Edvin MuratovicWarum sich der Wechsel nach Polen für den Angreifer gelohnt hat

Edvin Muratovic / Warum sich der Wechsel nach Polen für den Angreifer gelohnt hat
Gekommen, um langfristig zu bleiben: Edvin Muratovic will die Zukunft der „Roten Löwen“ mitgestalten Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Die Karriere von Edvin Muratovic nahm vor ein paar Wochen eine entscheidende Wende. Was der Wechsel in die zweite polnische Liga bewirkt hat und wovon der FLF-Angreifer träumt, verriet er vor dem Abflug nach Tiflis im Tageblatt-Interview.

Tageblatt: Sie sind vor sieben Wochen nach Polen gewechselt. Wie haben sich Ihr Leben und Ihr Alltag verändert?

Edvin Muratovic: Für mich gab es von einem Tag auf den anderen sehr viele neue Eindrücke: Ein neues Land, eine andere Kultur und eine neue Sprache. Zudem war ich zum ersten Mal im Leben ohne meine Familie. Es blieb allerdings nicht viel Zeit und ich musste mich schnell an meine Lebenssituation gewöhnen. Im Nachhinein kann ich behaupten, dass ich überhaupt keine Anpassungsschwierigkeiten hatte. Es lief alles problemlos und ich habe mich wirklich schnell eingelebt. Dass ich zudem Serbokroatisch spreche, macht es mir schon einfacher. Ich verstehe, was der Trainer bei den Ansprachen meint und was in den Kabinen unter den Spielern geredet wird. Zudem war ich schon immer ein Fan von Trainingseinheiten am Morgen. Man hat es dann schon hinter sich. Ohnehin fühlt man sich auch besser, wenn man früher aufsteht, statt lange im Bett zu liegen.

Und Ihre Werte auf dem Platz?

Als ich ankam, habe ich gleich gesehen, welche Riesenunterschiede es gibt. Ich war fünf Jahre in der BGL Ligue und kann guten Gewissens sagen, dass zwischen den Herangehensweisen, der Intensität und den Ansprüchen Welten liegen. Von daher habe ich mich bislang von Woche zu Woche fitter gefühlt. Wir trainieren sehr hart. Um 10 Uhr startet der Tag mit 90 Minuten Fitnesstraining, dann warten noch einmal anderthalb Stunden auf dem Platz. Das ist genau das, was ich gesucht habe. Ich bin durch diesen Wechsel kein komplett neuer Spieler, aber körperlich fühle ich mich besser und stärker. Wenn man jeden Tag zwei oder drei Stunden auf hohem Niveau trainiert, merkt man die Steigerung schon nach zwei Wochen.

Sie wollten diesen Transfer ins Ausland unbedingt – um Teil der Mannschaft von Luc Holtz zu bleiben. Was hat Ihnen der Sprung in den Profibereich in so kurzer Zeit bereits gebracht?

Es ist kein Geheimnis, dass ich in der Vergangenheit schon andere Angebote hatte. Damals hat es für mich aber nicht gepasst oder es war nicht unbedingt überzeugend. Mein Ziel war es schon immer, ins Ausland zu wechseln, aber es musste alles passen. Ich bin inzwischen 27 Jahre alt, es war also eine Jetzt-oder-nie-Entscheidung. Ich habe es geschafft und bin Profi geworden. Jetzt muss ich meine Leistung bringen, damit es hoffentlich noch weitergehen wird. Der Nationaltrainer hatte mir den Schritt ins Ausland bereits vor zwei, drei Jahren ans Herz gelegt. Beim letzten Trainingslager war ich der einzige Feldspieler, der noch in der BGL Ligue spielte. Wenn ich eine Zukunft in der Nationalmannschaft haben will, ist es notwendig, im Ausland zu spielen. Wer im Alltag mit talentierten Spielern arbeitet und harte Trainingseinheiten absolviert, entwickelt sich in allen Bereichen – sei es Fitness oder beispielsweise bei der Handlungsschnelligkeit.

Wie ist Ihre Sicht als Mittelstürmer auf Ihre fünf ersten Auftritte für Resovia Rzeszow?

Ich bin zufrieden. Ich habe es gleich geschafft, mich hier durchzusetzen. Zudem hatte ich gleich das Vertrauen des Trainers. In der Endabrechnung könnten es sogar ein bis zwei Tore mehr sein, aber besonders letztes Wochenende hatte der gegnerische Torhüter ein paar gute Paraden ausgepackt. Ich bin weiter fokussiert und mache mir keine Sorgen. Bei meinem Vertrag gibt es eine Option auf zwei Jahre. Ich kann nicht in die Details gehen, aber wenn es so weitergeht und wir uns in der zweiten Liga halten können – denn das ist die Hauptaufgabe –, denke ich, dass es nicht lange dauert, bis diese Option herangezogen wird. Es sei denn, es würde sich noch etwas anderes ergeben.

