Freitag7. November 2025

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„Ganz Esch und Umgebung war dort“Wenn der Musikverein eine Kultdisco in Ehleringen wieder aufleben lässt

„Ganz Esch und Umgebung war dort“ / Wenn der Musikverein eine Kultdisco in Ehleringen wieder aufleben lässt
Die Revival-Partys sind gut besucht Foto: Harmonie Ehlerange

Für eine Nacht kehrt das legendäre „Lord’s Inn“ zurück und lässt im Ehleringer Kulturschapp die 80er- und 90er-Jahre wieder aufleben.

Kaum ein anderer Ort prägte das Nachtleben im Süden so wie das Lord’s Inn. Seit 2019 erweckt der Musikverein „Harmonie Eilereng“ den Geist der Escher Kultdisco einmal im Jahr zu neuem Leben. Im Originallokal in der rue de l’Alzette ist das leider nicht möglich, stattdessen verwandeln die Musiker den Kulturschapp in Ehleringen so originalgetreu wie möglich in das Esch der 80er- und 90er-Jahre.

„Wir haben sogar die Theke so gut wie möglich nachgebaut“, erzählt Vereinspräsident Jean-Jacques Rieff über Telefon. „Und es gibt noch einen zweiten Verkaufstresen, den wir nach dem ‚Café Sprint‘ genannt haben.“ Das habe damals gleich gegenüber der Kultdisco gelegen, aber die billigeren Getränkepreise gehabt. „Sodass viele der Gäste ständig zwischen den Lokalen hin und her wechselten.“ Auf die Gäste wartet ein echter Nostalgie-Tanzabend – fast wie damals. Dafür wird DJ Raymond Delavega, einer der originalen DJs des Lord’s Inn, sorgen. Das Event sei aber nicht nur etwas für diejenigen, die selbst in ihren jüngeren Jahren die Tanzfläche in der Escher Disco unsicher gemacht haben, sondern auch für Jüngere, die Spaß an der Musik von damals haben, betont Rieff.

Die Idee zum Revival sei im Austausch mit Freunden aus dem Verein entstanden. „Viele von uns, auch ich, sind da früher selbst hin“, erzählt Rieff. Der Erlös des Abends würde den Finanzen des Clubs zugutekommen. Etwa 20 bis 30 Vereinsmitglieder werden am Abend im Einsatz sein, um das Event zu stemmen. Dabei ist der November in diesem Jahr für die Harmonie ziemlich stressig. „Wir feiern unser 40-jähriges Bestehen und geben am 30. November ein Konzert in der Philharmonie. Da sind wir intensiv am Proben.“ Zeit zum Feiern findet man in Ehleringen trotzdem.


Irène, 66 Jahre

„Wenn die anderen Gasthäuser schlossen, fuhren wir nach Esch ins Lord’s Inn“, erinnert sich Irène zurück an die 1980er Jahre. „Da kannte man jeden, ganz Esch und Umgebung war dort zu Gast.“ Die 66-jährige Escherin erzählt von langen Nächten und mühsamen frühen Morgenstunden bei der Arbeit am Tag danach. „Es war Tradition, nach Feierabend bei Ria in Ehleringen mit der ganzen Truppe nach Esch zu fahren und ins Lord’s Inn tanzen zu gehen – manchmal bis in die frühen Morgenstunden.“ Auch unter der Woche sei hier gefeiert worden.

Von Queen über Roxette bis zu 80er-Disco und frühem Techno: für jeden war etwas dabei. „Wir tanzten etwa zu ‚Fireball‘ von Deep Purple, wir hatten immer Spaß“, so Irène. „Aber auch die Slows hatten großen Erfolg.“ Es sei eine Begegnungsstätte gewesen, wo man hinging, wenn man noch nicht genug hatte. „Es gab die Lokale ‚op der Grenz‘ wie das Standing, Bernardi oder Viola, dort gingen wir aber nie hin“, sagt Irène. „Im Pitcher waren immer viele Studenten … – da wir alle bereits berufstätig und Ende 20 waren, sagte uns das nicht zu.“


Pim Knaff, 60 Jahre

Auf die Frage, ob er früher im Lord’s Inn ausgegangen sei, antwortet der Escher Schöffe Pim Knaff (DP) mit „oh ja, oft“. Allerdings erst gegen Ende der Ära der Kultdisco. „Gegenüber war das Café Sprint – da haben wir uns aufgewärmt, bevor es ins Lord’s Inn ging“, so Knaff. „Das Lokal war eine Institution.“ Es sei eine große Gemeinschaft gewesen, die sich regelmäßig dort getroffen hat, auch die Fußballvereine haben laut Knaff zusammen gefeiert. „Sowohl das Lokal als auch die Tanzpiste waren klein, die Theke war verhältnismäßig groß“, erklärt Knaff. „Außerdem war es immer sehr kompetent geführt, auch als es später unter dem Namen ‚Glamour‘ und mit neuen Besitzern weiterlief.“

Die Stadt Esch habe es Knaff zufolge damals „leider verpasst, auf den Zug der freien Nächte aufzusteigen“. Als die Diskotheken in Luxemburg-Stadt plötzlich bis morgens sechs Uhr geöffnet hatten, seien Feierlustige sofort in die Hauptstadt gefahren – die Lokale in Esch blieben leer. „Es ist schade, dass es diese ‚Soirée-Kultur‘ in Esch nicht mehr gibt“, sagt Knaff.


Ginette, 61 Jahre

Auch Ginette erinnert sich gerne an die Zeit im Lord’s Inn zurück: „Ich verbrachte meine ganze Jugend in diesem Lokal – fast an jedem Wochenende traf man mich dort.“ Mit zarten 16 fing Ginette an, in die Diskothek zu gehen. „Mein Bruder war ein Jahr älter als ich, er nahm mich mit.“ Im Lord’s Inn sei man ganz Esch begegnet, Freunden aus der Schule und später den Arbeitskollegen. „An der Seite gab es ein Fenster“, erinnert sich Ginette. „Da wir mit 16 eigentlich noch zu jung waren, um in die Disco zu gehen, sind wir bei Polizeikontrollen einfach aus dem Fenster gestiegen.“ Jemand habe dann laut „d’Flicken“ gerufen und kurz danach waren alle Minderjährigen verschwunden.

„Samstagsabend war im Lord’s Inn ‚Ladies’ Night’, dann bekam man Getränke umsonst. Die Cocktails schmeckten immer gut“, sagt Ginette. „Es war wie ein zweites Zuhause.“ Der DJ habe in einer kleinen Ecke gestanden und es habe kleine Nischen zum Sitzen gegeben. „Wenn die Slows gespielt wurden, warteten wir darauf, dass uns ein Junge zum Tanzen aufforderte – wir sprachen sie aber auch selbst an.“ Das sogenannte Rausschmeißer-Lied sei immer „My Way“ von Frank Sinatra gewesen.