EU-ProjektWie ein Gewächshaus auf einem Gebäudedach in Bettemburg funktioniert

EU-Projekt / Wie ein Gewächshaus auf einem Gebäudedach in Bettemburg funktioniert
Die EU-Kommissarin für die Kohäsionspolitik, Elisa Ferreira (r.), besuchte gemeinsam mit Luxemburgs Energieminister Claude Turmes (2.v.r.) und der Ministerin für die Großregion, Corinne Cahen (3.v.r.), das Pilotprojekt Groof in Bettemburg Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Das von der EU mitfinanzierte Pilotprojekt „Groof“ in der Gewerbezone in Bettemburg dient sowohl dem Klima- als auch dem Umweltschutz, ist in vielerlei Hinsichten von wirtschaftlichem Interesse und dient nebenbei noch sozialen Zwecken. Davon konnte sich gestern unter anderem die für die Kohäsionspolitik zuständige EU-Kommissarin Elisa Ferreira überzeugen.

Längst sind noch nicht alle Tröge im Gewächshaus über dem Restaurant des „Institut de formation sectoriel du bâtiment“ (IFSB) in der Gewerbezone Wolser in Bettemburg mit Pflanzen bestückt. Die Salate sind noch im Anfangsstadium, die Tomatenpflanzen sind jedoch bereits weit gediehen. An ihnen sind Helfer aus dem „Centre du tricentenaire“, einer Einrichtung für Personen mit einem Handicap, dabei, überflüssige Triebe zu entfernen. Die Beschäftigten dieses Ateliers des „Tricentenaire“ sind die soziale Komponente des Pilotprojekts „Fresh“, das auf dem Dach des IFSB-Restaurants umgesetzt wird.

Ziel des Projektes ist es, herauszufinden, unter welchen Bedingungen auf Dächern von großen Gebäuden ein Gewächshaus betrieben werden kann. Deshalb der Name „Groof“: „Greenhouses to reduce CO2 on roofs“. Dazu wird hier auf die sogenannte Hydroponik zurückgegriffen. Dabei stecken die Pflanzen nicht in der Erde, sondern lediglich mit ihren Wurzeln im Wasser. Dieses Wasser enthält die für das Wachstum der Pflanzen nötigen Nährstoffe. Das Wasser wird in diesem Fall von einem zentralen Behälter über Rohre in die Tröge geleitet, in denen wiederum die Pflanzen eingesetzt werden. Diese Art des Gartenbaus habe verschiedene Vorteile, wie der Projektleiter Marcel Deravet erklärt. Vor allem das geringe Gewicht ist hier entscheidend: Nur 40 kg/m2 würde die Installation wiegen, was für deren Aufbau auf Gebäude- oder Hallendächern von großer Bedeutung ist. Daneben kann die Düngerzufuhr im Wasser – das teilweise aus aufgefangenem Regenwasser besteht – viel genauer dosiert werden als beim konventionellen Gartenbau. „Ökologisch interessant“ sei zudem, dass keine Pestizide gebraucht würden, so Marcel Deravet weiter, da im geschlossenen Gewächshaus kaum Insekten vorkommen.

Geheizt wird das Gewächshaus über eine Ventilation mit der Wärme aus dem Gebäude. Zudem würde das Dach eines Gebäudes im Durchschnitt bis zu 30 Prozent Wärme abgeben, heißt es in einem Bericht der „Interreg North-West Europe“ des Europäischen regionalen Entwicklungsfonds. Demnach wird zudem selbst das CO₂ der Menschen und Aktivitäten im Gebäude für das Wachstum der Pflanzen im Gewächshaus genutzt.

Über das Jahr hinweg werden verschiedene Gemüsearten im Gewächshaus angepflanzt: Neben Salaten und Tomaten auch Auberginen, Bohnen, Karotten und selbst Melonen. Das reife Gemüse wird einen Stock tiefer direkt im Restaurant genutzt. Dies ist auch Teil des Konzepts. Durch die Nutzung von Dachflächen könnte in großen Städten und urbanen Gegenden Gemüse nahe bei den Verbrauchern angepflanzt werden. Neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze könnten damit Transportkosten und CO₂-Emissionen eingespart werden.

„Innovative Stimulation“

„Für uns ist der Aspekt der Innovation wichtig“, sagte die EU-Kommissarin Elisa Ferreira. Während in anderen EU-Staaten Gelder aus dem Kohäsionsfonds hauptsächlich für Infrastrukturprojekte genutzt werden, sollten wohlhabendere Länder wie Luxemburg, aber auch Frankreich, Deutschland und Belgien, die ebenfalls an Groof teilnehmen, mit geringen finanziellen Zuschüssen der EU technische Lösungen für bestehende Probleme, „innovative Stimulation“, liefern. Das Projekt zeige, welche Geschäftsmodelle mit Gewächshäusern auf einem Gebäudedach möglich sind, meinte der luxemburgische Energieminister Claude Turmes, der ebenso an der gestrigen Besichtigung teilnahm wie seine Ministerkollegin Corinne Cahen. Für die für die Großregion zuständige Ministerin ist das Projekt ein Gewinn auf allen Ebenen, da es ökologische, wirtschaftliche und soziale Vorteile miteinander verbinde.

An die 20 Projekte würden sie in der Region begleiten, sagte der Projektleiter des IFSB, Romain Guillaume. Dabei geht es unter anderem um die Bereitstellung von Informationen, aber auch die Ausbildung für den Bau der Gewächshäuser auf einem Dach oder die Technik der Hydroponik, die noch wenig genutzt werde.

In den Trögen fließt Wasser, in dem sich Nährstoffe für das Wachstum der Pflanzen befinden
In den Trögen fließt Wasser, in dem sich Nährstoffe für das Wachstum der Pflanzen befinden Foto: Editpress/Didier Sylvestre