Während die Konservativen mit 32,72 Prozent (2024: 28,8 Prozent) die meisten Mandate gewinnen konnten (89 Sitze), sorgte Chega mit ihrem Sprung von 18 auf 22,56 Prozent und 58 Sitzen für einen historischen Rechtsruck. Eine endgültige Entscheidung über das Kräfteverhältnis im Parlament steht allerdings noch aus: Die vier noch nicht ausgezählten Auslandssitze könnten Chega sogar noch zur zweitstärksten Kraft im Parlament machen – vor den geschlagenen Sozialisten (PS), die mit 23,38 Prozent (2024: 28,0) ebenfalls 58 Sitze erreichten.
„Der Volkswille war klar“, erklärte der 52-jährige Premier Montenegro, der seine Parlamentsmandate von 80 auf 89 ausbauen konnte. „Das Volk hat eindeutig ein Vertrauensvotum für diese Regierung, für die AD und für mich als Regierungschef abgegeben.“ Mit dem Satz „Wir machen weiter“ betonte Montenegro seinen Anspruch auf Kontinuität, vermied aber konkrete Aussagen über mögliche Koalitionen. Eine Zusammenarbeit mit der Rechtspartei Chega hatte er jedoch im Wahlkampf ausgeschlossen.
In Portugal ist eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten immer noch ein politisches Tabu. Man wird sehen, ob diese Brandmauer auch in der Zukunft hält. Doch eine Koalition zwischen den beiden traditionellen Volksparteien, also zwischen den Konservativen und den Sozialisten, gilt als nahezu ausgeschlossen.
Das bedeutet: Montenegro steht vermutlich erneut, wie schon vor einem Jahr, vor der Herausforderung, eine Minderheitsregierung zu bilden. Mit 89 der insgesamt 230 Parlamentsmandaten ist seine konservative Allianz allerdings weit von einer klaren Mehrheit entfernt. Wohl auch deswegen forderte Montenegro, dass alle Parteien „dialogfähig sein müssen“ und mit „Verantwortungsbewusstsein“ handeln sollten.
Chega verkündet Ende des Zweiparteiensystems
Dass ein Minderheitskabinett wenig Stabilität mit sich bringt, bekam er im März zu spüren, als er nach Korruptionsvorwürfen mit einem Misstrauensvotum im Parlament scheiterte – dies hatte die jetzige Neuwahl produziert.
Während Montenegro sich auf eine neue Zitterpartie in der Regierung mit unsicheren Mehrheiten einstellen muss, feierte der 42 Jahre alte Chega-Chef André Ventura den Triumph seiner Rechtspopulisten. 2019 zogen sie erstmals mit einem Abgeordneten ins Parlament ein. Sechs Jahre später holte Chega nach dem vorläufigen Ergebnis 22,56 Prozent und bedroht die Vormacht der bisherigen Traditionsparteien.
„Es ist ein großer Sieg für Chega“, rief Ventura seinen jubelnden Anhängern zu. „Heute können wir dem Land offiziell verkünden: Das Zweiparteiensystem ist beendet.“ Gemeint ist die bisherige politische Landschaft, in der sich seit der Nelkenrevolution 1974, welche die damalige Rechtsdiktatur beendete, Sozialisten und Konservative an der Macht abwechselten.
Ventura, einst Sportkommentator, heute Chef einer Partei, die vor allem mit Law-and-Order-Parolen, Anti-Establishment-Rhetorik und migrationskritischen Sprüchen Stimmung macht, sieht seine Bewegung fast am Ziel: „Chega wird die Zukunft sein.“ Noch ist unklar, ob Chega bereit wäre, ein konservatives Regierungsprogramm im Parlament mitzutragen – Ventura ließ sich darauf nicht festnageln:
Katzenjammer bei den Sozialisten
Während Konservative und Rechtspopulisten feierten, herrschte bei den Sozialisten Katzenjammer. Mit nur 23,38 Prozent der Stimmen fuhr die Partei ihr schlechtestes Ergebnis seit 1987 ein – Parteichef Pedro Nuno Santos trat noch am Wahlabend zurück. „Ich übernehme die Verantwortung“, sagte er. „Ich werde nicht erneut kandidieren.“ Nicht nur die Sozialisten sind stark geschwächt, auch kleinere Linksparteien wie der Bloco de Esquerda und die Kommunisten büßten Mandate ein. Insgesamt schrumpfte das linke Lager von 92 auf 69 Sitze.
Im konservativen Lager etablierte sich die liberale Iniciativa Liberal (IL), die sich auf 5,5 Prozent (2024: 4,9) leicht verbesserte, als viertstärkste Kraft. Sie erklärte aber in der Wahlnacht, dass sie nicht in eine Koalition mit der konservativen Allianz eintreten wolle. Allerdings zeigten sich die Liberalen bereit für eine punktuelle Unterstützung im Abgeordnetenhaus. „Unsere Rolle liegt im Parlament“, sagte IL-Vorsitzender Rui Rocha. „Wenn es um die Stabilität des Landes geht, stehen wir für Gespräche zur Verfügung.“
Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa kündigte am Montag Gespräche mit allen Parteien an. Die Verhandlungen über eine neue Regierung könnten sich angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse allerdings hinziehen. Anschließend muss Staatschef Rebelo de Sousa einen mehrheitsfähigen Kandidaten für das Regierungsamt benennen – und dieser wird nach dem bisherigen Stand vermutlich Luís Montenegro heißen.
De Maart
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