Amazon feiert 20. Geburtstag„Wir sind stolz darauf, Luxemburg unsere Heimat zu nennen“

Amazon feiert 20. Geburtstag / „Wir sind stolz darauf, Luxemburg unsere Heimat zu nennen“
Bild von der Einweihung von neuen Büros im Jahr 2012  Foto: Editpress-Archiv

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Ende September hat der Internetkonzern Amazon seinen 20. Geburtstag in Luxemburg gefeiert. In den zwei Jahrzehnten hat sich die US-Unternehmensgruppe zum zweitgrößten Arbeitgeber des Landes entwickelt.

Als der Internetkonzern 2003 begann, sich für Luxemburg zu interessieren, war die Zeit noch eine andere. Steuerliche Überlegungen spielten ganz offiziell eine wesentliche Rolle. Interessant für den Konzern machten das Land damals mindestens zwei Regelungen: einerseits diejenige, die es erlaubte, dass die mit geistigem Eigentum erwirtschafteten Einkünfte niedrig besteuert wurden, und andererseits der anzuwendende Mehrwertsteuersatz, der zu den günstigsten in Europa zählte.

Für Luxemburg war der Zuzug von E-Commerce-Konzernen wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Innerhalb weniger Jahre spülte der europaweite Umsatz beispielsweise Hunderte Millionen Euro an Mehrwertsteuer-Einnahmen in die Staatskasse. Das ist jedoch längst Geschichte. Die beiden attraktiven Regelungen wurden zwischenzeitlich – auf Druck der größeren EU-Länder – abgeschafft. Doch während Gruppen wie Apple Unternehmensbereiche wie iTunes, Apple Music, App Store und den iBooks Store (2017) von Luxemburg nach Irland verlegten, ist Amazon geblieben.

Als der Konzern ursprünglich entschied, nach Luxemburg zu kommen, sei das ein Novum für die Regierung gewesen, wie der damalige Minister François Biltgen erzählte. Amazon wurde zum „Showcase“ für den Wirtschaftsstandort. Die Regierung habe sich dadurch in die Internetbranche einarbeiten müssen. Zum Beispiel was Steuern und Infrastruktur angehe. Vor allem Letztere habe Amazon nicht so gut gefallen, so Biltgen. Seitdem ist jedoch viel passiert. Luxemburg hat seine IT-Infrastruktur spürbar ausgebaut. Datenzentren wurden geschaffen, Internetverbindungen verbessert, ein Supercomputer errichtet und in Cybersicherheit investiert.

Parallel mit den staatlichen Investitionen in die nationale Infrastruktur ist Amazon hierzulande gewachsen: Ende 2005 zählte der US-Konzern nur etwa ein Dutzend Mitarbeiter. Bis 2012 waren es bereits rund 300.

Eine bemerkenswerte Entwicklung

Langsam, aber sicher arbeitete sich Amazon derweil im Ranking der größten privaten Arbeitgeber des Landes nach oben. Mit 2.760 Mitarbeitern hatte er es Anfang 2020 auf den zehnten Platz geschafft. Dann ging es rasant weiter nach oben: Zu Beginn des Jahres 2021 zählte er 3.280 Mitarbeiter und belegte Platz acht des Rankings. 2022 kletterte der Internetkonzern mit 3.960 Mitarbeitern auf den fünften Platz. Der US-Konzern überholte somit den Stahlhersteller ArcelorMittal, der jahrzehntelang an der Spitze dieses Rankings stand.

Mittlerweile zählt die Unternehmensgruppe 4.570 Mitarbeiter und gilt als zweitwichtigster privater Arbeitgeber des Landes. Einzig der Eisenbahnbetreiber CFL liegt mit 4.790 Beschäftigten vor dem Internet-Riesen. Sollte Amazon mit der gleichen Geschwindigkeit weiterwachsen, könnte er in den nächsten beiden Jahren zum größten privaten Arbeitgeber aufsteigen.

Dabei ist Luxemburg ein wohl eher ungewöhnlicher Standort für den Online-Marktplatz. Obwohl sich das Land gerne als Logistikzentrum sieht, betreibt Amazon von hier aus keinen Vertrieb und keine Lagerhallen. Die vielen Mitarbeiter sind hierzulande in „Europazentrale-Funktionen“ tätig. Dazu zählen sehr unterschiedliche Bereiche wie etwa Softwareentwicklung, Engineering, Account-Management, Data-Science, maschinelles Lernen, Produkt- und Programmmanagement, Cloud-Entwicklung oder Lösungsarchitektur.

„Aufgrund seiner Lage im Herzen Europas eignet sich Luxemburg besonders gut als Standort für unsere paneuropäischen Logistik- und Lieferketten-Teams sowie für Mitarbeiter in regionalen und globalen Funktionen“, hebt der Konzern in seinem Bericht zum 20. Geburtstag hervor.

 
  Screenshot: aboutamazon.eu/

Seine ersten ständigen Büros hatte Amazon in Luxemburg in den Vierteln Grund und Clausen. „Wir liebten es, an solch schönen, historischen Orten zu sein, aber wir wuchsen so sehr, dass unsere Büros nicht mehr alle unterbringen konnten“, so der Konzern weiter in einem Bericht zur Feier seines 20. Geburtstags in Luxemburg. Der aktuelle Unternehmenscampus, bestehend aus sieben Gebäuden, befindet sich auf Kirchberg.

6,6 Milliarden Euro investiert

„Wir sind stolz auf das Geschäft, das wir hier in den letzten 20 Jahren aufgebaut haben“, so Jorrit Van der Meulen, Vice President, Amazon Stores, im Rahmen der 20-Jahr-Feier. „Wir fühlen uns geehrt, Luxemburg unser Zuhause in Europa zu nennen. (…) Wir freuen uns darauf, gemeinsam eine glänzende Zukunft aufzubauen.“ Zwischen 2010 und 2022 hat Amazon, eigenen Angaben zufolge, mehr als 6,6 Milliarden Euro in Luxemburg investiert, davon mehr als 1,5 Milliarden Euro allein im Jahr 2022, einschließlich Infrastruktur und Mitarbeitervergütung.

Auch hebt der Konzern sein Engagement für die Gemeinschaft in dem Bericht hervor. Beispielsweise habe man im September 2022 zwei Kooperationen mit der Universität Luxemburg bekannt gegeben: eine Fünfjahresvereinbarung zur Unterstützung von Forschungsprojekten für Abschlussarbeiten am Luxembourg Centre for Logistics and Supply Chain Management der Fakultät für Rechts-, Wirtschafts- und Finanzwissenschaften sowie eine Zusammenarbeit zur Nutzung von AWS-Prozessoren in der High-Performance-Computing-Forschung.

Bleibt noch zu erwähnen, dass die EU-Kommission einst unzufrieden mit der Besteuerung von Amazon in Luxemburg war. Sie wollte, dass Luxemburg für die Jahre 2006 bis 2014 insgesamt Steuern in Höhe von 250 Millionen Euro nachfordert. Dagegen klagten Amazon und Luxemburg. Die Forderung wurde letztendlich vom Europäischen Gerichtshof zurückgewiesen. Das Gericht erklärte den Beschluss der Kommission für nichtig.