Dienstag4. November 2025

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KommentarWiderstand und Einheit – Die Massenproteste in der Türkei als Vorbild

Kommentar / Widerstand und Einheit – Die Massenproteste in der Türkei als Vorbild
Dilek Kaya Imamoglu, die Frau des inhaftierten Bürgermeisters, bei einer Kundgebung der CHP am 29. März Foto: Kemal Aslan/AFP

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Tausende und Abertausende von Menschen haben sich in den vergangenen Wochen jeden Abend vor dem Istanbuler Rathaus versammelt. Sie protestieren gegen die Inhaftierung und Absetzung von Bürgermeister Ekrem Imamoglu. Ihre Wut und Empörung sind groß, doch ihr Protest hat bislang nichts geändert: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will seinen mit Abstand größten Widersacher, der bei den Präsidentschaftswahlen 2028 gegen ihn antreten will und seinen Plänen für eine weitere Amtszeit im Weg steht, kaltstellen. Damit regierungstreue Richter und Staatsanwälte Imamoglu wegsperren konnten, musste der Staatschef zu absurden Vorwürfen greifen. Ihm werden Korruption und Terrorunterstützung vorgeworfen.

Trotz der massiven Repression und vieler Festnahmen reißen die Proteste nicht ab. Sie sind eine Machtdemonstration der türkischen Zivilgesellschaft. Für Imamoglus Partei, die kemalistische, sozialdemokratisch orientierte Cumhuriyet Halk Partisi, sind die Kundgebungen ein großer Erfolg. Die Opposition rief für vergangenen Mittwoch zu einem Einkaufsboykott auf. Danach appellierte die CHP an alle Demokraten, zumindest bei regierungsnahen Unternehmen nicht mehr zu kaufen. Die Regierung empört sich darüber und spricht von einem Schlag gegen die Wirtschaft. Der Boykott könnte die Protestbewegung spalten. Und nichts wäre für diese schädlicher als das Ende der Einheit. Es ist eine Hauptvoraussetzung für den Widerstand.

Was auch für die Opposition in den USA gegen Donald Trump gilt. In den vergangenen Wochen haben sich viele Menschen gewundert, dass in den USA kaum jemand gegen Donald Trump sowie gegen die Schließungen von Behörden, radikalen finanziellen Kürzungen und Massenentlassungen aufbegehrt. Dabei trifft dies nicht zu. Etliche Amerikaner boykottieren zum Beispiel McDonald’s, weil der Konzern den Präsidenten unterstützt. Doch in den USA fehlt noch der entscheidende Moment, der genaue Anlass und Auslöser, an dem sich die Empörung und der Protest entzünden, wie im Mai 2020 der Tod von George Floyd, als es zu weltweiten Demonstrationen gegen Polizeigewalt und Rassismus kam. Dieses Mal wäre ein Imamoglu-Moment vonnöten. Jedenfalls kann und darf Europa dazu nicht schweigen. Obwohl und gerade weil die Türkei auch in Zukunft ein wichtiger Partner im Konzert der Mächte sein wird.

Reinertz Barriera Manfred
17. April 2025 - 9.48

Der Diktator Erdogan macht jedoch weiter...