Nach der hart erkämpften Einigung von Union, SPD und Grünen auf das milliardenschwere Finanzpaket hatte der wohl baldige Bundeskanzler Friedrich Merz den Klimaschutz für sich entdeckt. Ein Grüner werde er zwar „sicher nicht“ werden. Aber ein Kanzler, der sich der „umweltpolitischen Verantwortung“ stelle, gab der CDU-Chef Mitte März, kurz nach dem Milliarden-Durchbruch, zu Protokoll. Auf Druck der Grünen sind 100 der insgesamt 500 Milliarden Euro aus dem Infrastruktur-Sondervermögen nun für den Klimaschutz reserviert. Union und SPD haben nun also die finanziellen Möglichkeiten, um den Klimaschutz weiter anzukurbeln. Welche klimapolitischen Pläne also stecken im neuen Koalitionsvertrag?
Bekenntnis zu Klimazielen
Union und SPD bekennen sich zu den deutschen und europäischen Klimazielen – „wohlwissend, dass die Erderwärmung ein globales Problem ist und die Weltgemeinschaft es gemeinsam lösen muss“, heißt es im Vertrag. Ein konkretes Ziel ist dabei, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Zwar ist das Klimaziel bis 2030, nämlich eine Minderung der Treibhausgas-Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990, durch den von der Ampel-Koalition angestoßenen Kurs in Reichweite. Allerdings sieht Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, bis zum Ziel der Treibhausgasneutralität 2045 noch eine große Lücke. „Wie diese Lücke geschlossen werden soll, bleibt im Koalitionsvertrag offen – hier wird nachzuarbeiten sein“, sagte Fischedick unserer Redaktion.
Grünen-Chef Felix Banaszak wirft Union und SPD gar eine „klimapolitische Kapitulation“ vor. „Sie bekennen sich vage zu Zielen, ergreifen dann nur völlig unzureichende Maßnahmen und rufen hinterher lauthals, dass die Ziele zu viele Zumutungen mit sich bringen und deshalb abgeschwächt gehören“, sagte Banaszak unserer Redaktion.
Erneuerbare Energien
Schwarz-Rot verspricht einen „entschlossenen Ausbau Erneuerbarer Energien“ und nennt konkret Sonnen- und Windenergie, Bioenergie, Wasserkraft und die Erschließung von Geothermie. Unterstützt werden soll auch der Hochlauf der notwendigen Speicher und ein weiterer Netzausbau. Bürokratische Hürden für den Ausbau sollen abgebaut und die Akzeptanz für Windräder vor Ort gestärkt werden. Die Grundhaltung des Koalitionsvertrags, auf verstärkte Beteiligung zu setzen und Wirtschaft wie Verbraucher verstärkt zu Mitgestaltern der Energiewende zu machen, begrüßt Fischedick. Er sieht es allerdings noch als offen, inwieweit über einzelne Maßnahmen, zum Beispiel die Ausweisung von befristeten Engpassgebieten für die Windenergie, indirekte Hürden aufgebaut würden. Dies wäre „für die Zielerreichung aber kontraproduktiv“, betont der Klimaforscher.
Mobilitätswende
Das Deutschlandticket, das mehr Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn bewegen soll, wollen Union und SPD über 2025 hinaus erhalten. Auch der Preis von 58 Euro soll bis zum Ende der Legislaturperiode erhalten bleiben. Ab 2029 soll der Anteil der Nutzerfinanzierung „schrittweise und sozialverträglich“ erhöht werden. Schwarz-Rot will die Flottenumrüstung auf klimaneutrale Busse im ÖPNV fördern und den „flächendeckenden Ausbau von Pkw- und Lkw-Ladeinfrastruktur“ vorantreiben.
Fischedick kritisiert dennoch: „Auch wenn der Koalitionsvertrag klare Akzente in Richtung Ausbau der Elektromobilität setzt, bleiben Signale für eine wirkliche Mobilitätswende aus.“ Er bezieht dies nicht nur auf den Verzicht auf ein Tempolimit, sondern auch auf zu wenig Dynamik bei der Vermeidung und Verlagerung des Verkehrs, etwa auf Bahn, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr. „Damit ist nicht absehbar, dass der ,Problemsektor Verkehr‘ einen adäquaten Beitrag zum Klimaschutz leisten kann – die Fehlstelle aus den letzten Legislaturperioden wird damit fortgeschrieben“, befürchtet der Klimaforscher.
Sozial gerechte Ausgestaltung
Das Paradebeispiel für den sozialen Ausgleich ist das bereits von der Ampel-Koalition geplante Klimageld. Zwar hat die alte Regierung einen entsprechenden Auszahlungsmechanismus geschaffen, das Klimageld allerdings nicht mehr eingeführt. Ob Union und SPD das nachholen werden, ist sehr fraglich. Denn explizit erwähnt wird das Klimageld nicht im Koalitionsvertrag. Stattdessen heißt es darin: „Die CO2-Einnahmen geben wir an die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zurück.“
Damit sind jene Einnahmen gemeint, die dem Staat durch die nationale CO2-Bepreisung zufließen. Ob es unter Schwarz-Rot tatsächlich eine Pro-Kopf-Auszahlung dieser Gelder geben wird, ist daher unklar. Wahrscheinlicher ist, dass es Entlastungen anderer Art geben soll. So heißt es an einer anderen Stelle des Vertrags auch: „Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung geben wir an Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft zurück: durch eine spürbare Entlastung beim Strompreis und durch die Förderung von Investitionen in die Klimaneutralität.“
De Maart
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