Dienstag21. Oktober 2025

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TürkeiWeiter massive Proteste gegen Festnahme des Erdogan-Rivalen Imamoglu

Türkei / Weiter massive Proteste gegen Festnahme des Erdogan-Rivalen Imamoglu
Trotz massiven Polizeiaufgebots gingen am Wochenende erneut Tausende Menschen in Istanbul auf die Straße Foto: AFP/Yasin Akgul

Ekrem Imamoglu ist der größte politische Rivale des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. Doch der Langzeitpräsident scheint alles daran zu setzen, dass ihm der beliebte Bürgermeister von Istanbul nicht noch gefährlicher wird.

Nach seiner Festnahme am Mittwoch wurde Imamoglu am Sonntag nun wegen angeblicher „Korruption“ in Untersuchungshaft genommen, er sitzt im Silivri-Gefängnis hinter Gittern. Zudem wurde er vom Bürgermeisteramt suspendiert. Die Opposition spricht von einem „Putsch“, seit Tagen gibt es Massenproteste. Der Ausgang des Machtkampfes ist offen.

Das Vorgehen der Behörden ist der vorläufige Höhepunkt einer Flut juristischer Verfahren gegen den beliebten Oppositionspolitiker der linksnationalistischen Partei CHP. Imamoglu hatte 2019 überraschend die Bürgermeisterwahl in der Metropole am Bosporus gewonnen. Die Wahl wurde annulliert, doch bei der Wiederholung drei Monate später gewann Imamoglu mit noch deutlicherem Vorsprung.

Der Sieg des CHP-Politikers war eine der schwersten politischen Niederlagen für Präsident Erdogan. Dessen islamisch-konservative AKP hatte zuvor 25 Jahre lang die Millionenstadt regiert. Und auch bei der Bürgermeisterwahl im vergangenen Jahr gelang es Erdogans Regierungspartei nicht, die Stadt zurückzuerobern – Imamoglu gewann erneut.

„Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei“

Nach diesen Erfolgen bescheinigten Beobachter dem CHP-Politiker gute Chancen, Erdogan an der Staatsspitze zu beerben. „Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei“, hatte Erdogan selbst einmal gesagt. Auch er hatte seine Karriere als Bürgermeister von Istanbul begonnen. Jetzt herrscht Erdogan seit mehr als 20 Jahren auf nationaler Ebene.

Für viele Türken ist Imamoglu der Hoffnungsträger für einen politischen Wandel. Der 53-Jährige tritt oft mit hochgekrempelten Ärmeln auf, er ist charismatisch, ein geschickter Redner und einer der beliebtesten Politiker des Landes.

Doch seit Jahren bremsen immer neue Strafverfahren Imamoglus politische Karriere. Bei der Präsidentschaftswahl 2023 konnte er aufgrund eines Gerichtsverfahrens wegen angeblicher Beamtenbeleidigung nicht antreten. Für Imamoglu ist der immer noch laufende Prozess nichts als „Schikane auf höchster Ebene“.

Die nächste Präsidentschaftswahl steht erst 2028 an – doch schon jetzt werden Imamoglu neue Steine in den Weg gelegt. Am Dienstag erkannte die Universität Istanbul ihm den Hochschulabschluss ab, der in der Türkei Voraussetzung für eine Präsidentschaftskandidatur ist. Nur einen Tag später wurde der Bürgermeister bei einer morgendlichen Razzia festgenommen, am Sonntag kam er nun in U-Haft.

Imamoglu und seine Partei verurteilen dies als politisch motivierten Versuch, den Erdogan-Rivalen kaltzustellen. Auch der Politikwissenschaftler Berk Esen von der Sabanci-Universität in Istanbul sagt, das Vorgehen sei „nichts anderes als ein Staatsstreich gegen die wichtigste Oppositionspartei, mit weitreichenden Folgen für den politischen Kurs der Türkei“.

„Ich werde mich niemals beugen“

Imamoglu wurde in Akcaabat an der Schwarzmeerküste geboren, als Teenager zog er nach Istanbul. Er studierte Betriebswirtschaft und arbeitete in der Bauindustrie. Bis zu seinem Überraschungssieg 2019 bei der Bürgermeisterwahl war er politisch ein Unbekannter. „Ihr habt die Tür zu einer neuen Zukunft geöffnet. Von nun an wird die Türkei ein anderes Land sein“, rief er damals der jubelnden Menge zu.

„Imamoglu ist einer der wenigen Hoffnungsschimmer für Wähler, die Erdogan und die AKP ablehnen“, sagt Anthony Skinner, Forschungsleiter des Beratungsunternehmens Marlow Global. Der praktizierende Muslim kann auf ein breites Spektrum von Wählern zählen. „Er kann alle Segmente der Opposition ansprechen, ob türkische, kurdische, sunnitische, alevitische, junge oder ältere Wähler“, sagt Politologe Esen. Auch außerhalb Istanbuls genieße er „ein hohes Maß an Unterstützung“.

Doch die nützt Imamoglu nichts, wenn er im Gefängnis sitzt. Der 53-Jährige gab sich aber nach seiner Inhaftierung kämpferisch – und optimistisch. „Ich werde mich niemals beugen“, erklärte er über seine Anwälte. „Alles wird gut.“   

Mit den durch die Verhaftung ausgelösten Großdemonstrationen in Städten wie Istanbul und Ankara entlädt sich auch angestauter Frust über die Lage im Land, das von Langzeitpräsident Recep Tayyip Erdogan mit harter Hand regiert wird. Die derzeitigen Demonstrationen sind die größten seit den regierungskritischen Gezi-Protesten des Jahres 2013. (AFP)

Leila
24. März 2025 - 10.41

Unter den CHP-Wählern werden auch viele Erdbebenopfer sein, die zwei Jahre danach noch immer menschenunwürdig in Containern (ganze Familien auf 20m2) hausen müssen! Millionen Menschen kämpfen trotz großzügiger Spenden noch heute darum, ihr Leben wieder aufzubauen.
Ist zu befürchten, dass Imamoglu im Gefängnis gebrochen wird? Ein türkisches Gefängnis verbinde ich mit dem Film "12 Uhr nachts - Midnight Express"..., nicht nur ein Film, sondern nach einer wahren Begebenheit