Donnerstag23. Oktober 2025

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Contern„War das real oder nur ein Traum?“ Gemeindepolitiker reagieren auf Eklat

Contern / „War das real oder nur ein Traum?“ Gemeindepolitiker reagieren auf Eklat
Die Mobbingaffäre in Contern hat einen neuen Tiefpunkt erreicht Foto: Editpress/Alain Rischard

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Nach der Gemeinderatssitzung vom Dienstag werden nun die Scherben gekehrt. Während die Gewerkschaft OGBL und die Koalitionspartei LSAP zur Deeskalation aufrufen, müssen die Gemeinderäte den Tag erst einmal sacken lassen. Das Tageblatt hat sich bei ihnen erkundigt.

Die Mobbingaffäre hat nach der desaströsen Gemeinderatssitzung vom Dienstag einen neuen Tiefpunkt erreicht. Wie das Tageblatt zuerst berichtete, ist LSAP-Schöffin Stéphanie Ansay zurückgetreten. Anschließend stimmte die LSAP bei der Frage, ob weiter juristisch gegen die zwei Mitarbeiter der Gemeinde vorgegangen werden soll, gemeinsam mit der Opposition gegen den Koalitionspartner CSV. Die Fehde vor Gericht ist damit beendet. Die Abstimmung selbst verlief unter hoher Anspannung, denn im Publikum befand sich nicht nur das Personal, das sich hinter die Bürgermeisterin Marion Zovilé-Braquet (CSV) stellte. Es waren eben auch jene beiden Mitarbeiter gekommen, gegen die die Gemeinde vor Gericht ziehen sollte – mitsamt Angehörigen.

Als Ansay ihren Rücktritt ankündigte, warf sie Bürgermeisterin Zovilé-Braquet vor, sie unter Druck gesetzt zu haben. Ansay zufolge wollte die Bürgermeisterin dem Personal mitteilen, dass es die Schuld der LSAP wäre, wenn die beiden entlassenen Mitarbeiter zurückkommen würden. Sichtlich davon überrascht antwortete Zovilé: „Was soll ich dazu sagen?“ Im kurzen Moment der Stille rief jemand: „Einpacken!“ Daraufhin beteuerte die Bürgermeisterin, nie gegen ihr Personal vorzugehen, „selbst dann nicht, wenn dieses gegen mich geht.“ Dafür erntete sie Applaus von den Gemeindeangestellten.

Hohe Kosten, wenig Resultate

Zovilé habe keinen Druck auf Ansay ausgeübt, beteuert sie am Mittwochnachmittag im Gespräch mit dem Tageblatt. Es sei „nichts vorgefallen“. Im Gegenteil sei die Zusammenarbeit stets gut gewesen und Ansay habe zuvor im Schöffenrat das Gerichtsverfahren befürwortet, um das übrige Personal zu schützen.

„Was das Personal will oder nicht – ich muss das neutral bewerten können. Wenn wir ein Gerichtsurteil vorliegen haben und damit viele Kosten zusammenhängen, zudem mit ungewissem Ausgang, dann muss ich meine Position daran messen“, sagt Ansay am Mittwoch dem Tageblatt. Sie habe Innenminister Léon Gloden (CSV) ihren Rücktritt mitgeteilt und sei bereit, ihm Rede und Antwort zu stehen – in der Hoffnung, dass sich die Wogen glätten werden. Dennoch bekräftigt auch Ansay, stets gut mit der Bürgermeisterin zusammengearbeitet zu haben. Sie ist nach Jim Schmitz (CSV) das zweite Schöffenratsmitglied in sieben Monaten, das zurückgetreten ist. Schmitz hatte seinen Rücktritt im Januar 2025 mit gesundheitlichen Problemen begründet.

Stéphanie Ansay (LSAP, l.) und Marion Zovilé-Braquet (CSV)
Stéphanie Ansay (LSAP, l.) und Marion Zovilé-Braquet (CSV) Foto: Editpress/Alain Rischard

Forderung nach Schlichtung

Die LSAP teilte nach der Gemeinderatssitzung in einer Pressemitteilung mit, in „Zeiten von Unsicherheit und Spannungen“ Verantwortung übernehmen zu wollen. Die Partei stelle sich gegen „weitere juristische Schritte, bei zweifelhaften Erfolgsaussichten, weil sie öffentliche Ressourcen binden und das Vertrauen in unsere Institutionen gefährden.“ Obwohl die LSAP im Gemeinderat gegen ihren Koalitionspartner CSV vorging, scheint die Zusammenarbeit noch nicht gescheitert zu sein: „Als Koalitionspartner stehen wir zu unserem Engagement für eine starke und handlungsfähige Gemeinde. Aber Koalition bedeutet nicht blindes Abnicken. Sie lebt von Dialog, gegenseitigem Respekt und dem Mut, unterschiedliche Sichtweisen einzubringen.“

