Der Wolf in LuxemburgWährend sich die Waldbesitzer freuen, bleiben die Schafzüchter kritisch

Der Wolf in Luxemburg / Während sich die Waldbesitzer freuen, bleiben die Schafzüchter kritisch
Ein Wolf der mitteleuropäischen Flachlandpopulation Foto: © LJN

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Ende April waren in Niederanven drei Schafe von einem Wolf gerissen worden. Von einigen wird das Tier gehasst, von anderen gefürchtet, wieder von anderen als Symbol für die Renaturierung der Landschaften idealisiert. Freuen sich die Waldbesitzer über den natürlichen Regulator, sehen die Schafzüchter die Wiederkehr des Wolfs kritischer. Die Naturverwaltung ihrerseits will aufklären und das „Rotkäppchen-Syndrom“ bekämpfen.

Ist die Bestätigung eines Wolfs in Luxemburg nun eine gute oder schlechte Nachricht? Das Tageblatt hat bei verschiedenen Interessenvertretern nachgefragt. Winfried von Loe, Berater des „Groupement des sylviculteurs“, meint zwar, das sei nur am Rande ein Thema für die Privatwaldbesitzer. Aber insgesamt sei die Rückkehr des Wolfs positiv zu beurteilen. Man müsse wissen, dass der Wildbestand für eine Verjüngung des Waldes insgesamt zu hoch sei. „Erfahrungen aus Ostdeutschland zeigen, dass überall dort, wo sich der Wolf befindet, sich der Bestand relativ schnell verjüngte.“ Der Wolf ernährt sich größtenteils von Rothirsch, Wildschweinen und Rehen, Tiere, die Schaden im Wald anrichten. Die Wiederkehr des Wolfs sei also eine gute Nachricht für den Wald, sagt von Loe.

Auf die gleiche Frage reagiert der Präsident des luxemburgischen Jägerverbands („Fédération St-Hubert des chasseurs du Grand-Duché de Luxembourg“ – FSHCL), Georges Jacobs, zuerst etwas gereizt. Jäger würden allgemein so dargestellt, als würden sie nur an sich denken, sagt er einleitend. „Wenn ein Tier wieder zurück in seinen natürlichen Lebensraum kehrt, freut uns das und wir helfen, wenn es sein muss. Der Wolf ist kein Konkurrent für uns. Wir sind eine anerkannte Naturschutzorganisation. Unsere erste Aufgabe ist eine regulatorische, wir gehen nicht in den Wald, um uns zu amüsieren.“ Der Frage, ob die Jäger wegen des Wolfs weniger schießen müssten, weicht Jacobs aus. „Wird diese regulatorische Arbeit von anderen erledigt, so freut uns das.“

Von sich aus auf Wolfsjagd würden die Jäger auf keinen Fall gehen, betont Jacobs. „Wenn es aber z.B. Problemwölfe geben sollte, also solche, die dem Menschen gefährlich werden, dann könnten wir, unter der Autorität der Natur- und Forstverwaltung eingreifen, z.B. den Wolf betäuben, damit er anderswo ausgesetzt wird, und falls nicht anders möglich, eine ‚letale Entnahme’ vornehmen.“ Jacobs weist darauf hin, dass der nationale Wolfsmanagementplan aus dem Jahre 2017 in enger Zusammenarbeit mit dem Jägerverband ausgearbeitet wurde.

Der stellvertretende Direktor der Natur- und Forstverwaltung, der Biologe Dr. Laurent Schley, bestätigt dem Jägerverband entgegen anderen Jägern und Jagdorganisationen eine positive und konstruktive Haltung in Sachen Wolf. Er lobt ausdrücklich ein entsprechendes Positionspapier des FSHCL, das einzigartig in Europa sei. Er wisse von Jägern, die seien nicht so aufgeschlossen gegenüber dem Thema Wolf.

Aufklärungsarbeit

Jedes Mal, wenn ein Wolf in Luxemburg gesichtet wird, hält Schley in den jeweiligen Gemeinden Vorträge zum Thema „Koexistenz von Mensch und Wolf“, weil er weiß, dass in der Öffentlichkeit oft viel Unwissen über den Wolf herrscht. „Die Probleme des Menschen mit dem Wolf sind wohl eher psychologischer Natur und irrational.“ Er spricht vom „Rotkäppchen-Syndrom“. In seinem Webinar „Koexistenz Mensch-Wolf: Realismus oder Utopie?“ (s. Kasten) weise er objektiv auf die positiven wie auch auf die negativen Seiten der Rückkehr des Wolfes hin. „Man darf sich keine Illusionen machen. Gibt es einen Wolf in der Nähe von Schafhaltung, kommt es irgendwann zu Übergriffen. Aber diese können minimiert werden.“

Der Präsident des Dachverbands der Schaf- und Ziegenzüchter, Roger Baulesch, sieht das allerdings kritischer. „Wir wollen nicht 100 Prozent gegen alles sein, aber Wölfe sind nicht das, was wir unbedingt haben müssen.“ Für gerissene Schafe gebe es zwar eine finanzielle Entschädigung, die aber nicht die ganze Investition und Arbeit in die Tiere berücksichtige. Baulesch befürchtet finanzielle Einbußen. „Wir müssen nach unserem Geldbeutel sehen.“

