Freitag7. November 2025

Demaart De Maart

ForumWie China den Wettlauf um saubere Energie gewonnen hat

Forum / Wie China den Wettlauf um saubere Energie gewonnen hat
 Foto: dpa/Jens Büttner

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

In den nächsten Wochen könnte der US-Kongress den Vorsprung Chinas im Wettlauf um saubere Energien zementieren, indem er das „große, schöne Gesetz“ der Republikanischen Partei verabschiedet, das unter anderem die Abschaffung von Steueranreizen für saubere Energien aus dem Inflation Reduction Act vorsieht. Dies hätte den Rückzug der USA aus erneuerbaren Energien wie Solar, Wind und Wasserstoff sowie aus Elektrofahrzeugen und der erforderlichen Ladeinfrastruktur zur Folge und würde die Bemühungen des Landes, Chinas Vorherrschaft im Bereich der grünen Industrie herauszufordern, in fataler Weise untergraben.

Die Zahlen sind erschütternd. Weltweit entfallen 65 Prozent der Produktionskapazitäten für Windturbinen und mehr als 80 Prozent für Solarpaneele auf China, das auch die Produktion von Energiespeichersystemen und Elektrofahrzeugen dominiert. Auch den Abbau und die Veredelung der für diese grünen Produkte benötigten Mineralien kontrolliert China weitgehend, und es verarbeitet etwa 90 Prozent der seltenen Erden und 60 bis 70 Prozent von Kobalts und Lithiums.

Während sich die Öl- und Gasproduktion auf viele Länder verteilt, ist China im Bereich der sauberen Energie zum unangefochtenen Weltmarktführer geworden – und zwar nicht nur bei einer Technologie oder in einem Marktsegment, sondern in nahezu dem gesamten Portfolio. Der chinesische Industrieapparat spielt somit eine unverzichtbare Rolle bei der globalen Energiewende. Chinas massiver Einsatz erneuerbarer Energien im eigenen Land – es hat Solarkapazitäten von mehr als 800 Gigawatt installiert und ist weltweit führend im Ausbau von Onshore- und Offshore-Windkraftanlagen – hat die Kosten für grüne Technologien drastisch gesenkt. Und seine Exportkapazitäten haben den Zugang zu diesen Produkten vor allem im globalen Süden erleichtert und ihre Erschwinglichkeit erhöht.

Keine Reaktion auf den Klimawandel

China hat diese Agenda nicht als Reaktion auf den Klimawandel verfolgt, sondern aufgrund seiner eigenen Energieunsicherheit. Im Jahr 2009 erkannte die chinesische Regierung die Anfälligkeit, die sich aus ihrer Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen und vom Ausland kontrollierten Energiemärkten ergab, und beschloss eine langfristige Industriestrategie, um zur globalen Supermacht im Bereich sauberer Technologien zu werden.

Damals waren Deutschland und Japan weltweit führend in der Solarindustrie. Doch durch staatliche Subventionen, regulatorische Koordinierung und strategische Planung hat China sich diese bestehenden Technologien angeeignet, sie kopiert und großmaßstäblich umgesetzt und zugleich neue Technologien entwickelt – insbesondere für Batterien. Heute ist der chinesische Clean-Tech-Sektor der wettbewerbsfähigste des Landes und erwirtschaftet 10 Prozent vom BIP.

Chinas Vormachtstellung beruht auf einem stark integrierten, hochgradig koordinierten Produktionsökosystem. Viele wichtige Vorprodukte für Solarmodule, Batterien und Elektrofahrzeuge sind in einem Umkreis von drei bis vier Stunden angesiedelt, was eine schnelle Produktion, strenge Qualitätskontrollen und unübertroffene Kosteneffizienz ermöglicht. Diese geografische Dichte führt zu billigeren Produkten, ermöglicht es aber auch, schneller zu sein als die Konkurrenz. Die Optimierung der Lieferkette war kein Zufall, sondern eine bewusste politische Entscheidung, die eine regionale Koordinierung und Milliarden von Renminbi an Infrastrukturinvestitionen erforderte.

