Wenn der F91 seine Koffer packt, hat Marco Rausch alles im Blick

Wenn der F91 seine Koffer packt, hat Marco Rausch alles im Blick

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Einiges, was bei den Europa-League-Gegnern des F91 Düdelingen zum täglichen Business zählt, war vor der Gruppenphase absolutes Neuland für die Betreuer des Luxemburger Meisters. Vor dem dritten Auswärtsspiel gewährte der Klub dem Tageblatt einen Blick hinter die Kulissen der Räume des Stade Aloyse Meyer
und erfuhr, was in die Mailand-Koffer kommt. Experte für Trikots und fein sortierte Kleiderbügel ist Marco Rausch.

Fotos: Isabella Finzi

Montagnachmittag, 17 Uhr: Im Konferenzraum des Stade Aloyse Meyer liegen mehr als ein Dutzend blaue Trikots ausgebreitet auf dem großen Tisch. Logischerweise schweift der Blick sofort auf die sorgfältig gefalteten Shirts. Aus der Ecke schallt es: „Das ist die Ausstattung der zweiten Mannschaft.“ Wie Marco Rausch später erklärt, wird die Ausstattung für das Mailand-Spiel erst am darauffolgenden Tag vorliegen. Der Betreuer des F91 sitzt gemütlich am Bürotisch, versteckt hinter einem F91-Wimpel. Drei Stunden verbringt er täglich auf dem Trainingsgelände. Kein Mann des Rampenlichts, aber höchst effektiv: Er ist für das Kofferpacken vor den Spielen zuständig.

Dino Toppmöller sei in seinen Anforderungen total unkompliziert, erklärt er. „Wir wissen, was zu tun ist. Wenn er einen Extrawunsch hat, gibt er uns Bescheid.“ Über die Jahre hat sich eine Routine eingestellt, Check-Listen und Hektik sind überflüssig geworden, erklären die Kollegen. Gestresste Kontrollen der zwei Taschen vor dem Abflug? Fehlanzeige. „Ich mache das jetzt seit 15 Jahren, als Stress kann man das nicht mehr bezeichnen.“

Kleiderbügel, Hütchen, Aufwärmleibchen, ein paar Jogginganzüge und Jacken – das ist alles, was neben den Trikots in die beiden zusätzlichen F91-Koffer gehört. Zu den etwa 40 Kilogramm Kleidungsstücken und dem bisschen Trainingsmaterial kommen noch das Material des medizinischen Stabs und die Fanartikel hinzu, die man in Mailand unter das Volk bringen will. Alles andere stellt der Gegner zur Verfügung: Wasser, Tee, Obst und Kuchen stehen in den Umkleideräumen parat. Die Spieler sind für ihre Schuhe, Duschutensilien, Unterwäsche und ihre Trainingsausstattung zuständig. Neben dem Koffer haben alle ihren Vereinsrucksack als Handgepäck dabei.

Schiefgelaufen sei bei den zahlreichen Reisen fast nie etwas. Bis auf die Tasche von Clément Couturier, die während der Qualifikationsphase erst mit Verspätung eintraf, verlief alles glatt – auch dank der routinierten Handgriffe Rauschs. Nur bei den Temperaturen, die in Mailand auf ihn warten, verschätzte er sich: „Da herrschen doch 20 Grad!“ Nicht ganz. Zum Glück hatte er bereits vorgesorgt und einige Jacken eingepackt. Nach 15 Jahren kann einen nicht mehr viel überraschen.

UEFA definiert den Look

Zwei Sätze Trikots (36 Stück) wurden gestern in die Reisetaschen gepackt. Dabei handelt es sich um die hellblauen Shirts, die mit schwarzen Shorts und Socken kombiniert werden. Die Entscheidung, welche Farben beide Mannschaften, Torhüter und Schiedsrichter beim jeweiligen Spiel tragen, liegt bei der UEFA. Rund eine Woche vor dem Spiel verschickt der europäische Verband eine Mail. „Sobald wir wissen, in welchen Farben wir spielen, geben wir die Bestellung bei unserem Ausstatter auf. Es bringt ja nichts, Unmengen an Trikots zu bestellen, die wir am Ende nicht brauchen“, erklärte der technische Sekretär Romain Biver. Gestern wurde die Ausstattung auf den letzten Drücker geliefert und gleich in den beiden Reisetaschen verstaut.

