UkraineWieder mehr Kriege im Donbass – Moskau verlegt offenbar Truppen an die Grenze 

Ukraine / Wieder mehr Kriege im Donbass – Moskau verlegt offenbar Truppen an die Grenze 
Ukrainische Soldaten an der Frontlinie: Kiew spricht von 20 Toten seit Jahresbeginn Foto: dpa/Evgeniy Maloletka

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Im Donbass flammen die Kämpfe wieder auf. Mit scharfen Worten hat die russische Regierung den Westen am Freitag vor einer Entsendung von Truppen in die Ukraine gewarnt.

Die eigenen sind immer gut, der Feind böse. So meldete also DAN, die amtliche Nachrichtenagentur der von niemandem anerkannten pro-russischen „Volksrepublik Donezk“, am Karfreitag-Nachmittag Folgendes: Die ukrainischen Regierungstruppen hätten in Awdijewka und Perwomajsk je eine tragbare Artilleriehaubitze mitten im bewohnten Gebiet aufgestellt und würden damit die „Volksrepublik“ beschießen.

Dabei, so DAN weiter, sei doch seit 27. Juli 2020 ein Waffenstillstand in Kraft. Dieser sei bereits in der Nacht dreimal verletzt worden, klagte die separatistische Donezker Kommission zur Überwachung des Waffenstillstands. Kiew wiederum meldete am Freitag aus Donbass einen verletzten Soldaten der ukrainischen Armee; die pro-russischen Kämpfer hätten den Waffenstillstand in der Nacht 13-mal gebrochen, sagte ein Armeesprecher.

Laut den täglichen Berichten der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kommt es pro Nacht auf beiden Seiten der rund 400 Kilometer langen Kontaktlinie seit ein paar Wochen zu bis zu 50 Waffenstillstandsverletzungen. Dies ist wesentlich mehr als noch vor ein paar wenigen Wochen.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Die beiden Konfliktparteien hatten sich im Juli 2020 bei Verhandlungen in der belarussischen Hauptstadt Minsk auf einen zeitlich unbefristeten Waffenstillstand geeinigt. Dieser hielt im Unterschied zu vielen vorher getroffenen Vereinbarungen über ein halbes Jahr lang. Nur noch vereinzelt kam es zu Feuerwechsel, meist mit Kalaschnikows anstelle von Artillerie.

Seit Neujahr aber hat sich die Sicherheitslage an der Minsker Waffenstillstandslinie laut dem ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenski „ein paar Dutzend Mal verschlechtert“. Verantwortlich dafür macht Kiew die reguläre russische Armee, die die Separatistenverbände unterstütze. Laut Kiewer Angaben sind deshalb in den ersten drei Monaten des Jahres wieder 20 Tote und 57 Verletzte zu beklagen.

Die „Volksarmeen“ von Donezk und Luhansk haben bisher keine Angaben über ihre Verluste im laufenden Jahr gemacht. Beklagt wurde von DAN einzig ein durch einen ukrainischen Scharfschützen getöteten Zivilisten im Donezker Stadtteil Alexandrowka vor zehn Tagen. Vor Wochenfrist wiederum wurden gleich vier ukrainische Soldaten durch separatistisches Artilleriefeuer auf den Weiler Schumi bei Torezk (ehemals Dscherschynsk) unweit der Kontaktlinie mitten im Donbasser Bergbaugebiet getötet. Solch hohe Verluste gab es letztmals vor Jahresfrist.

Sowohl Kiew wie Moskau machen sich gegenseitig für das Aufflammen der Kämpfe im Donbass verantwortlich. Laut dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin liegt der Grund an der Weigerung Kiews, mit den pro-russischen Separatisten direkte Verhandlungen aufzunehmen. Dies kann man als Drohung des Kremls an Kiew verstehen, die beiden selbst ernannten pro-russischen „Volksrepubliken“ in Donezk und Luhansk anzuerkennen, da andernfalls im Donbass ein neuer von Moskau befeuerter Krieg ausbrechen würde.

USA warnen, der Kreml warnt zurück

Gleichzeitig bezichtigte die junge „Außenministerin“ der „Volksrepublik Donezk“, Natalia Nikoronowa, den ukrainischen Verhandlungsführer bei den wegen Covid seit Monaten per Videokonferenzen abgehaltenen Minsker Kontaktgruppentreffen, Ex-Präsidenten Leonid Krawtschuk, der Obstruktionspolitik.

Inzwischen haben die USA am Donnerstagabend der Ukraine ihre volle Unterstützung zugesagt und ihre in Europa stationierten NATO-Truppen in erhöhte Gefechtsbereitschaft versetzt. Washington reagiert damit auf Geheimdienstberichte, wonach Russland Truppen an der von Kiew nicht mehr kontrollierten ukrainisch-russischen Staatsgrenze im Donbass und auf der seit April 2014 okkupierten ukrainischen Halbinsel Krim zusammenzieht.

„Die USA sind besorgt wegen der jüngsten Eskalation des aggressiven und provokativen Vorgehens Russlands im Osten der Ukraine“, sagte ein Sprecher des amerikanischen Außenministeriums am Donnerstag. Angesichts der brüchigen Waffenruhe in der Ostukraine warnt Russland vor NATO-Soldaten als Unterstützung der Regierung in Kiew. „Zweifellos würde ein solches Szenario zu weiteren Spannungen in der Nähe der russischen Grenzen führen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau.