Alain spannt den BogenWenn Musik atmet: Brentano Quartet mit u.a. Haydn und Luxembourg Philharmonic mit Ligeti und Wagner

Alain spannt den Bogen / Wenn Musik atmet: Brentano Quartet mit u.a. Haydn und Luxembourg Philharmonic mit Ligeti und Wagner
Als Solistin debütierte die schwedische Wagner-Sängerin Elisabet Strid in der Luxemburger Philharmonie und erntete begeisterten Applaus Foto: Philharmonie/Alfonso Salgueiro

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Konzerte können zu einem besonderen Genuss werden, wenn es den Interpreten gelingt, einen gemeinsamen Atem und auch einen gemeinsamen Puls zu finden. Denn so erlebt das Publikum eine organisch wachsende, in sich geschlossene und somit sehr natürlich wirkende Interpretation. Das konnte man bei unseren zwei Konzerten sowohl im Kleinen mit dem Brentano Quartet als auch im Großen mit dem vollbesetzten Luxembourg Philharmonic feststellen.

An einem hochkarätigen Streichquartett-Erlebnis konnte das Publikum am 24. Januar teilnehmen. Zu Gast im Kammermusiksaal war das amerikanische Brentano Quartet, das zwar in unseren Breiten nicht so bekannt ist, sich aber als exzellentes Ensemble behauptete. Vor allem die beiden kurzen und traurigen Stücke des schottischen Komponisten James MacMillan (*1959), „Memento“ (1994) und „For Sonny“ (2011), erlebten in der hochkonzentrierten Interpretation des Quartetts eine intensive Ausleuchtung. Beide Werke wurden zum Andenken von Verstorbenen geschrieben und sind kleine musikalische Werke mit einfachen Harmonien und einer zarten, vorsichtigen Melodik.

Starke expressive Momente

Davor stand das Streichquartett C-Dur „Der Vogel“ op. 33 Hob.III:39 von Joseph Haydn auf dem Programm, ein eher seltenes, aber durchaus attraktives Quartett, dessen pastorale Stimmung für sich einnimmt und besonders im Adagio höchste Ausdrucksstärke erfährt. Allerdings lassen es die vier Musiker im Kopfsatz und auch im Finale an dem nötigen Schmiss und Augenzwinkern vermissen. Dafür bleibt die Ausführung durch das Brentano Quartet aber spieltechnisch sehr ausgewogen, wenngleich dieser Haydn auch kaum überschwängliche Begeisterung auslöste.

Das tat aber dann nach der Pause das Streichquartett Nr. 13 B-Dur op. 130 von Ludwig van Beethoven, das dem Brentano Quartet hörbar besser lag. Die Akzente waren klar, die Linienführung stringent und die Spielfreude war in jedem Moment hörbar. Vielleicht fehlt ein bisschen die Kommunikation zwischen den Musikern, was vermuten ließ, dass diese Interpretation bis ins kleinste Detail vorbereitet war und auf der Bühne somit keine Möglichkeit mehr für improvisierte und lebendige Dialoge bot. Trotzdem stimmte die musikalische Leistung, die vor allem durch einen gemeinsamen und sehr natürlichen Atem geprägt war und dem Beethoven-Quartett somit eine natürliche Einheit verlieh. Auch hier gelang den vier Musikern der langsame Satz am besten. Höchste Expressivität, wie auch schon im Haydn-Adagio oder bei den beiden Werken von MacMillan, zeichnete das Spiel des Brentano Quartet aus, während die anderen Sätze jeder für sich seine eigene Stimmung und Farbpalette besaßen. Der Jubel des Publikums war groß, sodass sich die Musiker mit einer wundervoll gespielten Fantasie als Zugabe von Henry Purcell bedankten.

Grandiose Gesamtleistung

Zwei Tage später glänzte dann das Luxembourg Philharmonic mit einem Ligeti-Wagner-Programm, und dies auf einem beachtlichen spielerischen Niveau. Ich glaube, ich habe den Dirigenten Gustavo Gimeno noch nie so strahlend und glücklich nach einem Konzert gesehen wie an diesem Abend. Dass jeweils zwei Ligeti-Werke und zwei Wagner-Vorspiele nahtlos und ohne Pause nacheinander gespielt wurden, war eine hervorragende und auch schlüssige Idee, die zeigte, wie nahe sich doch beide Komponisten in ihrer Tonsprache standen und wie hervorragend sich ihre Musik ergänzt, obwohl zwischen „Atmosphères pour orchestre“ (1961) und dem „Lohengrin“-Vorspiel zum 1. Akt sowie zwischen „Lontana pour grand orchestre“ (1967) und dem „Parsifal“Vorspiel jeweils fast 120 Jahre liegen. Gimeno dirigierte dann auch mit langsamem Puls; die beiden Ligeti-Werke gaben jeweils das Tempo und die Klangfarbe an. Hier leisteten Gimeno und das Luxemburg Philharmonic eine erstaunlich präzise Arbeit, deren Resultat durch das offene, räumliche und sehr transparente Orchesterspiel hervorragend zur Geltung kam.

Solch ein offenes Klangbild, das zudem Raum zum Atmen gab, bewährte sich dann auch bei den beiden Vorspielen, deren schwebende, nie zu fassende Melodik den großen Saal der Philharmonie wie ein Traumgebilde ausfüllte. Gimeno beeindruckte mit sehr langsamen Tempi, die vom Orchester voll ausgekostet wurden und in einem wunderschönen Orchesterspiel mündeten. Im ersten Konzertteil folgten dann das Vorspiel und der Liebestod aus „Tristan und Isolde“, die sich tempo- und stimmungsmäßig ganz natürlich aus „Lontano“ und „Lohengrin“ herausentwickelten. Als Solistin debütierte die schwedische Wagner-Sängerin Elisabet Strid in der Luxemburger Philharmonie und erntete für ihren textverständlichen und in jedem Moment voll ausgesungenen Liebestod spontan begeisterten Applaus. Das angenehme Timbre, die gut fokussierte Stimme und der sehr natürliche Vortrag von Elisabet Strid ließen dann auch den Schlussgesang der Brünnhilde aus der „Götterdämmerung“ zu einem wirklichen Erlebnis werden.

Das Luxembourg Philharmonic begeisterte auf der einen Seite durch ein sehr feines, sensibles Spiel, während es auf der anderen mit mächtigem Klang und einem exzellenten Blechbläserapparat zu beeindrucken wusste. Gimeno atmete mit dem Orchester und mit der Solistin, sodass Elisabet Strid auch hier auf Händen getragen wurde. Fast entspannt sang sie diesen riesigen Schlussmonolog und der Klang des Orchesters vermischte sich einfach fantastisch mit der Stimme dieser herausragenden Sopranistin, die sich sowohl durch ihre stimmliche Kraft als auch ihren präzisen organischen Gesang sowie intelligente Textbehandlung und Phrasierung als eine Wagner-Interpretin allererster Güte empfahl.