„Vier Massagebänke sind wohl die Norm“

Große Klubs, kleine Extrawünsche: Wie die Düdelinger Verantwortlichen erklärten, haben die Profis aus dem Ausland nur ganz wenige Ansprüche gestellt. Beim Anblick der Kabinen des Stade Josy Barthel wäre allerdings so manch ungläubiger Blick getauscht worden. Lediglich vier Massagebänke seien jedes Mal angefordert worden und auch auf den Auswärtsreisen vorzufinden gewesen. „Das scheint wohl die Norm zu sein“, meinte Biever achselzuckend. Der F91 reist mit seinem Mannschaftsarzt Dr. Frank Kramer und den beiden Physiotherapeuten David Miranda und Michael Schweitzer an, die logofreie Taschen von der UEFA zur Verfügung gestellt bekamen.

„Das wird schon“

Bei so viel Aufregung rund um die Europa League liegen auch schon mal bei den freiwilligen Helfern die Nerven blank. Betreuer Raffael Sebastiani war in diesem Sommer in Warschau zum ersten Mal mit dem F91 auf Auswärtsreise – und relativ sprachlos beim Anblick des riesigen Stadions und der professionellen Umgebung. Zum Glück haben einige F91-Akteure bereits jede Menge Erfahrung aus früheren Profizeiten gesammelt. So musste Außenverteidiger Aniss El Hriti mit beruhigenden Worten für etwas Entspannung beim Ballträger sorgen: „Ich erinnere mich noch, dass er mir mehrmals ‚ça va aller‘ zugerufen hat.“

Keine Sauce im Flugzeug

Seit der Auswärtsreise nach Cluj setzt der F91 auf seinen Koch: Enrico Scucchia. Auch diesmal fliegt der Mann aus der Küche des „Vinissimo“ mit den Kickern nach Italien – allerdings ohne seine berühmt-berüchtigte Bolognese-Sauce. „Dort fühlt er sich ja heimisch und wird wohl alles finden, was das italienische Herz höherschlagen lässt. An Nudeln wird es nicht mangeln“, schmunzelte Betreuer Marco Rausch beim Anblick der drei riesigen Metallkisten, die diesmal im Stade Aloyse Meyer stehen bleiben werden.

Wenn das Dixi-Klo nicht durch die Tür passt

Die UEFA und ihre kuriosen Vorstellungen: Da in den Kabinen des Stade Josy Barthel keine Toiletten sind, mussten Dixi-Klos angefordert werden, um diese in den Umkleiden aufzustellen. Doch das Vorhaben scheiterte an einem winzigen Detail: der Breite der Türen. Der europäische Verband ließ die Idee (zur Zufriedenheit des F91) daraufhin fallen.

Bälle aus Bangkok

Um das runde Leder braucht sich die Gästemannschaft nicht zu kümmern. Es ist üblich, dass der organisierende Klub seinem Gegner 20 Bälle während der Vorbereitung auf das Duell zur Verfügung stellt. Da Düdelingen am Spieltag noch eine Trainingseinheit eingeplant hat, wird das Netz mit den Spielgeräten über Nacht im Hotel aufbewahrt und vor der Partie an den AC Mailand zurückgegeben. Übrigens muss am Spieltag in der Umkleidekabine des Unparteiischen eine genaue Anzahl an Bällen mit integriertem Torlinientechnologie-Chip vorzufinden sein, nämlich drei Kugeln mehr als Ballkinder im Einsatz sein werden.

Die Düdelinger Bälle kamen aus Bangkok und haben bereits einen strapaziösen Aufenthalt am Zoll hinter sich, der erst mithilfe eines Schreibens der UEFA beendet werden konnte. Nachdem der Verein die Qualifikation mit 64 Bällen begonnen hatte, sind deren bereits sieben abhanden gekommen. Zudem musste für den Notfall vorgesorgt werden: Da das Stade Josy Barthel Mitte Dezember möglicherweise schneebedeckt sein könnte, wurden ebenfalls zwölf rote Spielgeräte bestellt.

Wäschedienst im Hotel

Nach dem eigentlichen Abschlusstraining im San Siro wird die komplette Ausstattung der Spieler im Mannschaftshotel gewaschen– und liegt damit für die morgendliche Einheit am Spieltag wieder einsatzbereit vor. In den beiden Taschen der Betreuer sind übrigens beim Rückflug weitaus weniger Trikots vorzufinden als bei der Anreise: „Normalerweise sind es dann nur noch die Shorts und die Socken. Ihre beiden Trikots dürfen sie tauschen oder verschenken“, erklärte Marco Rausch. Zurück in Düdelingen, kümmern sich zwei fest eingestellte Damen um die Wäsche des kompletten Vereins.