Freitag7. November 2025

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DeutschlandWie Union und SPD die Bundesministerien neu sortieren wollen

Deutschland / Wie Union und SPD die Bundesministerien neu sortieren wollen
Die künftigen Koalitionäre in Berlin haben auch verwaltungstechnisch die Karten teilweise neu gemischt Foto: Tobias Schwarz/AFP

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Union und SPD wollen viele Ressorts neu zuschneiden. Politikfelder wie Klimaschutz, Bildung, Heimat oder Verbraucherschutz werden künftig in anderen Häusern verankert als bisher. Was ist konkret geplant und wie funktioniert dieser Wechsel eigentlich?

Man muss ziemlich weit blättern im neuen Koalitionsvertrag, bis man erfährt, wie sich die künftige Bundesregierung den Zuschnitt der Bundesministerien vorstellt. Erst auf Seite 143, der vorletzten des Vertrags, legen Union und SPD die neuen Zuständigkeiten der einzelnen Ressorts und auch die Zuteilung zu den Parteien offen. Und diese Seite hält einige Überraschungen bereit.

Erstaunlich ist nicht nur, dass die SPD als Juniorpartner des schwarz-roten Bündnisses sieben Ressorts bekommt und damit genauso viele wie die CDU, wenn man den Bundeskanzler nicht mitzählt. Die kleine Unionsschwester CSU wird mit drei Ministerien bedacht. Überraschende Neuerungen finden sich aber auch beim Ressortzuschnitt.

Gab es zu Ampel-Zeiten noch ein BMWK, also ein Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, wandert das „K“ künftig ins Umweltministerium. Das neue Ministerium für Wirtschaft und Energie übernimmt die CDU. Aus dem bisher für Umwelt und Verbraucherschutz zuständigen BMUV wird nun ein Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Die Leitung stellt die SPD. Die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz wird ins Bundesjustizministerium verlagert, was vor 2021 schon einmal so war. Das Justizressort fällt ebenfalls der SPD zu.

Eine große Veränderung gibt es beim bisherigen Bildungs- und Forschungsministerium. Denn die Bildung geht über ins Familienressort, das damit künftig für eine ganze Palette von Themen zuständig sein wird: Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zuständig für dieses Ressort ist die CDU. Das Forschungsministerium trägt künftig auch Technologie und Raumfahrt im Titel und wird von der CSU verantwortet. CSU-Chef Markus Söder sprach bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags gar von einem „Super-Hightech-Ministerium“.

Neuzuschnitt von Ressorts kein Novum

Neu ist auch, dass das Innenministerium, das ebenfalls an die CSU geht, künftig nicht mehr für den Bereich Heimat zuständig sein wird. Die Heimatpolitik wandert jetzt ins Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, deren Leitung ebenfalls ein Christsozialer oder eine Christsoziale übernehmen wird.

Nicht zu vergessen ist das neu gegründete Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, das in CDU-Hand liegen wird. Bisher war das Digitale am Verkehrsministerium angedockt, das künftig ebenfalls von der CDU bespielt wird.

Alle anderen Ressorts bleiben im Vergleich zur Ampel-Zeit unverändert. Konkret sind das die Häuser für Finanzen, Arbeit und Soziales, Verteidigung, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (alle SPD), Gesundheit, das Auswärtige Amt sowie der Chef des Bundeskanzleramts (alle drei CDU). Das Ziel einer Reduzierung der Ministerien erreicht Schwarz-Rot damit nicht, mit dem Digitalressort kommt sogar ein zusätzliches dazu.

Dass Ressorts nach einem Regierungswechsel neu zugeschnitten werden, ist keineswegs ein Novum. Unkompliziert sind diese Veränderungen trotzdem nicht, sie sorgen oftmals für eingeschränkte Arbeitsfähigkeit zu Beginn. „Der Neuzuschnitt von Bundesministerien bringt natürlich einen hohen Arbeits- und Verwaltungsaufwand mit sich. Das verursacht erst mal Transaktionskosten“, sagt Sabine Kuhlmann, Vizevorsitzende des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) dem Tageblatt. Damit würden natürlich auch politische Prioritäten gesetzt. „Insofern ist das eine Organisationsreform, die von politischen Interessen geleitet ist. Das ist Teil der Umsetzung des demokratisch gefundenen politischen Willens“, sagt die Verwaltungswissenschaftlerin. Sie hält den Neuzuschnitt für „durchaus legitim“, weil Organisationspolitik auch eine Facette von Politik sei.

Wechsel auf Top-Positionen

Die betroffenen Ressorts, die geschäftsführend noch von den bisherigen Ministerinnen und Ministern geführt werden, halten sich mit Stellungnahmen zum Neuzuschnitt sehr zurück. Zu hören ist unisono nur, dass der Ressortzuschnitt für die 21. Wahlperiode durch den künftigen Bundeskanzler per „Organisationserlass“ festgelegt wird. Mit einem solchen Erlass kann der wahrscheinlich künftige Kanzler Friedrich Merz die Geschäftsverteilung seines Vorgängers Olaf Scholz ändern. Organisationserlasse sind in der Geschäftsordnung der Bundesregierung geregelt.

NKR-Vize Kuhlmann weist darauf hin, dass es auf der Arbeitsebene in den Ministerien „eine große Kontinuität nach Regierungswechseln“ gibt. „Die Wechsel finden eher auf den Top-Positionen statt“, sagt die Verwaltungswissenschaftlerin. Die Veränderungen könne man dann in den Organigrammen der Ministerien nachvollziehen, wohin ein Referat oder eine Abteilung wandere. Dadurch würden sich Weisungsstrukturen ändern. Ob sie auch physisch umziehen, sei immer unterschiedlich und hänge auch von räumlichen Kapazitäten ab. „Die Expertise der Mitarbeiter bleibt aber überwiegend erhalten“, erläutert Kuhlmann.