LSAP-Rat Pol Thomé schlug am Dienstag eine Schlichtung vor. In dieselbe Kerbe schlägt am Mittwochmorgen die Gewerkschaft OGBL. In einer Pressemitteilung fordert sie die „sofortige Reintegration“ der betroffenen Mitarbeiter in ihren beruflichen Alltag und eine „unabhängige Mediation für die Gemeinde Contern“. Die Gewerkschaft „begrüßt ausdrücklich den Beschluss des Gemeinderats, keine weiteren juristischen Schritte gegen die beiden betroffenen Mitarbeiter einzuleiten“. Nun sei dem OGBL zufolge „das Innenministerium in der Verantwortung, eine solche Mediation aktiv vorzuschlagen und den Weg dafür zu ebnen“, denn es sei „wichtig, dass von übergeordneter Stelle ein klares Signal zur Deeskalation und Aufarbeitung gesendet wird.“ 

Die Stimmung während des Gemeinderats am Dienstag war angespannt
Die Stimmung während des Gemeinderats am Dienstag war angespannt Foto: Editpress/Alain Rischard

Der Tag danach

Am Tag nach der Ratssitzung müssen die Beteiligten das Geschehene erst mal verarbeiten. „Man wacht morgens auf und stellt sich die Frage: War das real oder war es nur ein Traum?“, sagt die Bürgermeisterin gegenüber dem Tageblatt. „Es war beeindruckend, zu sehen, dass die ganze Belegschaft im Raum war, um zu zeigen, dass es ihnen gut geht und dass sie hinter mir stehen.“ Obgleich Zovilé bezweifelt, dass eine Mediation zum jetzigen Zeitpunkt Resultate bringen würde, will sie sich dieser Option nicht verschließen, wenn eine Mehrheit dies fordere. Derzeit arbeite man daran, wie die Reintegration der entlassenen Mitarbeiter reibungslos verlaufen kann. Bis es so weit ist, bleibe der besagte Angestellte zum Wohlergehen des Personals beurlaubt.

„Ich bin selbst noch dabei, das Geschehene zu verarbeiten“, erzählt Gemeinderat Ari Arrensdorff („déi gréng“) dem Tageblatt. „Im Februar hat Jim Schmitz aufgehört, jetzt Frau Ansay, das ist hart. Denn ich denke auch, dass sie eine gute Arbeit geleistet hat.“ Die Schlichtung sei für ihn der richtige Weg, „doch es darf nicht passieren, dass dieselbe Person, die zuvor die Analyse und die Untersuchung geführt hat, mit der Reintegration beauftragt wird.“ Arrensdorff bezieht sich hierbei auf die Organisationsanalyse und die Untersuchung der Mobbingvorfälle durch die Firma von Pierre Mangers.

„Ich hoffe für die Gemeinde, für die Bürger und das Personal, dass dieser Spuk ein Ende nimmt. Niemand hat das, was hier passiert, verdient“, hebt die Bürgermeisterin von Contern hervor. „Die Menschen, die hier arbeiten, sind am Limit. Sie schlafen schlecht, es ist eine enorme Belastung für sie und sie wollen einfach nur, dass es aufhört.“ Zovilé kritisiert, dass eine „politique politicienne“ betrieben wird, bei der es nur um ihre Person gehe.

Was ist passiert?

Zwei Mitarbeiter der Gemeinde hatten im August 2024 Bürgermeisterin Marion Zovilé-Braquet (CSV) und dem Schöffenrat Mobbing vorgeworfen. Im September gelangten Bedenken über ein toxisches Arbeitsklima an die Öffentlichkeit. Die Gewerkschaft OGBL und die Opposition kritisierten die Gemeindeverantwortlichen für ihre Tatenlosigkeit. Ende 2024 wurden die genannten zwei Mitarbeiter entlassen, unter anderem mit der Begründung, die Mobbinganzeige sei ungerechtfertigt. Die Mitarbeiter klagten vor Gericht gegen die Entlassung und bekamen Recht. Seit Februar 2025 hat die große Mehrheit des Gemeindepersonals vier offene Briefe unterzeichnet, in denen sie sich gegen eine Wiedereinstellung der beiden Mitarbeiter positioniert, die seitdem beurlaubt sind.