Samstag1. November 2025

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Wohin mit Sittichen, Schildkröten und Co.?Wie die Düdelinger Pflegestation mit gefundenen Exoten umgeht

Wohin mit Sittichen, Schildkröten und Co.? / Wie die Düdelinger Pflegestation mit gefundenen Exoten umgeht
Nach einigen Tagen des Bangens konnte der entflogene Pinky durch die Hilfe der Reddit-Community sowie der "Fleegestatioun" wieder zu seiner Familie Foto: Laura Tomassini

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Immer wieder werden in der Düdelinger Pflegestation für Wildtiere exotische Exemplare abgegeben. Während die meisten zu neuen Besitzern oder in einen Tierpark ziehen, ging es für Wellensittich Pinky zurück zu seiner Familie. Eine gute Gelegenheit, daran zu erinnern, dass die Anschaffung eines exotischen Haustiers viel Überlegung bedarf.

Es ist eine Geschichte mit Happy End, das Zusammenfinden einer Familie und ihres Haustiers. Am 22. Juni steht Lara Buccis Mutter in der Küche ihres Zuhauses in Mamer und kocht, mit Wellensittich Pinky auf der Schulter. Plötzlich fliegt der kleine Vogel in Richtung Gartentür, knallt gegen den Vorhang und flüchtet nach draußen. Es entsteht Panik in der Familie, gemeinsam mit ihrer Mutter sucht Lara in der Nachbarschaft, doch vom Sittich fehlt jede Spur. Lara ist am Boden zerstört, denn ihr Haustier ist erst drei Monate alt, verängstigt und als exotischer Vogel in Luxemburg nicht lange überlebensfähig. Drei Tage später dann Hoffnung: Ein Mann sieht ein Foto von Pinky in einem Beitrag auf der Online-Plattform Reddit und meldet sich bei der Familie.

Landet das Tier irgendwann bei uns, bedeutet dies, dass sich seine Besitzer nicht bewusst waren, wie viel Zeitaufwand, Kosten und besondere Anforderungen vor allem exotische Tiere mit sich bringen

Lucie Posteau, stellvertretende Direktorin der Düdelinger Pflegestation

Für die Haltung mancher Arten braucht man spezielle Papiere und diese fehlen natürlich, wenn ein Tier gefunden wird
Für die Haltung mancher Arten braucht man spezielle Papiere und diese fehlen natürlich, wenn ein Tier gefunden wird Foto: Laura Tomassini

„Eine Frau hatte gepostet, dass ihr ein schöner gelber Vogel nahe dem Park Merl zugeflogen ist und sie es geschafft hat, ihn über den Balkon nach drinnen zu locken“, berichtet Lara. Da die Frau jedoch nichts zu Pinkys Besitzern herausfindet, meldet sie sich bei einem Tierarzt, der sie an die Pflegestation für Wildtiere in Düdelingen weiterleitet. Durch den Anruf des Fremden erfährt Lara von den Geschehnissen und darf ihren Pinky am 25. Juni wieder mit nach Hause nehmen.

Fälle wie diesen kennt man in Düdelingen nur zu gut, denn obschon die Pflegestation eigentlich für heimische Wildtiere gedacht ist, werden hier regelmäßig auch Exoten abgegeben. Seit der Corona-Pandemie ist die Anzahl an gefundenen Sittichen, Schildkröten, Echsen und Co. gestiegen, so Lucie Posteau, stellvertretende Direktorin der „Fleegestatioun“: „Am meisten werden exotische Vögel bei uns abgegeben, das geht von Wellensittichen über Unzertrennliche bis hin zu Graupapageien und Kanarienvögel.“ 2024 gingen insgesamt 53 solcher Tiere in Düdelingen ein, Schildkröten waren es 28, also zehn mehr als noch im Jahr davor.

Happy End für die einen, Ungewissheit für die anderen

Seit Covid werden immer mehr exotische Tiere in Düdelingen abgegeben, darunter auch zahlreiche Sittiche, Papageien und andere Vögel
Seit Covid werden immer mehr exotische Tiere in Düdelingen abgegeben, darunter auch zahlreiche Sittiche, Papageien und andere Vögel Foto: Laura Tomassini

„Viele haben sich während der Pandemie ein Haustier angeschafft, weil sie viel Zeit hatten und zu Hause waren. Landet das Tier aber irgendwann bei uns, bedeutet dies, dass sich seine Besitzer nicht bewusst waren, wie viel Zeitaufwand, Kosten und besondere Anforderungen vor allem exotische Tiere mit sich bringen“, so Posteau. Spezielle Wärmelampen, die Haltung im Doppelpack, große Volieren anstatt kleiner Käfige: Wer sich ein nicht-heimisches Tier anschafft, sollte sich den Kauf oder die Adoption gut überlegen, sonst endet der „Spaß“ für die tierischen Familienmitglieder möglicherweise in der Pflegestation. Vor allem Vögel werden oft abgegeben, da sie laut sind und Platz brauchen – oder eben wegfliegen, so wie Pinky.

