WettbewerbWie attraktiv ist der Standort Luxemburg? Blick auf die ausländischen Direktinvestitionen

Wettbewerb / Wie attraktiv ist der Standort Luxemburg? Blick auf die ausländischen Direktinvestitionen
Luxemburg ist, laut Studie von EY, sehr attraktiv für ausländische Direktinvestitionen. Das Land müsse jedoch aufpassen, seine Wettbewerbsvorteile zu halten, so die Autoren. Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Der Standort Luxemburg ist attraktiv und gut positioniert. Das geht aus einer Analyse der ausländischen Direktinvestitionen durch EY hervor. Das Land müsse jedoch achtgeben, seine Wettbewerbsvorteile zu erhalten, so die Experten der Beratungsgesellschaft. Auch solle Luxemburg erwägen, sich stärker als „Standort für smarte Fabriken“ zu vermarkten, sagen sie.

Ein Kriterium, das benutzt werden kann, um die wirtschaftliche Attraktivität eines Landes zu beurteilen, ist die Entwicklung der ausländischen Direktinvestitionen (FDI). Je mehr Investitionsprojekte getätigt werden, desto attraktiver der Standort.

Europaweit war 2021 ein gutes Jahr für ausländische Direktinvestitionen. Insgesamt hat die Zahl der FDI-Projekte in den 43 Ländern, die der „EY Attractiveness Survey“ der Beratungsgesellschaft EY untersucht, um gute 5,4 Prozent zugelegt. Dennoch bezeichnen die Autoren die Entwicklung als „schüchtern“. Die Zahl der gezählten ausländischen Direktinvestitionen liegt, mit 5.877 Projekten, deutliche 12 Prozent unter denen vom Rekordjahr 2017. Besonders deutlich, um insgesamt 13 Prozent, war die Zahl der FDI-Projekte im Corona-Jahr 2020 eingebrochen.

Anzahl der FDI-Projekte in Europa (2005-2021)
Anzahl der FDI-Projekte in Europa (2005-2021)

Als FDI-Projekt werden in der Studie Investitionen durch ausländische Investoren gezählt, die entweder ganz neu sind oder eine bestehende Aktivität ausbauen. Auch müssen die Projekte neue Jobs schaffen. Die Modernisierung einer bestehenden Tätigkeit, der Kauf von Unternehmen, die Gründung eines Restaurants, wie auch Geldanlagen in Investmentfonds zählen nicht dazu.

Die drei Spitzenreiter beim Anziehen von ausländischen Investoren waren im Jahr 2021 Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Besonders stark entwickelt hat sich Frankreich. Dies, laut EY, dank der von Emmanuel Macron eingeleiteten Reformen. Ein Anstieg um 24 Prozent auf 1.222 Projekte. Großbritannien, das weiterhin mit den Brexit-Folgen zu kämpfen hat, legte nur um magere 2 Prozent zu. In Deutschland wurde insgesamt ein Rückgang beim FDI verbucht – nicht jedoch im industriellen Bereich.

Wachstum im Bereich Industrie 

Der Standort Luxemburg wurde dieses Jahr erstmals in den „EY Attractiveness Survey“, der seit 20 Jahren für Europa erstellt wird, mit aufgenommen, so Olivier Coekelbergs, Managing Partner von EY in Luxemburg am Dienstag vor Journalisten.

Und das Land hat sich gut entwickelt. Die Zahl der FDI-Investitionen ist im Laufe des Jahres 2021 um starke 39 Prozent, auf 25 Projekte, gestiegen. Bereits im Vorjahr hatte das Großherzogtum einen Anstieg um 28,5 Prozent verbucht. Angetrieben wurde der Zuwachs, in Europa wie auch in Luxemburg, durch Investitionen in den Bereichen Industrie und „Forschung und Entwicklung“.

Pro Kopf berechnet sei Luxemburg damit Zielland Nummer Eins für FDI-Projekte, hebt Julien Delpy von EY Luxembourg hervor. Dennoch haben nur 43 Prozent der befragten Manager im Umfrage-Teil der Studie angegeben, im kommenden Jahr in Luxemburg investieren zu wollen, hebt er weiter hervor. Damit liege das Land nur an 9. Stelle. Europaweit erreiche die Quote deutlich bessere 53 Prozent.

Luxemburgs Finanzsektor stehe vor einer Reihe Herausforderungen, so Olivier Coekelbergs. Hervorstehen tue dabei das Finden und Halten von Fachkräften. „66 Prozent bezeichnen dies als Schwierigkeit.“ Auch fehle Fachwissen in den Bereichen „Digitales und Nachhaltigkeit“. Es handle sich um eine Herausforderung, die das Land angehen müsse.

„Testgelände für smarte Fabriken“

Daneben gelte es, die Kosten der Regulierung „ausgeglichen“ zu halten und auch Großbritannien im Blick zu halten, so Coekelbergs. „44 Prozent der Befragten wünschen sich niedrigere Steuern“, so Bart Van Droogenbroek. „Immerhin liegen Luxemburgs Firmensteuern über dem OECD-Durchschnitt.“ Nur „sehr niedrige“ 25 Prozent der Befragten hätten ein positives Gefühl, was die aktuelle Besteuerung angehe.
Überraschend sei jedoch, so Droogenbroek weiter. „Es geht den Investoren nicht einfach nur um die Höhe der Steuern.“ Wichtig sei auch der Grad der Digitalisierung. „Sie wollen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.“

Insgesamt solle sich Luxemburg darauf konzentrieren, die bestehende Industrie, wie auch die Logistik, weiter zu fördern und zu entwickeln, so Brice Lecoustey. Luxemburg solle sich als „Testgelände für smarte Fabriken“ positionieren. Man stelle fest, dass derzeit viele Firmen Produktionen nach Europa zurückbringen wollen. Als Folge der Lieferkettenschwierigkeiten durch Krieg und Covid.

„Kleine, digitale und saubere Produktionseinheiten, die gut an Transportwege angeschlossen sind.“ Das sei ein nachhaltiger Trend, und Luxemburg habe da eine Rolle zu spielen. Und „wir glauben, dass Luxemburg für sie sehr gut positioniert ist“, so Lecoustey. Das Lande habe eine gute Basis mit der bestehenden Industrie, eine gute Infrastruktur, und sei auch stark im Bereich der Logistik. Zudem seien hohe Regulierungsstandards in diesem Sektor ein Plus. Und der Bedarf an Land sei nicht so groß.

Luxemburg sei zwar auch gut aufgestellt, um künftig Firmen aus dem Finanzbereich anzuziehen, sagt er weiter. Doch solle man mehr Gewicht auf das Anziehen „smarter Fabriken“ legen. Um das zu erreichen, schlägt er ein neues Landes-Motto („try it out of Luxembourg“, nach „lets make it happen“) vor. „Konkurrierende Standorte gibt es viele. Wir müssen dem Bereich mehr Aufmerksamkeit geben.“

Bart Van Droogenbroek, Brice Lecoustey, Olivier Coekelbergs und Julien Delpy (v.l.n.r.)
Bart Van Droogenbroek, Brice Lecoustey, Olivier Coekelbergs und Julien Delpy (v.l.n.r.) Foto: Editpress/Hervé Montaigu
Gast
29. Juni 2022 - 16.02

Attraktiv für reiche Bonzen,
aber für Normalverdiener wird's
sehr eng,Dubai lässt grüssen.