Mittwoch26. November 2025

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Das Personal hat genugWas läuft im Luxemburger Umweltministerium schief?

Das Personal hat genug / Was läuft im Luxemburger Umweltministerium schief?
Wie reagiert Serge Wilmes (CSV), Umweltminister und Minister für den öffentlichen Dienst, auf die Kritik an den Arbeitsbedingungen in seinem Ministerium? Foto: Editpress/Julien Garroy

Im Umweltministerium hängt der Haussegen schief – das geht jedenfalls aus Gesprächen zwischen Betroffenen und dem Tageblatt hervor. Interne Personalbefragungen ergeben ein ähnliches Bild. Was weiß der Minister Serge Wilmes? Und wie reagiert die Pressestelle auf die Vorwürfe?

„Wir haben es satt.“ Die Aussage fällt in Gesprächen über die Arbeitsbedingungen im Umweltministerium, die das Tageblatt mit Betroffenen führte. Bei manchen Mitarbeitenden sitzt der Frust seit dem Regierungswechsel tief. 2024 zeigte eine erste interne Befragung: Rund 22 Prozent der Belegschaft waren unglücklich. Ein Jahr später folgte eine zweite Erhebung – diesmal im Rahmen der „Actions positives“ des Ministeriums für Gleichstellung und Diversität (MEGA). Befragt wurden auch die Beschäftigten des Umweltamts, der Naturverwaltung und des Wasserwirtschaftsamts. Administrationen, die zum Umweltministerium gehören. Das Ergebnis fiel deutlich besser aus. Nur elf Prozent gaben an, im Job unzufrieden zu sein, so die Pressestelle des Ministeriums.

Strenges Kabinett

„Zufrieden sind nur diejenigen, denen Führungspositionen in den Schoss gelegt wurden“, kommentieren Tageblatt-Quellen die Zahlen. „Erfahrene Mitarbeiter*innen haben inzwischen gekündigt.“ Das Ministerium legt auf Nachfrage offen: Seit dem Regierungswechsel haben 13 Mitarbeitende das Umweltministerium verlassen. Eine Person, weil sie in Rente ging. In demselben Zeitraum wurden 31 neue Angestellte rekrutiert. „Insgesamt hat sich das Team des Umweltministeriums in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt und beträgt heute 106 Beschäftigte. Das Wachstum wirkt sich auf die interne Struktur und die Organisation aus“, hält die Pressestelle fest.

Charles Hurt (l.) und Serge Wilmes (r.) im Jahr 2013
Charles Hurt (l.) und Serge Wilmes (r.) im Jahr 2013 Foto: Editpress/François Aussems 

Zum Leidwesen des Personals, finden die Gesprächspartner*innen des Tageblatt. Die Kommunikation sei schlecht, das Management ebenso. Langjährige Angestellte würden grundlos aus Arbeitsgruppen, Komitees und Verwaltungsräten ausgeschlossen – oder ihnen ohne Wissen zugeordnet. Der Umgangston des Kabinetts sei teilweise herablassend, Personalentscheidungen und der Austausch mit den Angestellten problematisch. Eigene Fehler würden untergeordneten Beamt*innen zugeschoben, dem das Kabinett oft Antworten zu Dossiers schuldig bleibe.

In dem Zusammenhang fallen die Namen Charles Hurt und Thomas Schoos. Der zuständige Minister Serge Wilmes (CSV) – auch Minister für den öffentlichen Dienst – ernannte Hurt, Jurist und früherer CSJ-Präsident, 2024 zum Ersten Regierungsberater und zum Generalkoordinatoren. Schoos trat dem Umweltministerium unter Carole Dieschbourg („déi gréng“) als Kommunikationsberater bei. Wilmes beförderte ihn zum Koordinator für allgemeine und internationale Angelegenheiten. Schoos vertritt das Umweltministerium teils in der Öffentlichkeit, zuletzt als „Invité vun der Redaktioun“ bei RTL zur diesjährigen Klimakonferenz COP30 in Brasilien.

Das Umweltministerium kommentiert die einzelnen Vorwürfe nicht, beteuert jedoch die Wichtigkeit der kollegialen und respektvollen Zusammenarbeit. Die Pressestelle verweist auf die Umstrukturierung des Ministeriums nach dem Regierungswechsel, die mit zahlreichen regelmäßigen Versammlungen zwischen Wilmes, dem Kabinett, den Direktionen und den Mitarbeitenden einhergehe. Letztere würden in den „réunions de service“ über die interne Organisation und Prozeduren informiert, könnten sich dort aktiv einbringen. Es ist auch von einem zweiwöchentlichen Info-Newsletter an die Beamt*innen die Rede. Nach den Umfrageergebnissen von 2024 seien zudem Ateliers und Weiterbildungen – in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für den öffentlichen Dienst – entstanden. „Ziel war es, den Austausch mit den Teamverantwortlichen zu stärken“, so die Pressestelle. „Im Dezember ist ein weiteres Atelier zur Nachverfolgung der Studie geplant.“

Fragwürdiges Personalmanagement

Bemühungen, die beim Personal nur bedingt ankommen. Wer nicht ins Bild passe, werde von der Führungsetage aus dem Ministerium geekelt – und „durch Personen von außen ersetzt, die für die Posten ungeeignet sind“. Trotzdem erhielten diejenigen Schlüsselpositionen. Oft ohne die nötigen, internen Auswahlprozeduren zu durchlaufen. „Die langjährigen Angestellten müssen sich an die Regeln halten“, sagen die Kontaktpersonen des Tageblatt, „und erhalten trotz Kompetenz und Führungserfahrung eine Absage.“

