Eva L’Hoest, 1991 in Lüttich geborene Belgierin, hat sich nach ihrem Studium anhand ihres vielseitigen künstlerisch angesprochenen Themenfeldes und des der heutigen Zeit geschuldeten Umgangs mit digitalen wie analogen Techniken relativ schnell einen Namen gemacht. Beteiligungen an Expos in Brüssel wie Sydney oder Riga sowie die Teilnahme an der Biennale in Lyon oder am „Okayama Art Summet“ haben ihren Sinn für „Kombination von Skulpturen, Performances und audiovisuellen Installationen“ verdeutlicht, ihre Visionen setzt sie in unterschiedlicher technologischer Form zu unverwechselbaren Kunstwerken um. Die Jury des „Edward Steichen Award“ hat ihr 2022 diesen Preis für ihre „Polyvalenz“ und ihre Fähigkeit, sich „passende Technologien anzueignen“, um neue mentale Bilder zu schaffen, verliehen. Die Jury bescheinigt ihrer Kunst, auf außerordentliche Weise eine Brücke zwischen „Mythologie“ und „zeitgenössischen Herausforderungen“ zu schlagen.
Erste institutionelle Solo-Expo
Casino Luxembourg hat nun die Solo-Schau „The Mindful Hand“ der jungen Belgierin bis zum 11. Mai 2025 zu Gast. Kurator:innen sind Vincent Crapon und Stilbé Schroeder. Einleitend zur Expo hält Casino Luxembourg fest: „Die Werke hinterfragen, wie analoge und digitale Bildgebungstechnologien unsere Wahrnehmung und unser Gedächtnis beeinflussen, unsere Vorstellung von Landschaft verändern und von geistigem Schaffen verschieben.“
Die einzelnen Arbeiten tun dies auf verschiedene Arten, wobei die Künstlerin sich vorwiegend einer räumlichen Darstellung bedient, in Form einer großen und mehrerer kleiner Skulpturen in 3D-Druck, und mittelalterliche Zeiten in neue Modernität aufbereitet, zurückholt. Mit Hilfe filmischer Innen- und Außenaufnahmen, eines eingefügten Textes von Eva Mancuso sowie entsprechender Musik und digitaler Eingriffe präsentiert sie eine auf vier Leinwänden projizierte audiovisuelle Produktion, die mit Bildern archäologischer Spurenelemente die Mehrschichtigkeit des menschlichen Lebens illustriert.
Info
„The Mindful Hand“ von Eva L’Hoest“, noch bis zum 11. Mai im Casino Luxembourg
Die monumentale, etwas düstere Skulptur „In the Belly of a Small God“ auf 3D-Basis und mit PLA-Fäden und historischem Hintergrund sowie die sich daran anschließende Reihe „Inkstand – Fragments of Intents“ mit ähnlichen, aber kleineren Elementen in Mischtechnik hinter Glas, begehbar durch eine Gasse aus fixem Geländer, wirken eher statisch, so als ob die Zeit zwar nicht stehen, aber in unseren heutigen Gefilden doch in nachdenklicher Erinnerung bleibt. Den Kontrast dazu bildet die oben angedeutete, sehr lebendige Projektion „Main Station“, die uns sowohl das Innenleben des Casino-Gebäudes als auch Außensichten der Stadt, kurz unseres Lebens veranschaulicht. Abgesehen von zwei minimalistischen Objekten an der Wand thront majestätisch am Ende des großen Ausstellungsraums die aus Plexiglas, Sprühfarbe und 3D-Modellierung geschaffene Skulptur „Ragdoll“, eine Simulation von Menschenmengen. Es ist nicht ein Gesicht, es sind nicht zwei Seiten eines Janus-Kopfes, nein, mit Hilfe von Crowd-Simulation-Tools hat Eva L’Hoest die als „Ragdoll“ (Lumpenpuppe) betitelte Arbeit realisiert und sich so an „gleichnamige digitale Animationstechnik, die für Videospiele und Animationsfilme“ verwendet wird, angelehnt. Einmal mehr wird ein Spannungsverhältnis „zwischen Kontrolle und Zufall“ neuartig vorgeführt.
Nach „Ragdoll“ die „Zoetrop“-Demo
Vielleicht die spektakulärste, gleichfalls mehrere Techniken nutzende Arbeit, ist die Installation „The Cave, The Cage, The Chorus“ aus dem Jahr 2025. In der Tat, all diese Kunstwerke wurden für diese erste „institutionelle Einzelausstellung“ von Eva L’Hoest konzipiert. Es geht hierbei um eine kinetische Installation, aus einer Metallstruktur (eine Nachbildung des Pariser Börsengeländers aus den 60er-Jahren) und angefügten Tonaufnahmen, die nach dem Prinzip des „Zoetrop“ funktioniert, kurzum eine Art Wundertrommel, die Bilder vor den Augen des Betrachters derart schnell abspulen lässt, dass diese die „Illusion von Bewegung“ in dem Objekt erzeugen. 24 Köpfe in Serie, wie aus einem Materialblock herausgeschnitten, defilieren im Eiltempo vor unseren Augen und bilden so die einzelnen Arbeitsschritte an der Skulptur nach, mit den hektischen Stimmen der Börsenmakler untermalt. Eine Installation, die an Symbolik für durch Konsum und Produktivität funktionierende Gesellschaft mit sich immer wiederholenden Arbeitsvorgängen und gleichen Zielsetzungen kaum zu übertreffen ist. Für die Künstlerin ist das Werk die „Verbindung zwischen sakraler Topografie und der Zurschaustellung technischer Expertise“. Die Arbeit ist interpretationsfähig!
Der Rundgang durch die Schau „The Mindful Hand“ führt progressiv in die tiefsinnige Arbeit der Eva L’Hoest ein. Wegen der „theatralischen Inszenierung“ am Ende gilt unser Tipp, das Empfangswerk eingehend von allen Seiten her zu betrachten, da es vielleicht am deutlichsten die Empfindsamkeit unserer aller Lebenserfahrungen im Rückspiegel der Zivilisationsgeschichte mit den kleinen, subtil in Szene gesetzten Figuren einer „früheren“ Welt vor Augen führt.
De Maart
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