Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, konsequenter gegen irreguläre Migration vorzugehen und die Zahl der Geflüchteten in Deutschland zu reduzieren. Auf nationaler Ebene gibt es dazu ein Bündel an neuen Regelungen. In der aufgeheizten Migrationsdebatte kommen beinahe täglich neue Vorschläge dazu. Nicht zuletzt wird auf EU-Ebene an einer Reform der gemeinsamen Asylpolitik gearbeitet. Doch wie erfolgversprechend sind die Pläne und Vorhaben?
Rückführungen: Die Argumentationslinie der Bundesregierung geht so: Um auf der einen Seite Menschen, die politisch verfolgt sind und vor Krieg fliehen, tatsächlich Schutz bieten zu können, müssen auf der anderen Seite diejenigen, die kein Bleiberecht haben, das Land schneller wieder verlassen. Denn die Aufnahmekapazitäten sind begrenzt. Die Bundesregierung will nun restriktivere Regelungen bei den Rückführungen durchsetzen. Die Maßnahmen haben unter anderem zum Ziel, dass ausreisepflichtige Personen aufgefunden werden und sich der Abschiebung nicht entziehen können. Allerdings gelten derzeit nur etwa 50.000 Personen in Deutschland als ausreisepflichtig. Gemessen an den rund 1,3 Millionen Geflüchteten, die sich derzeit in Deutschland aufhalten – Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eingeschlossen – würden selbst mehr Abschiebungen in den Kommunen nicht für rasche Entlastung sorgen.
Rückführungsabkommen: Damit Deutschland tatsächlich abschieben kann, ist es darauf angewiesen, dass die Herkunftsstaaten die Personen auch zurücknehmen. Die Bundesregierung hat mit Joachim Stamp (FDP) einen eigenen Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen, dessen Aufgabe es ist, neue Abkommen zu schließen. Die Idee dahinter: Deutschland bietet Wege der regulären Migration und einen erleichterten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für qualifizierte Bürger dieser Länder. Im Gegenzug kooperieren diese Staaten bei den Rückführungen. Oftmals scheitert es allerdings an fehlenden Papieren, etwa weil sie auf der Flucht verloren gegangen sind oder vernichtet wurden. In der Praxis lässt sich vielfach dann nicht nachweisen, aus welchem Land eine Person stammt. Kurzum: Auch Migrationsabkommen, deren Aushandlung viel Zeit braucht, sind am Ende keine Garantie dafür, dass Abschiebungen gelingen.
Zweifel an Wirksamkeit
Grenzkontrollen: Mit dem Ziel, irreguläre Migration und Schleuserkriminalität zu bekämpfen, hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am 16. Oktober stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz eingeführt, die vorerst bis Mitte November gelten sollen. Allerdings ziehen Fachleute wie der Migrationsexperte Gerald Knaus in Zweifel, dass Kontrollen an den EU-Binnengrenzen zur Eindämmung irregulärer Migration beitragen können. Zum einen ließen sich Migranten dadurch nicht von Grenzübertritten abhalten und würden sich neue Wege suchen. Zum anderen ist eine Zurückweisung an der Grenze bei Menschen, die ein Schutzbegehren äußern, auch rechtswidrig. Nach Knaus‘ Analyse sind „bisher alle Binnengrenzkontrollen in der EU gescheitert“, wie er kürzlich im Interview mit unserer Redaktion sagte.
EU-Asylpolitik: Um tatsächlich zu einer Begrenzung der irregulären Migration zu kommen, richtet sich der Blick häufig auf die EU-Ebene. Hier wird gerade an der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gearbeitet. Sie sieht vor, dass für einen Teil der Geflüchteten schon an den EU-Außengrenzen Asylprüfungen stattfinden. Wenn es keine Aussicht auf Asyl gibt, sollen die Menschen schon an den Außengrenzen abgewiesen werden. Wenn es dagegen ein berechtigtes Schutzbegehren gibt, sollen die Geflüchteten solidarisch auf die EU-Staaten verteilt werden.
Doch auch hier gibt es Zweifel an der Wirksamkeit: So haben einige EU-Länder, vor allem in Südeuropa, kein Interesse an einer solidarischen Verteilung, da sie dadurch mehr Geflüchtete aufnehmen müssten. Zum anderen gibt es große humanitäre Bedenken, da durch die sogenannte Krisenverordnung Migranten länger unter haftähnlichen Bedingungen in grenznahen Auffanglagern ausharren müssen. Die neue Reform könnte an der Umsetzung scheitern.
Bürokratischer Aufwand ist groß
Sach- statt Geldleistungen: Seit Monaten kursiert in Deutschland der Vorschlag, Unterstützung für Asylbewerber als Sachleistungen oder in Form einer Bezahlkarte auszugeben. Das Argument der Befürworter dieser Lösung: Viele Asylbewerber würden hier Sozialleistungen in Anspruch nehmen, um diese an ihre Familien in der Heimat zu überweisen. Mit der Umstellung weg vom Bargeld soll demnach ein sogenannter „Pull-Faktor“ abgebaut werden, Deutschland als Zufluchtsland also unattraktiver werden. Für die Umsetzung dieser Lösung sind die Bundesländer, nicht der Bund zuständig. Schon heute ist die Umstellung auf Sachleistungen oder Bezahlkarten rechtlich möglich. Allerdings ist dies mit großem bürokratischen Aufwand verbunden, wozu vielerorts die Kapazitäten fehlen. Gewichtiger noch ist ein anderes Argument: Fachleute bezweifeln, dass Menschen mit einem echten Schutzbegehren, etwa weil sie vor Krieg und Unterdrückung fliehen, sich durch Sachleistungen oder Bezahlkarten davon abhalten lassen, nach Deutschland zu kommen.
Unterm Strich bedeutet das: Einzelne Maßnahmen können nicht zu einer schnellen Reduzierung der Flüchtlingszahlen in Deutschland führen. Dafür ist die Migration ein zu komplexes Thema. Es wird immer auf ein Bündel an Instrumenten ankommen. Dass es angesichts des hohen Drucks auf viele Kommunen Änderungen bedarf, ist unstrittig.
		    		
                    De Maart
                
                              
                          
                          
                          
                          
                          
                          
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