Wie oft haben Sie in den vergangenen Wochen, trotz Meisterschaftsbetrieb, an die Play-offs gedacht?

Ich muss zugeben: sehr oft und viel. Es sind die beiden größten Spiele in der Geschichte des Luxemburger Fußballs. Die hat man immer im Hinterkopf. Mit den Jungs stand ich dauernd über die sozialen Medien in Kontakt. Wir glauben alle daran. Das ganze Land glaubt daran. Ich wünsche mir sehr, dass wir dieses Ziel gemeinsam erreichen. 

Hat man Sie im Verein auf diese einmalige Chance für Luxemburg angesprochen?

Ja – und zwar von allen: den Spielern, den Trainern und den Leuten aus dem Vorstand. Ich hoffe, dass ich ihnen in zwei Wochen erzählen kann, dass es jetzt für uns bei der Europameisterschaft weitergeht.

Wie gehen Sie mit der Situation um? 

Klar ist man etwas aufgeregt. Nervosität verspüre ich nicht unbedingt. Vielmehr freue ich mich auf die Kollegen und darauf, diese wichtigen Spiele gemeinsam vorzubereiten. Es ist eine wunderschöne Sache, bei der Nationalmannschaft zu sein. Ich hoffe, dass sich jeder bewusst ist, wie nah wir am Ziel sind.

War bei den letzten Spielen auch Angst vor einer Verletzung dabei?

Ja (lacht). Das ist normal. Man passt beim Training schon etwas mehr auf. In der zweiten Liga geht es teilweise schon sehr hart und körperbetont zu. Während eines Pflichtspiels blendet man die Angst aus, aber beim Training versucht man schon, den Gefahren aus dem Weg zu gehen. Es tut mir sehr leid für die Jungs, die jetzt fehlen werden. Ich bin mir sicher, dass sie uns von zu Hause mit ganzem Herzen unterstützen werden.

Was erwartet die FLF-Auswahl in Tiflis?

Wenn man hört, dass man vor einer Kulisse von 55.000 Zuschauern auflaufen kann, dann kann man es eigentlich nicht erwarten. Von diesem Auswärtsspiel wird jeder von uns bestimmt sein ganzes Leben lang erzählen. Wir sind voll motiviert. Mir persönlich macht es nichts aus, dass dort fast ein ganzes Stadion aufseiten des Gegners sein wird – im Gegenteil, ich finde, es gehört zum Job dazu. Das macht mir keinen Druck. Ich habe mir schon ein paar Videos des Stadions angeschaut. Gegen Schottland waren es bereits 50.000 Fans. Sie sind emotional, man wird sie sicherlich hören. Wir wissen aber auch, dass unsere Leute vor Ort sein werden. Jede Unterstützung wird uns guttun.

Gehen Ihre Gedanken schon über dieses Spiel hinaus – sprich an das mögliche Finale zu Hause?

Der Fokus liegt erst einmal zu hundert Prozent auf dem Halbfinale. Danach können wir über das nächste Spiel reden.

Was haben Sie von der Euphorie in Luxemburg mitbekommen?

Viel – obschon ich in Polen lebe. Viele Kollegen schreiben mir täglich. Ich habe gelesen, dass sehr viele Vereine ihre eigenen Feste organisieren, um die Partie gemeinsam zu schauen. Als Spieler freut es mich, dass die Leute so euphorisch sind.

Letzte Frage: Was machen Sie, wenn Ihnen in Georgien der Siegtreffer gelingt?

Puh … Ich will jetzt nichts Dummes sagen (lacht). Es wäre der Jackpot für jeden Stürmer. Eins ist sicher: Ich würde mich unheimlich glücklich und stolz fühlen. So ein Moment ist ein Sechser im Lotto. Als Angreifer ist es Pflicht, optimistisch zu sein und sich zu sagen, dass man solche Tore machen wird. Natürlich denke ich also daran, dass ich es sein könnte … Ob ich spielen werde, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich derzeit in Form und voller Zuversicht bin. 

Steckbrief

Edvin Muratovic
Geboren am
15. Februar 1997
Position: Mittelstürmer
Bisherige Vereine: Jeunesse, F91 (Jugend), FC Metz U17 (F), Saarbrücken U19 (D), Virton U21 (B), F91, Déifferdeng 03, F91, RFCU Lëtzebuerg, seit Februar bei Resovia Rzeszow (POL)
Nationalmannschaft: 11 Einsätze, 1 Tor (gegen Montenegro 2020)