Freitag7. November 2025

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Gedenkfeier zum Auftakt des Generalstreiks Vor 78 Jahren bot Wiltz den Nazis die Stirn

Gedenkfeier zum Auftakt des Generalstreiks  / Vor 78 Jahren bot Wiltz den Nazis die Stirn
In Zeiten von Fake News, Corona und Fremdenhass in sozialen Netzwerken wird erneut deutlich, wie wichtig ein friedliches Zusammenleben in Europa ist Foto: Olivier Halmes

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Am Montag erinnerte sich Wiltz an den Generalstreik vor 78 Jahren. Es waren Arbeiter, Angestellte und Beamten im Norden des Landes, welche am 31. August 1942 als Erste die Arbeit niederlegten. Sie bildeten damit den Auftakt zu einer Streikwelle, die im Verlauf ganz Luxemburg ergriff und später von den Nazi-Besatzern blutig niedergeschlagen wurde.

Während fünf Minuten lang ertönten am Morgen in Wiltz die Sirenen zum Gedenken an die Opfer des Streiks. Am Morgen des 31. August 1942 legten Arbeiter und Angestellte der Ideal-Lederwerke ihre Arbeit nieder. Kurz darauf schlossen sich weitere Betriebe, Handwerker, die Lehrerschaft sowie Gemeindebedienstete der Protestaktion an. Im Laufe des Tages ergriff die Streikwelle das ganze Land.

Auslöser der Proteste war die Ankündigung des Gauleiters Gustav Simon, die allgemeine Wehrpflicht für Luxemburger einzuführen. Die deutschen Besatzer wollten die Jahrgänge 1920 bis 1924 zur Teilnahme an Hitlers Krieg zwingen. Für dieses Aufbegehren gegen die Naziherrschaft musste jedoch ein hoher Preis gezahlt werden: Die Deutschen schlugen den Streik brutal nieder.

Standgerichte verurteilten 21 Menschen im Land zum Tode, von denen sechs aus Wiltz kamen. Die Gemeindebeamten Nicolas Muller und Michel Worré wurden am 2. September 1942 im KZ Hinzert erschossen. Einen Tag später wurden die vier Wiltzer Lehrer Alfred Brück, Joseph Ewen, Célestin Lommel und Charles Meiers hingerichtet. Obwohl der Streik von den Deutschen niedergeschlagen wurde, erregte er großes Aufsehen über die Grenzen des Landes hinaus. Nicht weniger als in 53 Ländern wurde in zum Teil begeisterten Reportagen über diesen mutigen Akt des Widerstands des kleinen Luxemburgs gegen die Nazi-Schergen berichtet.

 Foto: Olivier Halmes

Mit einer Kranzniederlegung an der Pförtnerloge der ehemaligen Ideal-Lederwerke in Niederwiltz wurde am Samstag der heldenhafte Einsatz im Kampf für die Freiheit gewürdigt. Hier befindet sich auch eine Gedenkplakette an die Ereignisse. Die eigentliche Zeremonie fand kurz darauf wie gewohnt am „Monument national de la Grève“ in Oberwiltz statt.

Verpflichtung der Erinnerung

Während der deutschen Besatzung waren 3.963 Personen aus Luxemburg in Konzentrationslagern oder in Gefängnissen inhaftiert. 791 fanden dort den Tod. Von den 10.211 Zwangsrekrutierten der Jahrgänge 1920 bis 1924 (später auf das Jahr 1927 ausgeweitet) kamen 2.848 ums Leben und 96 werden vermisst.

In seiner Rede ging LSAP-Bürgermeister Fränk Arndt auf die Verpflichtung ein, sich an die dramatischen Ereignisse vor 80 Jahren zu erinnern. Gleichzeitig spannte er den Bogen zu unserer heutigen Zeit: Der Ausbruch der Corona-Pandemie in diesem Jahr habe gezeigt, wie fragil das Zusammenleben der Nationen in Europa sei. Im Schengen-Raum fast vergessene Hürden wie Grenzschließungen sind dadurch wieder aktuell geworden – ein besonders für kleine Länder wie Luxemburg bedrohliches Szenarium.

Aber Demokratie und Freiheit seien noch aus einer anderen Hinsicht bedroht. Das Verbreiten von sogenannten Fake News und Fremdenhass in den sozialen Netzwerken nehme immer größere Ausmaße an. Dagegen zu steuern, sei eine Herausforderung, der sich unsere heutige Gesellschaft unbedingt stellen müsse. Damit auch künftig das friedliche Zusammenleben gewährt sei, im Gedenken an die Menschen, die für unsere Freiheit ihr Opfer gebracht haben.

 Foto: Olivier Halmes