Den bis hierher immer noch Ungläubigen sei also gerne geholfen, wenn wir erwähnen, dass laut Katasteraufstellung von Vianden aus dem Jahre 1766 die schier unglaubliche Anzahl von 173 Personen einen Weingarten auf insgesamt 40 Hektar Rebfläche in der Gemarkung bewirtschafteten.
Nun ja, es gab und gibt nicht sonderlich viel Erhebendes oder Erhabenes über den „Wäin aus Veinen“ zu berichten. Schon vor mehr als 200 Jahren wurde der dort gepresste Rebensaft als „wahrer Knochenbrecher“ bezeichnet und so ranken sich bis heute unzählige spöttische Anekdoten um den Wein aus dem hohen Norden.
Der primäre Grund für die Charakterisierung als „Knochenbrecher“, war offenbar der Umstand, dass beim übermäßigen Genuss keine Irritationen im Kopf stattfanden, sondern vielmehr die Beine dem geplagten Zecher den Dienst versagten.
Andererseits gab es aber auch anerkennenden Zuspruch für den Wein aus Vianden, so z.B. von Edmond de la Fontaine – landesweit bekannt als Schriftsteller – auch „Dicks“ genannt, dem das nachfolgende Urteil zugesprochen wird: „Obwohl der Wein nicht von Spitzenqualität ist, ist er jedoch angenehm zu trinken!“
Seit nunmehr exakt 100 Jahren wächst in Vianden kein Wein mehr. Durch unzählige harte Winter und in erster Linie durch die unsägliche Reblaus, wurde dieses Kapitel leider beendet … aber es gibt noch ein paar erwähnenswerte Ausnahmen, auf die wir näher eingehen werden.
Weinbau als zweites Standbein
„Einen Versuch ist es wert“, dachte sich Landwirt Marc Roeder aus Tandel im Jahr 2018, der dort auf 100 Hektar Anbaufläche Landwirtschaft betreibt. Mit der Anpflanzung einer Rebanlage wollte er sich ein zweites Standbein schaffen. In Kooperation mit Serge Fischer vom Weinbauinstitut (IVV) in Remich hat Roeder auf einer Fläche von 40 Ar pilzwiderstandsfähige Rebsorten, sogenannte „Piwis“, angepflanzt: Solaris, Souvignier Gris und Muscaris. Die „Piwis“ haben den Vorteil, dass sie nicht ganz so sensibel auf Frost reagieren wie die klassischen Rebsorten – ein Riesling hätte es sicherlich schwer hier oben. Stolze 90° Oechsle hatte seine erste Ernte im Jahr 2021, produziert hatte er erst einmal nur einen Federweißen. Den ersten Wein gab es dann aus dem Erntejahr 2022.
Den neuen Rebsorten wird ein großes Potential mit frischer Aromatik und stabiler Säure attestiert – So auch von Dr. Daniel Molitor (vom Luxembourg Institute of Science and Technology – LIST), der seit einigen Jahren die auswirkungen des Klimawandels im Weinbau untersucht. Einziges Manko, so Daniel Molitor, ist die zurzeit noch fehlende Akzeptanz bei den Konsumenten, die momentan noch lieber auf die Klassiker setzen.
„Ee vun Veinen a soss keen…“
Kommen wir gerne nach Vianden zurück – und hier tritt einmal mehr der Weinbergs-Pate vom „Domaine Tageblatt“, Laurent Kox aus Remich, auf den Plan. Der stets umtriebige Weinmacher von der Mosel hatte hier gleich zweimal in Sachen „Wiederbelebung der Weinkultur“ seine Finger im Spiel. Schon 2012 hat er den ehemaligen „Schoulmeeschter“ Nico Walisch – übrigens ein echter „Escher Jong“ – überzeugen können, in dessen Anwesen in der „Kalchesbaach“ in Vianden auf Schieferboden eine Rebanlage anzulegen. Nico Walisch hat 300 Stöcke der Sorte Cabernet Blanc gesetzt, die jährliche Produktion ergibt durchschnittlich ca. 400 Flaschen Wein, die in erster Linie im Kreise von Freunden und Familie konsumiert oder zu besonderen Anlässen verschenkt werden.
2023 hat Nico Walisch sogar einen Crémant produziert mit der verheißungsvollen und nicht ganz ernst gemeinten Bezeichnung „Crémant de Débutants – Petit Premier Cru“.
Bei weinseligen Zusammenkünften holt Nico dann auch schon einmal sein Akkordeon hervor und intoniert, sehr zur Erheiterung seiner Gäste: „Kättche, Kättche, bréng mir nach e Pättchen – ee vun Veinen a soss keen…“
Weingarten im Schatten der Burgmauer
Vor 2 Jahren dann waren Laurent Kox, Nico Walisch und Marc Roeder die Initiatoren für ein weiteres ambitioniertes Weinbauprojekt in Vianden. In Kooperation mit den Schlossfreunden Vianden und dem „Forum de l’emploi“, hat man unterhalb der Schlossmauer einen neuen Weingarten mit 300 Rebstöcken der Sorte Floreal angelegt. Zur Anlage gehören zudem Rosenstöcke und ein Insektenhotel. Gerechnet wird mit einem kleinen Ertrag von vielleicht 150 Flaschen, die man dann wohl im Souvenirshop des Schlosses käuflich erwerben kann.
All diese lobenswerten Initiativen tragen vielleicht dazu bei, dem Weinbau an der Our wieder zu neuer Blüte zu verhelfen. Eine weitere Untersuchung zum Thema Klimawandel von Dr. Daniel Molitor hat hierzu die Erkenntnis erbracht, dass die Reben an der Our nur einen Rückstand von wenigen Tagen bis zu einer Woche im Vergleich zur Mosel haben.
An elo kéint et Kättche nach e Pättche bréngen …
Wuchs da nicht mal der beruechtigte Drei Maenner Wein ?