Es bestehen scheinbar unterschiedliche Ansichten, was hinter den Türen des Umweltministeriums geschieht
Es bestehen scheinbar unterschiedliche Ansichten, was hinter den Türen des Umweltministeriums geschieht Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Darüber hinaus gingen die Stellenausschreibungen oft nur kurz oder in Ferienzeiten online. Das nähre die Vermutung: Die Wunschkandidat*innen stehen fest, die Stellenanzeigen sind nur Schein. In der eingangs erwähnten Umfrage im Rahmen der „Actions positives“, die dem Tageblatt nur in Ausschnitten vorliegt, äußern die Angestellten – darunter auch jene der Verwaltungen – einen ähnlichen Verdacht („Plusieurs notes insistent sur la valorisation des agents en fonction de leurs capacités et non de leur affinité avec l’hiérarchie“). Ausländische Angestellte würden benachteiligt. Nach Tageblatt-Informationen betreffe das hauptsächlich die Verwaltungen.

Das Umweltministerium streitet die Anschuldigungen ab und versichert, sich bei den Stellenausschreibungen an die Vorgaben des Ministeriums für den öffentlichen Dienst zu halten. Bei den Personalentscheidungen stünden die Kompetenzen im Mittelpunkt; Personen mit luxemburgischer Staatsangehörigkeit würden nach den gesetzlichen Vorgaben in der Tat priorisiert. Abweichungen seien in Rücksprache mit dem Regierungsrat möglich.

Wir sind mental erschöpft und können uns nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren, die uns früher am Herzen lag

Tageblatt-Quellen

Die Konsequenz

„Die Motivation nimmt ab“, bedauern die Tageblatt-Quellen. „Der Druck steigt, die Wochenendarbeit und die Überstunden nehmen zu. Wir sind mental erschöpft und können uns nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren, die uns früher am Herzen lag.“ Die Personalabteilung im Umweltministerium helfe selten weiter. Im Gegenteil. Eine gängige Antwort auf die Sorgen der Beschäftigten laute: „Das ist Jammern auf hohem Niveau.“

Zu den Umfragen

Die „Enquête de satisfaction“ von 2024 entstand in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für den öffentlichen Dienst, der solche Befragungen seit 2019 anbietet. Es war das erste Mal, dass das Umweltministerium den Dienst beanspruchte. Die zweite Umfrage, die im Artikel zitiert wird, fand im Rahmen der „Actions positives“ des Ministeriums für Gleichstellung und Diversität (MEGA) im März 2025 statt. Dabei handelt es sich um ein Gleichstellungsprogramm, 1999 lanciert, dem sich Unternehmen und Institutionen anschließen können. Es umfasst unter anderem eine externe Evaluierung, finanziert durch das MEGA. Sowohl die Zufriedenheitsstudie als auch die Umfrage „Actions positives“ erfolgt freiwillig. Die Ergebnisse werden in der Regel nicht integral veröffentlicht und sollen der internen Nutzung dienen. Das Tageblatt erhielt auf Nachfrage keine Einsicht in die Dokumente. „Afin d’assurer le bon déroulement des futurs sondages dans un climat serein, il est primordial que les résultats ne soient pas divulgués sur la place publique“, lautet einer der Hauptgründe. Die hier geteilten Zahlen basieren daher vorwiegend auf Rechercheergebnissen und dem Austausch mit der Pressestelle des Umweltministeriums.

Eine weitere Kritik, die das Umweltministerium abwehrt. Es verteidigt die Personalabteilung und unterstreicht: „Die Mitarbeiter*innen können sich jederzeit an die Dienststelle wenden. Sie ist darauf ausgerichtet, zuzuhören und gemeinsam mit den Betroffenen passende Lösungen zu finden. Das geschieht in respekt- und vertrauensvollen Gesprächen.“

Die Pressestelle hebt zudem hervor – in keiner der Umfragen sei von einem negativen Allgemeinzustand die Rede. In der Umfrage im Kontext der „Actions positives“ steht hingegen: „Cette analyse montre un besoin pour des actions concrètes qui touchent non seulement l’égalité des sexes mais aussi la promotion d’une culture de travail respectueuse, transparente et inclusive.“

Was im Austausch mit den Betroffenen auffällt: Sie erwähnen Serge Wilmes kaum, wenn sie über die Arbeitsbedingungen im Umweltministerium sprechen. Wusste der Minister bis zur Presseanfrage des Tageblatt wenig bis nichts von den hier aufgeführten Missständen? Das Ministerium weicht aus und schreibt stattdessen: „Der Minister nimmt jede Anmerkung zur Funktionsweise des Ministeriums ernst. Aus dem Grund wurde die Personalumfrage durchgeführt – um sich ein Gesamtbild zu verschaffen und die Sichtweisen besser zu verstehen.“ Das Umweltministerium befinde sich „mitten im Prozess“, um das Wohlbefinden auf dem Arbeitsplatz zu verbessern. „Die Zufriedenheit und die Gesundheit der Mitarbeiter*innen steht für den Minister im Mittelpunkt, sowohl im Umweltministerium als auch im Ministerium für den öffentlichen Dienst.“ Und wie empfinden die Menschen das, die sich mit ihren Sorgen an das Tageblatt wandten? „Es ist unklar, inwiefern Wilmes über das Bescheid weiß, was im Umweltministerium vor sich geht – aber er fragt auch nicht nach.“