16. Dezember 2025 - 6.41 Uhr
Verkauf von Warner Bros.Wie ein Hollywood-Studio zum Schlachtfeld im Kampf um politische und kulturelle Vorherrschaft wurde
Zunächst einmal die harten Fakten: In den USA läuft derzeit ein Bieterstreit um den Film- und Medienkonzern Warner Bros. Discovery (WBD), zu dem neben dem berühmten Hollywood-Studio Warner Bros. auch der weltweit operierende Streaming-Anbieter HBO Max (ab Januar auch in Luxemburg) und der US-Fernsehsender CNN gehören. Netflix, selbst Streaming-Anbieter sowie Film- und Serien-Produzent, hatte vorvergangene Woche die geplante Übernahme von Warner für beinahe 83 Milliarden US-Dollar (71 Milliarden Euro) bekannt gegeben. Wenige Tage später machte Paramount Skydance ein feindliches Gegenangebot über 108 Milliarden US-Dollar. Zum Medienkonzern Paramount gehört ebenfalls ein traditionsreiches Hollywood-Studio desselben Namens sowie das Sendernetzwerk CBS.
Viele Zahlen, viele Unternehmen, irgendwas mit Fernsehen und Kino. Warum uns diese US-Sache auch in Europa interessieren sollte? Weil diese Übernahmeschlacht eine kulturelle und eine politische Dimension hat. Und egal, wie sie ausgehen wird, egal, welcher Bieter sich am Ende durchsetzen wird, die globale Medien- und Kulturindustrie wird sich danach für immer verändert haben.
Das Ende des Mediums Kino
Beginnen wir mit der kulturellen Dimension. Netflix interessiert sich weniger für CNN als für Warners Film- und Serienportfolio. Sollte Netflix den Zuschlag bekommen, wandern einige der wertvollsten Marken der Unterhaltungsbranche zum Streaming-Anbieter, darunter „Harry Potter“, die „Herr der Ringe“-Trilogie sowie die DC-Superhelden samt Batman. Netflix könnte sich den Konkurrenten HBO Max einfach einverleiben, die „Streaming Wars“ wären entschieden, als einzige nennenswerte Konkurrenz bliebe Disney übrig. Was für alle Nutzer zu Hause erst einmal nach Vorteil klingt: ein Anbieter weniger, mehr Content bei Netflix. Ein Monopol entsteht.
Doch es gibt auch eine kulturanthropologische Schattenseite dieses Bequemlichkeitsgewinns. Mit dem Kauf von Warner durch Netflix wäre wohl die Zukunft des Kinos als Medium ein für alle Mal besiegelt. Sollte Netflix das Filmstudio Warner Bros. besitzen, würden beachtliche Kinokassenerfolge wie „Barbie“ 2023 oder „Sinners“ und „One Battle After Another“ aus diesem Jahr in Zukunft wohl nicht mehr möglich sein. Die Auswertungsfenster für Filme in Lichtspielhäusern würden wohl immer kleiner werden und irgendwann ganz verschwinden. Filme starten dann im Streaming bei Netflix, nicht mehr auf der Leinwand. Der Trend geht schon heute in diese Richtung.
Kritische Stimmen ausschalten
Das ist die kulturelle Dimension dieses Deals, man mag sie nostalgisch betrauern oder Fortschritt nennen. Noch brisanter hingegen ist die politische Dimension. Denn US-Präsident Donald Trump höchstpersönlich ist politisch und familiär in den Übernahmestreit verwickelt.
Wie bereits gesagt, Netflix interessiert sich vor allem für das Filmstudio und den Streaming-Dienst – CNN ist nicht Teil des Deals. Bei Paramount sieht das ganz anders aus. Paramount-Chef David Ellison unterhält gute Beziehungen zu US-Präsident Trump. Trumps Schwiegersohn und Berater, Jared Kushner, ist über seine Investmentfirma an dem Angebot von Paramount beteiligt. Sollte Paramount Warner übernehmen und damit auch den Sender CNN, könnte sich die politische Ausrichtung zugunsten Trumps und seiner MAGA-Bewegung verschieben, mit allen pressefreiheitlichen Bedenken, die damit einhergehen. Ein Vorgeschmack könnte Stephen Colbert sein: Die Late-Night-Show des lauten Trump-Kritikers wird im kommenden Mai von CBS eingestellt – offiziell aus finanziellen Gründen.
Trump hatte in der vergangenen Woche darauf gepocht, dass CNN Teil eines Verkaufs von Warner sein sollte, und erklärt, dass er sich an der kartellrechtlichen Prüfung des Geschäfts, ob der Verkauf genehmigt oder blockiert werde, beteiligen werde.
Egal wie der Warner-Netflix-Paramount-Deal am Ende ausgeht, die kulturelle und politische Vielfalt in den USA und auch der restlichen Welt wird darunter leiden.
De Maart
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