Die schwarz-rote Koalition legt bereits ihren zweiten Haushalt seit Beginn der Regierungsarbeit im Mai vor. Der deutsche Finanzminister Lars Klingbeil setzt mit dem Haushalt 2026 auf Impulse für mehr Wachstum. „Oberstes Ziel ist, Arbeitsplätze zu sichern und für neue wirtschaftliche Stärke zu sorgen“, sagte der SPD-Politiker. Er hob Entlastungen hervor, unter anderem mit einer höheren Pendlerpauschale und einer Fortführung des Deutschlandtickets im Nahverkehr. Die Bürger sollten im Alltag spüren, dass sich etwas verbessere. Doch Klingbeil richtete auch einen Sparappell an seine Kollegen. Ein Überblick:
Wie schlüsseln sich die Ausgaben für 2026 auf? Geplant sind Ausgaben von 520,5 Milliarden Euro, das sind 3,5 Prozent mehr als für dieses Jahr veranschlagt. Die Investitionen sollen 2026 bei 126,7 Milliarden Euro liegen – geplant ist zum Beispiel die Sanierung von Brücken und Bahnstrecken, eine stärkere Digitalisierung sowie mehr Geld für Bildung. Dazu will der Bund im Kernhaushalt neue Kredite in Höhe von 89,9 Milliarden Euro aufnehmen. Dazu kommen neue Schulden von insgesamt 84,4 Milliarden Euro aus den beiden Sondervermögen – zum einen dem für Infrastruktur und Klimaschutz, zum anderen dem für die Bundeswehr.
Was ist der größte Brocken im Etat? Der größte Etat ist wie üblich der des Arbeits- und Sozialministeriums mit rund 197,4 Milliarden Euro – das sind knapp vier Prozent mehr als im Etat 2025 vorgesehen. Der mit Abstand größte Einzelposten im gesamten Haushalt ist der erneut steigende Bundeszuschuss an die Rentenversicherung mit rund 127,8 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2029 steigen die Bundesleistungen auf insgesamt rund 154,1 Milliarden Euro an.
520,5
Die deutsche Regierung plant in ihrem Haushalt für das kommende Jahr mit Ausgaben von 520,5 Milliarden Euro.
Was ist mit dem Bürgergeld? Für das Bürgergeld und für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung sind 2026 rund 41 Milliarden Euro veranschlagt. Das sind rund 1,5 Milliarden Euro weniger als für 2025 vorgesehen. Begründet hat Klingbeil dies damit, dass die Bundesregierung eine Belebung des Arbeitsmarktes erwartet, die zu einer sinkenden Anzahl von Leistungsbeziehern führen soll.
Wie viel Geld fließt in die Sicherheit? Für 2026 sind Verteidigungsausgaben von rund 128 Milliarden Euro geplant. Um die Bundeswehr zu stärken, wurde für Verteidigungsausgaben die Schuldenbremse gelockert. Die Verteidigungsausgaben sollen in den kommenden Jahren weiter massiv ansteigen.
Was kommt bei den Bürgern an? Geplant sind eine Aufstockung der Förderung für den sozialen Wohnungsbau, mehr Geld für Kitas und eine Fortführung des Deutschlandtickets im Nah- und Regionalverkehr – sowie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie und eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Klingbeil verweist auch auf günstigere Energiepreise sowie stabile Renten.
Alle Ministerien müssen sparen
Wofür ist kein Geld da? Kein Geld vorgesehen ist vorerst für eine Senkung der Ticketsteuer im Luftverkehr. Auch von einer Stromsteuersenkung für alle Betriebe sowie für private Haushalte ist derzeit nicht die Rede. Kürzungen sind im Etat 2026 etwa bei den Entwicklungsausgaben geplant. Außerdem soll es in der Bundesverwaltung einen Stellenabbau geben – nur nicht bei Sicherheitsbehörden. Im Jahr 2026 soll die Einsparquote zwei Prozent betragen.
Wie geht es weiter? Trotz der bis 2029 vorgesehenen Gesamtneuverschuldung von 851 Milliarden Euro klafft für die Jahre 2027 bis 2029 noch eine Finanzierungslücke von rund 172 Milliarden Euro. Klingbeil stimmt die Bundesregierung deshalb auf einen harten Sparkurs für den Haushalt 2027 ein. Dieser werde die Regierung massiv fordern und eine der größten innenpolitischen Herausforderungen sein. Für 2027 gebe es eine Finanzierungslücke von mehr als 30 Milliarden Euro, die geschlossen werden müsse. Diese habe sich durch die Zinsentwicklung, Zahlungen an die Kommunen und die Ausweitung der Mütterrente noch vergrößert. „Jede und jeder, der da am Kabinettstisch sitzt, wird sparen müssen“, betonte Klingbeil. Um die staatlichen Einnahmen zu stärken, soll auch „konsequent“ gegen Steuerbetrug und Finanzkriminalität vorgegangen werden. Klingbeil will dazu ein Gesetz in der nächsten Woche vorlegen.
Wie steht es um die Sozialsysteme? Union und SPD haben vereinbart, angesichts steigender Milliardenkosten für die Sozialsysteme wie Rente, Gesundheit und Pflege Reformkommissionen einzusetzen. Diese sollen Ergebnisse vorlegen, die auch zu einer Entlastung des Bundeshaushaltes beitragen. Noch gibt es keine klaren Ansagen.
Linke warnt vor Einschnitten in Sozialstaat
Wie fallen die Reaktionen der Opposition aus? Der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, warnt vor drastischen Einschnitten in den Sozialstaat. „Dass Finanzminister Klingbeil nun angesichts seines historischen Haushaltslochs im FDP-Stil den Rotstift anzusetzen droht, zeigt: Der Sozialstaat ist mit dieser Koalition bedroht wie seit Jahrzehnten nicht“, sagte er dem Tageblatt. Weiter fordert Bartsch: „Statt harter Sozial- und Rentenkürzungen, wie sie zum Beispiel Wirtschaftsministerin Reiche fordert, braucht das Land eine gerechte Steuer- und Abgabenreform. Deutschland hat so viele Superreiche wie nie zuvor. Unser Problem ist nicht fehlendes Geld, sondern eine skandalöse Ungleichverteilung.“
Was bedeuten die Kürzungen im Entwicklungssektor? Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) bezeichnet die Kürzungen als schmerzhaft. „Die Vorgaben des Koalitionsvertrags zu Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit sind extrem schmerzhaft. Mein Etat liegt deutlich unter dem, was in einer Welt voller Krisen und Konflikten erforderlich ist“, sagt sie dem Tageblatt. Sie betonte zugleich: „Ich setze mich dafür ein, dass wir im Falle akuter Krisen nachsteuern: Kein Kind sollte hungern müssen, kein Mensch an Unterernährung sterben.“
Der Deutschland-Direktor des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Martin Frick, kritisiert die Kürzungen: „Das sind keine abstrakten Zahlen. Das sind gekappte Lebenslinien für Menschen in akuter Not. Deutschlands internationale Glaubwürdigkeit gründet auf Verlässlichkeit und Verantwortung. Ein Rückzug aus dieser Verantwortung verschärft nicht nur humanitäre Krisen weltweit – er gefährdet auch Deutschlands eigene sicherheitspolitische Resilienz und Stabilität.“
De Maart
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