ich nicht bezahlt werde.“ Dass sich keiner wirklich äußern will, ist verständlich. Die Betriebe sind auf die Aufträge von den Bauträgern angewiesen.

Ob es nun wirklich mit den Arbeiten vorangeht, bezweifelt Serge. Er muss mittlerweile zwei Immobilienkredite plus Miete bezahlen. „Jetzt sagen die Leute vielleicht, er hätte ja nicht noch eine zweite Wohnung kaufen müssen, aber das ist nicht das Problem. Hier geht es nicht nur um meinen Fall, sondern um Grundsätzliches.“ Andere würden jahrelang sparen, um sich eine eigene Wohnung leisten zu können, und sind nun in der gleichen Situation. „Wie sollen diese Menschen das finanziell gestemmt bekommen? Daran gehen Familien und Existenzen zu Grunde. Wo ist der Staat hier?“

Serge kann nicht verstehen, dass die Regierung bereits vor Monaten Hilfen für Bauunternehmen beschlossen hat, Käufer aber im Regen stehen lasse. „Als Geschäftsmann finde ich es gut, dass Unternehmen geholfen wird. Aber die Hilfen scheinen in diesem Fall nicht zu funktionieren.“ Wieso werden diese Projekte nicht fertiggestellt und wieso werden die Besitzer der Wohnungen nicht über den Fortgang informiert? Für jede größere Krise würde der Staat eine Krisenzelle einberufen. „Wieso gibt es in der Baukrise, keine Anlaufstelle, die nach Lösungen für Käufer sucht?“, fragt Serge und wiederholt noch einmal: „Wo ist hier der Staat?“ (Chris Schleimer)

Leila
24. Oktober 2024 - 21.43

...und weil S. ein Unternehmer ist, steckt er das alles locker weg oder wie? Ist jeder Unternehmer vermögend, so wie früher der reiche Onkel aus Amerika?

Bayrhammer Gust
24. Oktober 2024 - 18.01

Ein Unternehmer schreit nach dem Staat!

Nomi
24. Oktober 2024 - 10.58

Den richtegen Problem deen sech eis Politiker sollen an mussen ennert den Nool rappen ass deen dass d'Promoteuren etwa 30%+ Gewenn machen an dofir all Entreprenneur an Handwierker get bis zum leschten Cent ausgequetscht !

Et misst eng transparent Kalkulatio'un vum Projet offen geluegt ginn, an den Gewenn limitei'ert !

Herry
24. Oktober 2024 - 9.17

A propos Eegenresponsabilitéit, gett ett nett méi,
an der Politik fängt ett un, am Wunnéngsbau laafen
Gerichtsaffairen esou vill wéi nach nie.
Matt deem ganzem Fusch am Bau dauert daat Joeren,
den Keefer ass deen Gelacktmeierten.
Deet keen Bonz dem aaneren wéih.

Nomi
23. Oktober 2024 - 22.59

Jiddereen jaitzt emmer direkt no Hellef vum Staat.

Stop den Assistanat well deen nemmen zur Lidderechkeet erzitt.

Jiddereen muss selwer fir seng Decisio'unen riicht stohen :
Eegenresponsabilitei't !