Liebe junge Generation, das Schul-Handyverbot soll euch vor den negativen Auswirkungen von Bildschirmen auf eure Entwicklung und euer Wohlbefinden schützen und euch ein „gesünderes Gleichgewicht“ zum „realen Leben“ verschaffen, sagt Minister Meisch. Meint ihr, das bringt was? Oder ist das nur der analoge Traum eines Bildungspolitikers, der im letzten Jahrtausend geboren ist?
Seit gestern gilt es jedenfalls, das Handy-Verbot. Und wir, die Großen, müssen euch loben: Brennende Autos, Ausschreitungen und Revolten sind bis jetzt ausgeblieben. Das ist verwunderlich, ist der Smartphone-Bann doch sicherlich ein einschneidendes Erlebnis in eurem Leben.
Vielleicht ist euch das noch nicht so ganz klar: Mehrere Stunden (!) müsst ihr jetzt auf euer Handy verzichten, auf Selfies und Duckfaces und Foto-Filter und Challenges mit Verletzungsgarantie, auf Promigeschnatter und Influencer-Blabla, auf Propaganda und Gaming-Streams. Man bedenke: mehrere Stunden! Das sind ganz schön viele Minuten! Wie viele genau? Keine Ahnung! Ihr dürft ja euer Handy nicht benutzen!
Liebe junge Generation, wir meinen es doch nur gut mit euch. Wir haben die Vorzüge der analogen Welt nämlich noch kennengelernt. Hei, wie war das schön damals. Alle spielten den ganzen Tag draußen vor der Tür, Allergien gab es keine, wir waren alle grundimmunisiert – durch Matsch. Nachdem wir uns ohne Widerrede auf die Hausaufgaben gestürzt und mit Freude die Kreiszahl Pi bis zur 256. Stelle ausgerechnet hatten, lernten wir Piano, Blockflöte, Tuba und Akkordeon. Denn: Das Telefon hatte eine Schnur und es gab nur eins und es diente ausschließlich dazu, sich draußen zum Kicken auf der Straße zu verabreden. Der Fernseher hatte nur drei Sender, und die zeigten nur pädagogisch wertvolle Inhalte. Im Winter gab’s noch Schnee. Und die Sonne hat auch mehr geschienen.
Ja, liebe junge Generation, das ist jetzt anders. Denn Papa und Mama haben es verkackt. Erst haben wir euren Planeten ruiniert, dann haben wir skandinavische Psychothriller geschaut, die uns so traumatisiert haben, dass wir kein Kind mehr alleine auf die Straße lassen. Von der Rente wollen wir erst gar nicht reden. Dafür haben wir die Digitalisierung erfunden, die jetzt eure Hirne weichkocht.
Liebe junge Generation. Wollt ihr denn etwa nicht zurück in diese gute alte Zeit? Hallo? Seid ihr noch da? Wie, euer Hirn hat nach dem ersten Absatz abgeschaltet, weil sich nichts bewegt hat?
Liebe junge Generation, vielleicht solltet ihr euch doch mal mit der älteren Generation zusammensetzen. Und ihr erklären, dass auch ihr zur Gattung Homo sapiens gehört und das bewusste Denken beherrscht. Dass das Jahr 1985 inzwischen mindestens so an die zehn Jahre her ist, und dass die Welt jetzt einfach eine andere ist. Ihr könntet erklären, dass ihr nicht total bescheuert seid und durchaus wisst, dass das nicht alles echt ist, was da in eure Feeds gestreamt wird. Und umgekehrt könntet ihr den Älteren etwas zuhören, sobald die ihr Handy weggelegt haben. Mit etwas Glück und viel Idealismus nehmt ihr ein bisschen was aus beiden Welten mit. Die Balance in der Screen-Life-Balance von Herrn Meisch quasi. Und bringt dann sogar ein paar von den Dingen in Ordnung, die wir Alten so grandios gegen die Wand gefahren haben.
Gegen ein Handyverbot auf die Barrikaden zu gehen, ist möglicherweise nicht die richtige Triebfeder. Es gibt heutzutage aber genügend andere Anlässe. Und es soll da ja Apps geben, mit denen man sich ganz gut vernetzen kann. Nach der Schule, versteht sich.
De Maart

"Wie viele genau? Keine Ahnung! Ihr dürft ja euer Handy nicht benutzen!" Genau. Mein Handy und Ich,wir wissen alles. "Wo mündet der Nil?" " Da muss ich mein Handy fragen."
Oder,auch nicht schlecht,: " Gestern hatten wir über Stunden kein Netz zuhause.Haben wir halt zusammen geredet und diskutiert. Sympathische Leute muss ich sagen."