Donnerstag30. Oktober 2025

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DeutschlandWarum die Union gerade die SPD schont

Deutschland / Warum die Union gerade die SPD schont
Der deutsche Kanzler Friedrich Merz (r.) ist seinem Finanzminister Lars Klingbeil wohlgesonnen  Foto: AFP/Tobias Schwarz

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Auf den anstehenden SPD-Parteitag schaut auch die Union ganz genau. Sie hofft, dass die Sozialdemokraten nicht in Turbulenzen geraten – deswegen ist sie zuletzt besonders milde mit dem Koalitionspartner umgegangen.

Das wird ein wegweisender Parteitag für die SPD. Weil es um den weiteren Kurs nach der herben Wahlniederlage bei der Bundestagswahl im Februar geht – personell und programmatisch. Allerdings schaut auch die Union gebannt auf das, was sich da am Wochenende im „CityCube“ der Berliner Messe abspielen wird. Denn möglich ist, dass sich bei den Genossen Unmut über die eigene Parteiführung und die Kompromisse mit CDU und CSU etwa in der Migrationspolitik entlädt.

Die Marschrichtung der Unionsführung ist in den letzten Tagen klar gewesen – „die Sozialdemokraten werden geschont“, lautete die Vorgabe, so sagten es mehrere Unionspolitiker hinter vorgehaltener Hand. Anlass gäbe es, an der einen oder anderen Stelle in den Konflikt zu gehen – zum Beispiel beim Haushaltsentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil, der wieder SPD-Chef werden will. Oder in der Außenpolitik angesichts des russlandfreundlichen Kurses, den mancher in der SPD per „Manifest“ formuliert hatte.

Aber: Die Union gibt sich wohlwollend in der Hoffnung, dass man nach dem SPD-Parteitag ohne Verwerfungen und Störungen weiterregieren kann. Die wichtige Haushaltswoche des Bundestages steht an und am Mittwoch kommender Woche trifft sich der Koalitionsausschuss von Union und SPD, bei dem es um heikle Themen wie Rente und Bürgergeld gehen soll. Eine SPD-Spitze, die angeschlagen ist, könnte die Gespräche zusätzlich erschweren.

Eine inhaltlich und personell sortierte Sozialdemokratie mit klarem Kurs vor allem auch in der Außen- und Sicherheitspolitik wird die künftige Koalitionsarbeit stärken

Steffen Bilger, Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion

Insofern lässt die Union Milde walten, ohne aber auf gewisse Erwartungen zu verzichten. „Es verdient Respekt, dass die SPD auf dem Parteitag ihre Rolle in der Ampel-Regierung sehr selbstkritisch aufarbeiten und daraus wichtige Lehren ziehen will“, sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), dem Tageblatt. „Eine inhaltlich und personell sortierte Sozialdemokratie mit klarem Kurs vor allem auch in der Außen- und Sicherheitspolitik wird die künftige Koalitionsarbeit stärken.“

Unmut bei den Genossen

Zweifelsohne wird man genau verfolgen, was auf dem SPD-Konvent hinsichtlich der noch anstehenden Sozialstaatsreformen beschlossen wird oder inwieweit die Partei dann doch Vereinbarungen im Koalitionsvertrag infrage stellt. Auch für Kanzler Friedrich Merz (CDU) ist der SPD-Parteitag wichtig. Das betont der Politikwissenschaftler und Redakteur der „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Albrecht von Lucke. Merz habe in den Koalitionsverhandlungen „ganz bewusst“ Klingbeil unterstützt, damit dieser möglichst gestärkt in die eigenen Reihen hinein agieren könne, sagte von Lucke dem Tageblatt. Neben der ohnehin umstrittenen Migrationspolitik sei „jetzt speziell die Außenpolitik zur neuralgischen Stelle geworden“.

Die anvisierten fünf Prozent bei den Verteidigungsausgaben würden den Unmut bei den Genossen verstärken, so der Experte. Hinzu komme, dass der Kanzler mit der „fatalen Bezeichnung Drecksarbeit die Bombardierung des Iran durch Israel – und damit letztlich auch durch Donald Trump – gelobt hat.“ Die SPD stehe aber weit mehr auf der Seite von Außenminister Johann Wadephul (CDU), der sich eindeutig für Diplomatie und Verhandlungen ausgesprochen habe.

Sollte Klingbeil dann noch wegen seiner umstrittenen Personalpolitik ein schwaches Ergebnis als Parteivorsitzender erhalten, würde das „seine Autorität in der Regierung schwächen und damit auch die Stabilität der Koalition insgesamt“, betont von Lucke. Das wiederum dürfte gefährlich, auch für Merz, werden.