Wer in Luxemburg arbeitet, verdient im Jahr durchschnittlich 65.801 Euro brutto. In Deutschland dagegen verdienen Beschäftigte im Schnitt 49.200 Euro. Eine große Differenz, was für viele das Pendeln attraktiv macht, wie der Trierische Volksfreund berichtet. Doch schaut man sich die Zahlen genauer an, dann wird auch deutlich: Einwohner Luxemburgs verdienen im Jahr sogar 73.251 Euro, während Grenzgänger mit 57.489 Euro zurück über die Grenze fahren. Ein Unterschied von 21, 5 Prozent, hat Paul Reiff, Professor am Luxemburger Statistikamt Statec, ausgerechnet und bei einem Kolloquium in der Arbeitnehmerkammer Luxemburg („Chambre des salariés“) vorgestellt.
Dabei hat sich dieser Unterschied zwischen den Löhnen seit rund zehn Jahren nicht verändert, hat Reiff anhand der Daten für das Jahr 2018 deutlich gemacht. „Was auch auffällt, ist, dass man zwischen Einwohnern mit luxemburgischer Staatsangehörigkeit und Einwohnern mit ausländischer Staatsangehörigkeit unterscheiden muss. Denn der Unterschied zwischen den Löhnen der Grenzgänger und der ausländischen Einwohner ist weit weniger bemerkenswert als bei den Einwohnern mit luxemburgischer Staatsangehörigkeit“, stellt Reiff fest. Heißt: Die Luxemburger verdienen im eigenen Land am meisten, Beschäftigte mit ausländischem Pass weitaus weniger.
Die Gründe
Doch warum ist das so? Steckt dahinter womöglich eine Form der Ungleichbehandlung? Mitnichten, erklärt der Professor. Einerseits erklärten sich die Lohnunterschiede aufgrund der Beschäftigung vieler Luxemburger im öffentlichen Sektor und andererseits aufgrund der unterschiedlich starken Bezahlung und Beschäftigung in den verschiedenen Branchen.
Die Branchen
Schaut man auf die Gehälter im Finanzsektor, hat Reiff die größten Lohnunterschiede der Grenzgänger zu den Luxemburgern ausgemacht. Ebenso im Bereich Information und Kommunikation. In der Industrie, im Hotel- und Gaststättengewerbe oder auf dem Bau liegen sie dagegen näher beieinander. „Wir wissen, dass in manchen Bereichen die Unternehmer nervös werden, weil der deutsche Mindestlohn ab Oktober auf zwölf Euro die Stunde steigt“, sagt Frédéric Krier vom geschäftsführenden Vorstand der größten Luxemburger Gewerkschaft OGBL. In der Industrie und am Bau werde Deutschland als Arbeitsort immer attraktiver.
Die Erklärung
„Von der beobachteten Differenz von 21, 5 Prozent lassen sich fast zehn Prozent durch die Branche erklären. Somit arbeiten Grenzgänger in weniger erträglichen Branchen, im Gegensatz zu den Einwohnern mit luxemburgischer Staatsangehörigkeit, die sich innerhalb des öffentlichen Dienstes bewegen“, sagt Professor Reiff.
Demgegenüber gibt es jedoch auch Faktoren wie Alter, Erfahrung, Bildungsniveau oder auch Geschlecht, die vielen Grenzgängern zugute kämen.
Weitere 2, 3 Prozent der Lohnunterschiede erklärt der Statistiker damit, dass Grenzgänger tendenziell in kleineren Unternehmen arbeiteten.
Weiterer wichtiger Faktor sind die Sprachkenntnisse. Denn der Zugang zu höher dotierten Stellen ist für Grenzgänger oftmals dadurch gesperrt, dass die Beherrschung der luxemburgischen oder französischen Sprache verlangt wird oder sogar die Staatsangehörigkeit Voraussetzung für die Besetzung einer Stelle ist, wie etwa bei der Polizei. „Die Grenzgänger kennen auch den luxemburgischen Arbeitsmarkt weniger gut, sie neigen also weniger dazu, bei der Einstellung über ihr Gehalt zu verhandeln, weil sie sich der verhandelten Löhne weniger bewusst sind“, erklärt Paul Reiff.