Die staatliche Unterstützung ging dabei weit über bloße Subventionen hinaus. Im Rahmen seiner breit angelegten Wirtschaftsstrategie hat China Kapital in die Forschung und Entwicklung an Universitäten, in Technologieparks und Fertigungszonen gesteckt, um Innovationen zu fördern und schneller als jedes andere Land Kostenparität zu erreichen. Der Staat suchte sich dabei die Gewinner nicht aus – er baute sie auf und forcierte anschließend seine Bemühungen, wenn das Modell funktionierte.

Pragmatismus geht oft vor Geopolitik

Im Jahr 2021 erklärte der chinesische Präsident Xi Jinping vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen, dass China seine Unterstützung anderer Entwicklungsländer beim Ausbau grüner und kohlenstoffarmer Energien ausweiten werde. Bisher hat das Land seine Zusage erfüllt: Im vergangenen Jahr ging fast die Hälfte der chinesischen Solar-, Wind- und Elektrofahrzeug-Exporte in den globalen Süden, wo die Energienachfrage in die Höhe schießt und Kapital knapp ist.

Chinas Vorstoß bei den erneuerbaren Energien war ein Segen für diese wachstumsstarken und energiearmen Schwellenländer. Statt auf fragmentierte Hilfe oder teure westliche Lösungen zu warten, sehen viele Regierungen Chinas schlüsselfertige Projekte für saubere Energie als einzige Option an; wenn man die Wahl hat zwischen gar keinem Netz und einem chinesischen Netz, geht Pragmatismus oft vor Geopolitik. Kein anderer Exporteur kann mit Chinas koordinierter Bündelung mithalten, denn nur wenige verfügen über die industrielle Tiefe und das geduldige Kapital, um komplette Systeme zu finanzieren.

Infolgedessen verwenden fast alle Solaranlagen in Ghana chinesische Produkte. In Indonesien und Kenia helfen chinesische Firmen bei der Modernisierung der Stromnetze und der Elektrifizierung ländlicher Regionen. Überall in Afrika entwickeln sich in China gebaute Elektroautos – die weniger als 15.000 Dollar kosten – schnell zum Erstfahrzeug vieler Menschen. Und dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Preisniveau und Produktionsumfang von BYD, Chinas führendem Hersteller von Elektrofahrzeugen, revolutionieren den globalen Automobilmarkt und haben das Land zum weltführenden Autoexporteur gemacht. Es wird erwartet, dass chinesische Autohersteller bis 2030 insgesamt 39 Prozent des Marktes in Afrika und dem Nahen Osten erobern werden.

Der abrupte politische Kurswechsel der US-Regierung – vom Eifer der einen Regierung für die Förderung saubere Energien zu Geringschätzung dafür durch die nächste – hat die Chance der USA zunichtegemacht, weltführend im Bereich der kohlenstoffarmen Energien zu werden – von ihrem langjährigen Innovationsvorsprung ganz zu schweigen. China sitzt dank seiner jahrzehntelangen Anstrengungen zum Aufbau seiner Clean-Tech-Industrie, zur Beherrschung der Lieferketten und zum Export kostengünstiger Elektrifizierungsmittel in die ganze Welt nun fest am Steuer.

* Aus dem Englischen von Jan Doolan.

Carolyn Kissane ist stellvertretende Dekanin und Professorin für praxisorientierte Lehre am Center for Global Affairs der School of Professional Studies der New York University und Gründungsdirektorin des NYU Energy, Climate and Sustainability Lab.

Copyright: Project Syndicate, 2025.

www.project-syndicate.org

Grober J-P.
6. Juni 2025 - 9.43

Und ein Tramp wie Trump sieht das nicht ein. Eher MASA als MAGA.
Machen die noch Solarmodule in Hollerich? Man hört kaum was!