„Die alten Bauwerke haben im Laufe der Jahrhunderte eine bemerkenswerte Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit gezeigt, aber heute sind sie in schlechtem Zustand“, sagt der Chefarchitekt für historische Baudenkmäler, Etienne Barthélémy, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.
Da ist etwa das Schloss Chenonceau, das auf einer mehrbogigen Brücke über den Fluss Cher gebaut ist, einem Nebenfluss der Loire. Während des Zweiten Weltkriegs verlief die Grenze zwischen Vichy-Frankreich und der freien Zone in der Flussmitte und dadurch auch mitten durch das Schloss – sodass es häufig als Fluchtweg benutzt wurde.
Wegen seines ungewöhnlichen Standortes über dem Fluss gilt es als besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels. So ist der Wasserstand des Cher-Flusses in den vergangenen Jahren durch anhaltende Trockenperioden immer wieder stark gesunken.
„Wenn die Holzpfähle, die für die Fundamente verwendet wurden, abwechselnd an der Luft und im Wasser stehen, dann drohen diese schneller zu verrotten“, erklärt Barthélémy und verweist auf das besonders niederschlagsarme Jahr 2022.
Aber auch heftige Regenfälle wie im vergangenen Winter machen dem Gemäuer zu schaffen, da das Flusswasser allmählich die Mauern auswäscht. „Der Wasserdruck auf die Pfeiler erhöht sich und diese werden zudem durch mitgeschwemmte Baumstämme beschädigt“, fügt er hinzu. Die Kosten für die nötigen Restaurierungsarbeiten für Chenonceau würden auf zehn Millionen Euro geschätzt, sagt Barthélémy.
Invasive Algen
Das Renaissance-Schloss Azay-le-Rideau, das zu den bekanntesten in der Region zählt, wurde seinerseits auf einer künstlichen Insel aus Eichenpfählen im Fluss Indre angelegt. Auch dort bereiten zunehmende Hitzeperioden und der sinkende Wasserstand Sorgen, da sie die Ausbreitung invasiver Algen befördern. Früher mussten die Gärtner einmal im Monat das Wasser säubern, inzwischen ist es zur wöchentlichen Aufgabe geworden.
„Um ein historisches Denkmal wie dieses zu erhalten, müssen wir ständig nach neuen Lösungen suchen“, sagt der Schloss-Verwalter Benoit Grécourt.
Auch bei der Gartenpflege sei Erfindergeist nötig. „Im Schlosspark, der im 19. Jahrhundert gestaltet wurde, stehen viele Pflanzen und Bäume, die mit den Klimaveränderungen nur schlecht zurechtkommen“, sagt Grécourt. Nun bemühten sich die Gärtner, manche Pflanzen gegen widerstandsfähigere Arten auszutauschen, ohne dabei den Charakter der Gartenanlage zu verändern. Bei den neuen Pflanzen werde vor allem darauf geachtet, dass sie mit weniger Wasser auskämen.
Schlossmauer drohte einzubrechen
Im Ort Amboise, wo der italienische Künstler Leonardo da Vinci seinen Lebensabend verbrachte, mussten Anfang des Jahres zahlreiche Wohnhäuser evakuiert werden. Eine Mauer des berühmten Schlosses drohte nach heftigen Regenfällen einzubrechen.
Etwa 50 Einwohner mussten anderswo untergebracht werden. Sie konnten erst im Juni in ihre Häuser zurückkehren. Die Befestigungsarbeiten kosteten etwa 2,5 Millionen Euro.
Der Chefarchitekt für historische Baudenkmäler will trotz allem „Alarmismus vermeiden“. Er fordert ein landesweites Projekt, bei dem Experten, Politiker und Mäzene zusammenkommen und gemeinsam Lösungen entwickeln. So könnte die französische Fluss- und Schlösserlandschaft trotz des Klimawandels für die nächsten Generationen erhalten bleiben. (AFP)

De Maart
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