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PolenWahlverliererin PiS will Regierungsbildung möglichst lange hinauszögern

Polen / Wahlverliererin PiS will Regierungsbildung möglichst lange hinauszögern
Die PiS-Rechtspopulisten rund um ihren Parteichef Jaroslaw Kaczynski (Mitte) wollen die Regierungsmacht nicht so schnell aufgeben Foto: Wojtek Radwanski/AFP

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Das amtliche Endergebnis der Parlamentswahlen in Polen vom Dienstag macht die große Niederlage der rechtspopulistischen Kaczynski-Regierung deutlicher als die Teilresultate.

Die Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ist demnach gar auf unter 36 Prozent gefallen und hat somit innerhalb von vier Jahren über acht Prozentpunkte oder 41 Sitze verloren. In diese Zeit fielen die Verschärfung des Abtreibungsverbots, massive Angriffe auf die Pressefreiheit und zuletzt der Getreidestreit mit der Ukraine.

Laut der zentralen Wahlkommission hat PiS demnach die Wahlen mit 35,4 Prozent der Stimmen (194 Sitze) dennoch klar vor der liberalen Bürgerplattform (PO) mit 30,7 Prozent (157 Sitze) gewonnen. Deutlich besser abgeschnitten als erwartet hat das zentristische Wahlbündnis „Dritter Weg“ mit 14,4 Prozent (65 Sitze). Die „Neue Linke“ büßte gegenüber 2019 fast die Hälfte ihrer Abgeordneten ein und kommt noch auf 8,6 Prozent (26 Sitze). Nur die Hälfte der erwarteten Sitze eroberte die rechtsextreme „Konföderation“ mit 7,2 Prozent (18 Sitze), mit der PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski offenbar eine zumindest informelle Regierungskoalition bilden wollte.

Die drei demokratischen Oppositionsparteien PO, „Dritter Weg“ und „Neue Linke“ kommen auf 248 (von 460) Angeordnete und könnten mit dieser Mehrheit im Sejm, Polens Kleiner Kammer, problemlos eine neue Regierung bilden. Allerdings brauchen sie dazu den Regierungsbildungsauftrag des Staatspräsidenten.

Das Volk wartet auf erste Beschlüsse. Ich bitte deshalb den Präsidenten um eine energische, schnelle Entscheidung.

Donald Tusk, Oppositionsführer

Der von Amts wegen parteilose Andrzej Duda hat bereits am Montag am Rande eines Papstbesuchs im Vatikan durchblicken lassen, dass er keine Eile sieht, den Machtwechsel in Polen einzuleiten. Duda entstammt ursprünglich der PiS und wurde im Wahlkampf 2020 erneut von PiS-Chef Kaczynski unterstützt, mit dem er allerdings ein schwieriges Verhältnis pflegt. Laut polnischer Verfassung hat Duda 45 Tage Zeit, einen Ministerpräsidenten zu benennen. In dieser Zeit regiert die alte PiS-Regierung unter Mateusz Morawiecki weiter, woran der polnischen Rechten – darunter Duda selbst – gelegen ist.

Der am Sonntag siegreiche Oppositionsführer Donald Tusk hat jedoch Duda am Montagmittag nach Verkündigung der Wahlresultate zur Eile angetrieben. „Das Volk wartet auf erste Beschlüsse. Ich bitte deshalb den Präsidenten um eine energische, schnelle Entscheidung. Die siegreichen demokratischen Parteien sind in engem Kontakt und jederzeit in der Lage, die neue Regierung sofort zu übernehmen“, sagte der zweimalige Regierungschef (2007-14).

Malgorzata Paprocka von der Präsidialkanzlei machte am Montag indes erneut klar, dass Andrzej Duda noch viel Zeit habe und erst einmal nach seiner Vatikanreise ausruhen müsse. Zudem, so Paprocka, sei es üblich, der stärksten Partei den Auftrag zur Regierungsbildung zu übertragen. „So ist es in Polen seit der Wende von 1989 üblich“, sagte Paprocka im Privatsender „Polsat“ bereits in der Wahlnacht.

Mit Tricks weiterregieren

Damit deutet alles darauf hin, dass Duda seiner politischen Heimat PiS den Auftrag geben wird, auch die nächste Regierung zu bilden. Vermutlich wird er erneut Morawiecki zum Premier designieren – und dies erst Ende November. Polens Verfassung sieht nämlich zuerst eine erste Sitzung des neuen Parlaments spätestens 30 Tage nach dem Wahltermin vor und spätestens 14 Tage später die Designierung eines neuen Premiers. Duda könnte dies beschleunigen, doch dazu fehlt ihm augenscheinlich der politische Wille.

„Noch regiert die PiS, und ich sehe kein Problem bei dieser Aufgabe“, unterstrich PiS-Spitzenpolitiker Jaroslaw Fogiel in der Wahlnacht auf „Polsat“. Seine Partei werde nun mit allen „pro-staatlichen“ politischen Kräften das Gespräch suchen, versicherte Fogiel im Staatsfernsehen TVP am Montag. Als mögliche Koalitionspartner nannte er den „Dritten Weg“ oder eine von deren beiden Wahlkoalitionsparteien – Bauernpartei PSL und Showmaster Szymon Holownias Bewegung „Polen2050“ – oder auch die „Neue Linke“.

Alle genannten Parteien gaben PiS bereits am Dienstag nach der Verkündigung der offiziellen Wahlresultate erneut einen Korb. Die Kaczynski-Partei wird aber versuchen, einzelne Abgeordnete mit lukrativen Posten oder dem Schutz vor Strafverfolgung – dank der Kontrolle über die Staatsanwaltschaft – zum Parteiwechsel zu bewegen. Nur dank solcher Tricks sicherte sich die PiS bereits 2021-23 eine knappe Regierungsmehrheit im Sejm.

liah1elin2
18. Oktober 2023 - 13.17

Herzliche Gratulation denjenigen polnischen Wähler*Innen, die trotz der medialen Hetze der PIS, den Wandel an der Urne erwirkt haben.
Vor allem die Frauen dürfen nun ruhiger in die Zukunft schauen, nach dem klerikalen Grusel der letzten Jahre.
Schlechte Verlierer nach demokratischen Wahlen sind aber ein Trend, der zu denken gibt.