KanarenVulkaninsel La Palma bebt immer stärker

Kanaren / Vulkaninsel La Palma bebt immer stärker
Es braucht eine gewisse Vorstellungskraft, um die Straße in Las Manchas unter der Asche noch zu erkennen Foto: AFP/UME/Luismi Ortiz

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Viele Bewohner befürchten, dass sich das Lava-Drama noch verschlimmert. Dabei brodelt der Berg bereits seit vier Wochen.

Immer heftigere Erdbeben erschüttern die spanische Urlaubsinsel La Palma, wo vor vier Wochen der Vulkan im Gebirgszug Cumbre Vieja ausbrach. Die Beben signalisieren laut Vulkanforschern, dass immer mehr Magma, also Gesteinsschmelzen, aus dem Erdinneren nach oben drückt. Die Lavaflüsse, die das Vulkangebirge herunterfließen und schon verheerende Zerstörungen verursachten, könnten also noch zunehmen. Keine beruhigenden Aussichten für diese traumhafte und bergige Kanareninsel, die vor allem bei Wandertouristen beliebt ist.

Am Wochenende ließen gleich mehrere Erdstöße mit einer Stärke zwischen 4 und 5 auf der Richterskala die Häuser auf der ganzen Insel wackeln. Die Epizentren lagen stets tief unter der südlichen Hälfte der Insel – also dort, wo die bis zu 2.000 Meter hohe Bergkette Cumbre Vieja seit dem 19. September große Mengen an Lava sowie Asche spuckt. Es sind die stärksten Beben, die seit Beginn dieser neuen Vulkankrise auf der Insel registriert wurden.

Geologe beruhigt

„Die Beben haben mit einem Prozess der Wiederauffüllung der Magmakammern im Erdinneren zu tun“, sagt Vicente Soler, staatlicher Vulkanologe, der zum wissenschaftlichen Krisenteam auf der Insel gehört. Diese riesigen unterirdischen Magmablasen speisen den aus dem Berg fließenden Lavastrom und füllen sich, solange der Druck aus der Tiefe nicht nachlässt, immer wieder auf. Wenn jedoch dabei die nach oben drängende flüssige Vulkanmasse auf Hindernisse stoße und diese Barrieren plötzlich brechen, komme es zu Erdstößen, erklärt Soler. Das sei im Prinzip alles ganz normal.

Doch was für die Geologen normal ist, alarmiert die Bevölkerung der Insel, auf der 83.000 Menschen leben und die jedes Jahr Zehntausende Feriengäste anzieht. Zwar wurde bisher niemand durch die Erdstöße und die Lavaflüsse verletzt. Aber die Menschen werden mit jedem neuen Erdstoß daran erinnert, dass dieses Vulkan-Drama vermutlich erst am Anfang steht und dass alles noch schlimmer werden könnte. Niemand glaubt mehr daran, dass sich dieser rauchende Feuerberg, dessen Fauchen kilometerweit zu hören ist, so schnell wieder beruhigen wird.

Spezialisten in Schutzanzügen untersuchen die Lavaströme
Spezialisten in Schutzanzügen untersuchen die Lavaströme Foto: AFP/UME/Luismi Ortiz

Schon jetzt, nach einem Monat, hat der Vulkan Schäden in Höhe von Hunderten Millionen Euro verursacht: Laut Copernicus, dem europäischen Satelliten-Beobachtungsprogramm, wurden bereits nahezu 2.000 Bauten zerstört: Vor allem Wohnhäuser in den Gemeinden El Paso, Los Llanos de Aridane und Tazacorte. Aber auch viele Bauernbetriebe, die sich auf der Insel meist dem Bananen- und Weinanbau widmen. Am Wochenende verschwand sogar ein Fußballstadion unter dem Lavastrom, der an seiner breitesten Stelle bereits mehr als zwei Kilometer misst und sich ins Tal Richtung Meer bewegt.

Neuer Schlund

Bisher bedeckt die seit einem Monat fließende Lava auf La Palma eine Fläche von rund 7,5 Quadratkilometern. Das entspricht zum Beispiel annähernd der Größe der britischen Kronkolonie Gibraltar oder auch jener der luxemburgischen Gemeinde Schifflingen. Dort, wo die flüssigen Vulkanmassen südlich des Ortes Tazacorte ins Meer fließen, formt sich eine neue Halbinsel, die mit knapp 40 Hektar schon fast so groß ist wie der Vatikanstaat.

Der Vulkanausbruch gilt auf den Kanarischen Inseln bereits als der zerstörerischste seit mehr als hundert Jahren. Bisher stieß dieser wütende Berg den Schätzungen zufolge bis zu 100 Millionen Kubikmeter an Lava aus. Das ist deutlich mehr als zusammengenommen bei den beiden vergangenen Vulkanausbrüchen, die auf den Kanaren im Jahr 1971 und 1949 registriert wurden. Diese beiden Eruptionen fanden ebenfalls auf La Palma statt, welche die aktivste Vulkaninsel des gesamten kanarischen Archipels ist.

Keine Flüge

Nicht nur die Lava macht den Insulanern zu schaffen. Auch die Asche, die der Vulkan ausstößt, wird zu einem immer größeren Problem. Am Wochenende lagen weite Teile der Insel wieder unter einer schwarzen Schicht, die vom Himmel geregnet war und sich auf Häuser, Straßen, Autos und die ganze Landschaft legte. Schuld war ein neuer Vulkanschlund, der in den letzten Tagen aufriss und kein Feuer, sondern Riesenmengen an Asche ausspuckte.

Sogar in der rund 20 Kilometer vom Vulkan entfernten Inselhauptstadt Santa Cruz de La Palma kam dieser hässliche schwarze Regen an. Da die Aschepartikel Automotoren, aber auch Flugzeugtriebwerke zum Stottern bringen können, sagten zunächst alle Airlines ihre Flüge von und nach La Palma ab. Viele internationale Gesellschaften fliegen die Insel aus Sicherheitsgründen schon länger nicht mehr an.

Diese Flugprobleme könnten sich bald noch auf Teile der Nachbarinsel Teneriffa ausdehnen. Die spanischen Meteorologen warnten, dass die gigantischen Aschewolken derzeit auf dem Weg nach Nordteneriffa seien, wo der zweitgrößte Airport dieser meistbesuchten Kanareninsel liegt.

Observer
18. Oktober 2021 - 13.39

Angesichts dieser Naturgewalt wird einem bewusst wie klein, schwach und unbedeutend der größenwahnsinnige Mensch doch ist!