Laurent Schley sieht aber auch eindeutige Vorteile in der Rückkehr von Wölfen in unseren Wäldern. Er bestätigt die Meinung der Waldbesitzer, dass der Wolf auf jeden Fall positive Auswirkungen auf die Ökologie des Waldes habe. „Jedes Wildtier, das zurückkehrt, trägt zur Renaturierung bei.“

Schley weist zudem auf den möglichen Erlebniswert hin: Man gehe anders in einer Landschaft spazieren, wo es auch wilde Tiere gibt. Aus eigener Erfahrung wisse er, wie positiv eine Begegnung mit dem Wolf sein kann. Er sei einmal einem Wolf auf sechs Meter Entfernung begegnet, was er als große Chance betrachtet. Die Naturverwaltung hat für den Fall einer Begegnung sogar eine Broschüre herausgegeben: „Wölfe in Luxemburg?“ Sie gibt entsprechende Verhaltensregeln und weitere Informationen zu den Tieren.

Rudelbildung nicht ausgeschlossen

Der in Niederanven gesichtete Wolf ist nicht hier ansässig, von einem Rudel in Luxemburg kann also schon gar keine Rede sein. Für den Moment. Man könnte es für die Zukunft nicht ausschließen, meint Schley. Bis jetzt sei wohl noch kein Wolf im Großherzogtum ansässig, weil hier der Lebensraum sehr zerschnitten ist. Die größte Gefahr für den Wolf bei uns sei wohl eher, von einem Auto überfahren zu werden. „Aber der Wolf ist sehr anpassungsfähig“, präzisiert Schley. Die Bildung eines Rudels, das grenzüberschreitend agiert, sei nicht auszuschließen. In Europa haben Wölfe ein eher kleines Revier von rund 200 Quadratkilometern. Im nahe gelegenen Naturpark Hohes Venn gebe es z.B. je ein ansässiges Weibchen und Männchen, sodass eine Rudelbildung dort nicht ausgeschlossen ist. Auch in der belgischen „Forêt d’Anlier“ (Provinz Luxemburg) gebe es bereits einen ansässigen Wolf. „Nahrung gibt es jedenfalls auch bei uns genug“, sagt Schley.

Er habe bis dato um die 20 Vorträge zum Thema Wolf gehalten. Die meisten seiner Zuhörer seien immer positiv überrascht gewesen. Eine Frage, die hin und wieder gestellt wird, sei die der Krankheitsübertragung, insbesondere der Tollwut. Diesbezügliche Ängste seien aber unbegründet. Obwohl der Wolf, wie andere Tiere auch, diese Virusinfektion übertragen könne, sei das Risiko nicht größer als z.B. beim Fuchs. Westeuropa gelte als tollwutfrei. Der letzte Wildtollwut-Fall habe es bei uns 2003 gegeben. Beim „Niederanvener Wolf“, der aus  Niedersachsen hierherkam, kann man wohl davon ausgehen, dass er in guter Verfassung war, sagt Schley. Die größte Tollwutgefahr für uns gehe wohl von Hunden aus, die Touristen aus Balkanländern mit nach Hause brächten, da es dort noch Krankheitsherde gebe.

Webinar „Koexistenz Mensch-Wolf: Realismus oder Utopie?“

Da die üblichen Vorträge wegen Covid-19 nicht stattfinden können, informieren die Naturverwaltung und das „natur musée“ zusammen mit der Gemeinde Niederanven am 9. Juni um 20.00 Uhr im Rahmen eines Webinars über den Wolf. Der Titel des Vortrags von Dr. Laurent Schley lautet: „Koexistenz Mensch-Wolf: Realismus oder Utopie?“ Die Teilnahme ist gratis und offen für alle. Eine Anmeldung ist allerdings Pflicht. Nach der Anmeldung erhalten die Teilnehmer einen Link zur Teilnahme. Weitere Informationen und die Möglichkeit, sich zu registrieren, gibt’s hier.

Claire
8. Juni 2020 - 16.17

Wann de Wollef erëmkënnt, da kënnen d'Baueren eben net méi Schof einfach an eng Wiss bei de Bësch sëtzen an eemol an der Woch kucke kommen, dat ass et dausende Jore net ginn, just déi lescht honnert Joer hunn se sech dat ugewinnt. Da winnen se sech et eben erëm of.

Lully
8. Juni 2020 - 8.57

hei am Land, gêt êt bestêmmt kee Mênsch méi, deen de Wolef nach vu fréier kennt, ech weess den Datum nêt méi genau wéi dee läschte Wolef zu Ouljen erschoss gouf, et sê bestêmmt schon 100 Joer hiir. Sou dat de Wolef nêt méi an de Käpp vun ons All méi ass. Mir kennen hien nêmmen aus Geschichten, Märercher oder Bicher. Êt ass och nach nêt esou laang hiir, wou am Frankréich, am Parc naturel nationale du Mercantour de Wolef rêm agefouert gouf, schätzen viiru gud 30 Joer. Och an Italien war de Wolef rêm opgetaucht, an huet sêch lous a lous weider ausgebreed, bis elo viiru kurzem och hei zu Letzebuerg, der Belch an der Eifel. Meescht ass de Wolef just op der Duerchrees hei am Land, ons Fläche sen ze kleng viir sêch laang hei opuehaalen, dat Déier brauch fill Raum. kucke wéi êt viiru geet ass op jiddefall interessant