Schon 2022 warnte Jon Stewart die Amerikaner – und uns. Der US-Kabarettist sagte damals bei einer Preisverleihung, Comedians seien die ersten, die weggeschickt würden, wenn eine Gesellschaft unter Druck gerate durch die eigene Regierung. Autokraten seien eine Bedrohung für Comedy, für die freien Künste, für Musik, das Denken, die Poesie und den Fortschritt. Im Publikum saß damals auch Jimmy Kimmel – wie Stewart ein Comedian mit Millionen Fans und eigener Late-Night-Show.
Die ist nun bis auf Weiteres Geschichte, mit sofortiger Wirkung abgesetzt vom Sender ABC (gehört zu Disney). Anlass waren Kimmels Äußerungen zum tödlichen Attentat auf den ultrarechten Aktivisten Charlie Kirk.
Kimmel hatte Donald Trumps MAGA-Bewegung („Make America Great Again“) in seiner Sendung vorgeworfen, die Ermordung Kirks politisch zu instrumentalisieren. Der US-Präsident feierte Kimmels Rauswurf als „großartige Neuigkeiten für Amerika“, denn im Visier hatte Trump seinen prominenten Kritiker schon lange. Und nicht nur ihn.
Seit seiner erneuten Wahl ins Weiße Haus geht Trump gezielt, strategisch und härter als in seiner ersten Amtszeit gegen Kabarettisten, Fernsehsender, Nachrichtenagenturen und Zeitungen vor, die kritisch über ihn berichten. Sie müssen fürchten, mit Strafen der US-Regierung belegt, oder Ziel von Klagen zu werden, wie nun die berühmte New York Times, von der Trump unvorstellbare 15 Milliarden Dollar Schadenersatz verlangt.
So zeigt sich, drei Jahre später, dass Jon Stewart mit seiner Warnung an die Amerikaner recht behalten sollte. Das Show-Aus für Kimmel geht wohl zurück auf Druck der US-Medienaufsichtsbehörde FCC. Deren Chef, Brendan Carr, gilt als Trump-Getreuer. Und vor einigen Wochen hatte auch schon der Sender CBS bekannt gegeben, dass die Sendung des Satirikers Stephen Colbert nur noch bis Jahresende ausgestrahlt werden soll.
Repressalien mit Vorbildcharakter
Aber Trump ist das nicht genug. Er rief am Mittwoch unverhohlen den Sender NBC dazu auf, auch die Late-Night-Shows der Kabarettisten Jimmy Fallon und Seth Meyers einzustellen. Sie sind bekannt für ihre bissigen Witze über den US-Präsidenten. Beide übten scharfe Kritik an Kimmels Absetzung, ebenso wie Colbert, Stewart oder die amerikanische Talkshow-Legende David Letterman. Colbert, der zuletzt noch mit einem Emmy geehrt worden war, eröffnete seine „Late Show“ mit den Worten: „Heute sind wir alle Jimmy Kimmel.“ Er sprach von „offensichtlicher Zensur“. Unter Anspielung auf Trump forderte er: „Einem Autokraten darf man keinen Millimeter nachgeben.“
Was in den USA geschieht, hat Auswirkungen über die amerikanischen Grenzen hinweg. Die Repressalien und erfolgreichen Attacken durch die Regierung, denen US-Medien und einzelne Journalisten oder Kabarettisten mittlerweile ausgesetzt sind, haben Vorbildcharakter für Trump-Anhänger in der ganzen Welt.
So ist die Debatte in Deutschland über die Meinungsfreiheit mittlerweile ebenso aufgeheizt wie in den USA. Rechte Kreise verbreiten bei jeder Gelegenheit das Narrativ, man dürfe in Deutschland seine Meinung nicht mehr frei äußern. Wenn dann aber etwa die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali wegen ihrer Äußerungen zum Fall Kirk so scharf angegriffen und gar mit dem Tode bedroht wird, dass sie sich von Online-Plattformen zurückzieht, wird deutlich, dass rechte Anhänger selbst am schärfsten gegen die Presse- und Meinungsfreiheit vorgehen. Es wird klar, dass sie nur vorgaukeln, Verteidiger dieser Freiheit zu sein.
Autokraten bleiben Autokraten
Wie viele Fallstricke aber für politisch Verantwortliche aus Parteien der demokratischen Mitte in der Debatte lauern, zeigt die Diskussion um die konservative Moderatorin Julia Ruhs. Es ist das Recht des Norddeutschen Rundfunks, sie von der Sendung „Klar“ abzuziehen. Das gehört eben zu jener redaktionellen Freiheit, die das Grundgesetz garantieren soll. Das zu kritisieren und den Umgang des Senders mit Ruhs anzuprangern, ist auf der anderen Seite ebenso das gute Recht eines jeden Einzelnen.
Allerdings haben Markus Söder und Daniel Günther, immerhin Ministerpräsidenten, sowie Carsten Linnemann mit ihren Äußerungen in der Sache die Debatte noch angeheizt. Der CDU-Generalsekretär forderte etwa, den Rundfunkbeitrag einzufrieren, um Druck auf den NDR zu machen. So etwas wäre schon sehr nah dran an dem, was man hierzulande am Vorgehen Trumps gegen US-Medien beklagt.
Und mit Blick auf die AfD, die in Trump ein Vorbild für den Umgang mit Medien und politischen Gegnern sieht, muss auch in Deutschland mehr Sensibilität einziehen. Es gilt, aufzuwachen und zu erkennen, was droht, wenn die AfD an politische Macht gelangen sollte. Allen, die meinen, man solle doch die AfD mal ans Ruder lassen, sei zugerufen: Demokratisch gewählte Autokraten bleiben Autokraten und werden durch die Wahl nicht zu Demokraten. In den USA ist das nun deutlich erkennbar.
De Maart
Es ist leider eine Tatsache dass die politisch Verantwortlichen auf nationaler Ebene immer mehr Narrenfreiheit geniessen. Man sollte vor der eigenen Haustuer kehren...
@Philippe
Genau, die EU braucht keinen Trump oder AFD/RN/VB/Fratelli... das schafft VDL und ihre Vasallen ganz alleine.
Ja Deutschland braucht keinen Trump oder AFD das schaffen CDU SPD Grüne Linke FDP ganz alleine.
Denn die AFD regiert die BRD nicht und mit Lügenden Politiker in vorderster Front braucht man nicht über den Teich zu schauen.
Lieber vor der eigenen Tür …. anfangen.