Wer ein exotisches Tier findet, sollte versuchen, dieses mit Futter anzulocken und idealerweise in einem geschlossenen Raum mit einem Keschernetz einzufangen. Draußen ist dies quasi unmöglich, doch ohne menschliche Vorsorge können aufgrund der hiesigen Temperaturen nur die wenigsten Exoten in freier Wildbahn überleben. Zuerst empfiehlt Posteau, in der direkten Nachbarschaft nach den Besitzern des Tieres zu suchen und sowohl der Gemeinde über den Fund zu informieren, als auch in den sozialen Netzwerken dazu zu posten. „Dies funktioniert vor allem dann gut, wenn die Besitzer aktiv nach ihrem Tier suchen“, so die gelernte Tierpflegerin. Kann über diesen Weg keine Familie ausgemacht werden, soll man sich bei der Pflegestation melden, die das Tier dann entweder selbst aufnimmt, oder aber an eine zuständige Stelle vermittelt.

Keine richtige Anlaufstelle

Lucie Posteau und ihr Team kümmern sich mit viel Liebe um gefundene Haustiere, eigentlich ist die Pflegestation aber nicht für diese gedacht
Lucie Posteau und ihr Team kümmern sich mit viel Liebe um gefundene Haustiere, eigentlich ist die Pflegestation aber nicht für diese gedacht Foto: Laura Tomassini

„Wir behalten gefundene Haustiere insgesamt vier Wochen lang, danach werden sie zur Adoption freigegeben oder wir suchen für sie einen geeigneten Tierpark“, erklärt Posteau. Je nach Tierart gestaltet sich die Suche nach neuen Besitzern allerdings schwierig: Für Kaninchen gibt es derzeit kaum Nachfrage, Reptilien wie Schildkröten bleiben häufig mehrere Jahre in Düdelingen, da es an anderen Auffangstationen in Luxemburg fehlt. „Bei manchen exotischen Vögeln kommt die Schwierigkeit hinzu, dass wir ja keine Papiere zu ihnen haben, und wenn sie unter CITES (dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen, das den internationalen Handel reguliert) stehen, dauert es oft Monate, bis wir alle Genehmigungen und Dokumente neu erhalten“, so die Zuständige.

Immer wieder erhält die Pflegestation auch ganz besondere Exoten, so etwa einen Serval, also eine afrikanische Raubkatze, die nach ihrer Beschlagnahmung erst in Düdelingen, dann in einem Tierpark in Frankreich ein neues Zuhause finden konnte, oder aber eine giftige Viper, die in einer Klärgrube gefunden und anschließend via die Pflegestation an einen spezialisierten Tierarzt aus Belgien übermittelt werden konnte. „Momentan ist es aber etwas ruhiger, was solche ,komischen‘ Tierarten angeht“, sagt Posteau. Die Pflegestation sei kein Tierheim und auch kein Aufnahmezentrum für Exoten, man tue jedoch, was man könne, um diesen ein neues Zuhause zu finden, denn der Stopp in Düdelingen ist nur temporär.

Pinky hatte nochmal Glück im Unglück und konnte wieder mit seiner Familie sowie seinen Geschwistervögeln vereint werden. Für Lara eine wahre Erleichterung, denn „wir hatten nicht mehr daran geglaubt, ihn noch wiederzufinden“. Eine intensive Suche, eine gut vernetzte Pflegestelle sowie die Hilfe der Gemeinschaft machten es entgegen aller Chancen dennoch möglich.

Reptilien sind besonders schwer zu vermitteln, so dass die ein oder andere Schildkröte schon seit Jahren in der Pflegestation für Wildtiere auf neue Besitzer wartet
Reptilien sind besonders schwer zu vermitteln, so dass die ein oder andere Schildkröte schon seit Jahren in der Pflegestation für Wildtiere auf neue Besitzer wartet Foto: Laura Tomassini