Die Gewerkschaften
OGBL-Vorstand Krier sagt gegenüber dem Trierischen Volksfreund, dass die Gewerkschaft immer offen dafür sei, so viele Arbeitsmarkthindernisse wie möglich abzuschaffen. Vonseiten der Politik habe man endlich angekündigt, den Zugang selbst zu Posten der Polizei für Ausländer leichter möglich zu machen. Krier: „Der zuständige Minister hat selbst zugegeben, dass der Staat Probleme hat, Personal zu finden.“ Voraussetzung soll weiterhin sein, dass alle drei Landessprachen beherrscht werden. Bei der Armee ist es bereits so, dass der Einsatz eine Verkürzung der Fünfjahresfrist zur Erlangung der Luxemburger Staatsbürgerschaft nach sich zieht.
Die Einschränkung
Der Lohnunterschied zwischen Grenzgängern und Luxemburger Bewohnern, insbesondere der Einheimischen, mag aufschrecken. Doch der Luxemburger Professor schränkt ein: „Wir beobachten einen großen Unterschied in der Kaufkraft zwischen Ansässigen und Grenzgängern“, sagt er.
Im Großherzogtum, wo die Kaufkraft vor allem aufgrund teurer Lebenshaltungskosten sinkt, wird sie um 23 Prozent gemindert. Heißt: Der Lohnsaldo zwischen Luxemburgern und Grenzgängern schmilzt. Extremes Beispiel: In Lothringen ist „der Verlust an Kaufkraft mit zwölf Prozent niedriger, und der Grenzgänger hat somit eine höhere Kaufkraft in seiner Heimatregion“, rechnet Reiff vor.
Ein besonderes Phänomen sehen Gewerkschafter Frédéric Krier und Statec-Professor Paul Reiff in den etwa neun Prozent Grenzgängern, die aus Belgien, Frankreich oder Deutschland zur Arbeit nach Luxemburg einreisen, aber einen luxemburgischen Pass haben. „Ihre Zahl hat zuletzt stark zugenommen, weil sich viele Einheimische die Wohnpreise nicht mehr leisten können“, sagt Krier.
Und Reiff ergänzt: „Wir verfügen noch nicht über ausreichend Zahlen zu diesem noch sehr jungen Phänomen“, bei dem Luxemburger in ihrem eigenen Land Grenzgänger sind.
In diesen Branchen arbeiten die Grenzgänger
Insgesamt 212.000 Grenzgänger gibt es laut den Zahlen des Statistikamtes Statec derzeit in Luxemburg. Ihr Anteil an der Gesamtheit der Beschäftigten macht 46 Prozent aus. Rund 50.000 aller Pendelnden sind deutsche Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Großherzogtum, gut 40.000 davon allein aus der Region Trier. Die meisten von ihnen sind – Stand März 2021 – im Baugewerbe beschäftigt (17, 5 Prozent), gefolgt von Finanzen und Versicherungen (13, 6 Prozent), Handel (12 Prozent), verarbeitendes Gewerbe (11, 8 Prozent), Gesundheit (10, 8 Prozent) sowie Transport und Lagerung (9 Prozent).
Bei den französischen Kollegen sind die Branchen anders verteilt. 15,7 Prozent der 108.760 französischen Grenzgänger sind im Handelssektor beschäftigt. 13,4 Prozent arbeiten in der (nicht-öffentlichen) Verwaltung, 12, 3 Prozent im Bausektor. 10,7 Prozent sind im Finanz- oder Versicherungssektor beschäftigt. Bei den belgischen Grenzgängern dominiert ebenfalls der Handel, in dem 17, 3 Prozent der 48.870 Pendler arbeiten. Darauf folgen der wissenschaftlich-technische Sektor mit 13, 4 Prozent und der Bausektor mit 13 Prozent.
De Maart
Deswegen bin ich dafür, dass alle Luxemburger ihre Wohnung mit den Grenzgängern tauschen, und nachher werden 365 Tage Télétravail eingeführt. Problem für Luxemburger gelöst.