Montag20. Oktober 2025

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E Bléck duerch d’LënsVon der Veianer Miliz zum „inoffiziellen“ US-Soldaten – André Flesch (1925-2016) 

E Bléck duerch d’Lëns / Von der Veianer Miliz zum „inoffiziellen“ US-Soldaten – André Flesch (1925-2016) 
André Flesch in Uniform der 10. US-Panzerdivision, 1945 Foto: MNRDH

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Dieses Jahr erinnert Luxemburg an das 80-jährige Jubiläum des Beginns der Ardennenoffensive. Von Dezember 1944 bis Februar 1945 brachten die Kämpfe zwischen den Alliierten und der Wehrmacht Tod und Zerstörung über den Norden und Osten Luxemburgs. Einer der Luxemburger, die sich an diesen Kämpfen beteiligten, war der 19-jährige André Flesch. 

Am 16. Dezember um 5 Uhr morgens wurde die kleine, idyllische Stadt Vianden von einem donnernden Artilleriebeschuss geweckt. In der Stadt befanden sich nur noch einige Bürger*innen, ein paar US-amerikanische Soldaten und etwa 30 Mitglieder der Veianer Miliz. Die, von Victor Abens angeführte, Miliz bestand aus jungen Männern – oft ehemalige Zwangsrekrutierte –, die sich zur Verteidigung der Kleinstadt zusammengefunden hatten. Am 19. November war es circa 22 der Milizmänner gelungen, einen Angriff abzuwehren und den Deutschen schwere Verluste zuzufügen. Durch dieses schwere Bombardement im Dezember jedoch wurde deutlich, dass die Miliz die Stadt nicht verteidigen konnte.

Obwohl die Milizmänner die US-Amerikaner vergeblich vor deutschen Truppenansammlungen jenseits der Grenze gewarnt hatten, kam der heftige Angriff doch überraschend. Gemeinsam mit den GIs wurde beschlossen, sich in kleine Gruppen aufzuteilen, um den anrückenden deutschen Truppen zu entkommen. Vor allem den Milizmännern drohte als Partisanen bei einer Verhaftung durch die Wehrmacht oder die SS der sichere Tod.  

Von Rodange über Umwege nach Vianden

Einer dieser fliehenden Milizmänner war der 19-jährige André Flesch. Der gebürtige Rodanger war bereits während der ersten Besatzungsjahre wegen seiner anti-deutschen Einstellung der Zivilverwaltung aufgefallen. So hatte er sich u.a. geweigert, der Hitlerjugend beizutreten und wurde deswegen von der Schule verwiesen. Im November 1943 wurde André zwangsrekrutiert, ein Schicksal, das er mit circa 15.500 anderen Luxemburger*innen teilte. Nach seinem Einsatz im Reichsarbeitsdienst und einiger Zeit innerhalb der Wehrmacht gelang es André, im April 1944 zu desertieren und sich in Belgien zu verstecken.

Dort trat er der Widerstandsorganisation „Armée blanche“ bei und wurde als Passeur tätig und zum Gruppenchef im belgischen Turpange ernannt. Nach der Befreiung Luxemburgs im September 1944 konnte er in seine Heimat zurückkehren. Wieder im Land, machte ihn der Petinger Bürgermeister auf die Aktivitäten der Veianer Miliz aufmerksam. André schloss sich Ende November der Miliz in Vianden an und entdeckte die kunterbunte Ausrüstung der Männer: von deutschen und US-amerikanischen Uniformen bis hin zu italienischen und englischen Waffen. Von ihren zahlreichen Stellungen innerhalb der Ortschaft aus versuchte die Miliz, die Bewegungen der Deutschen zu beobachten, vor allem von der Anhöhe des Viandener Schlosses aus. Am Morgen des 16. Dezember begann die Odyssee der Milizmänner von dort Richtung Süden. 

Flucht nach Diekirch

Nach zwei Tagen erreichte Andrés Gruppe den Treffpunkt in Diekirch. Dort war die Situation jedoch mehr als chaotisch. Die US-Amerikaner waren dabei, die Stadt vor der anrückenden Wehrmacht zu evakuieren. Die Gruppe entschied, weiter nach Süden zu flüchten. In Schieren wurde sie jedoch von US-Soldaten festgenommen. André und seine Kameraden wurden verhört.

Nachdem die GIs sich vergewissert hatten, dass sie keine Spione seien, wurden André Flesch und sein Kamerad Pierre Hansen vorübergehend als ortskundige Aufklärer eingesetzt. Die beiden halfen den US-Soldaten der 10. Panzerdivision bei der Bombardierung deutscher Infanterie in der Nähe von Ettelbrück. In den darauffolgenden Tagen fiel André sowohl als Aufklärer als auch durch Verhöre von deutschen Kriegsgefangenen positiv auf. Diese Tätigkeiten bewegten den Befehlshaber der 90th Cavalry Reconaissance, André Flesch als „inoffiziellen“ Soldaten aufzunehmen.  

Befreiung des KZ Dachau

Die Ardennenoffensive verwüstete große Teile des Luxemburger Nordens. Erst am 12. Februar wurde Vianden als letzte luxemburgische Stadt erneut befreit. André Flesch sollte die zweite Befreiung Luxemburgs jedoch nicht miterleben. Im Januar 1945 war seine Einheit nach Metz verlegt worden, wo er sich am US-Vormarsch durch Lothringen und das Saarland beteiligte. 

Er nahm an den Kämpfen um Kaiserslautern, München und Innsbruck teil und erlebte die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau. Am 7. Mai 1945 wurde er entlassen und kehrte nach Luxemburg zurück, wo er im Laufe der Jahre zahlreiche Auszeichnungen erhielt. André Flesch starb im Alter von 91 Jahren am 14. August 2016 im französischen Montpellier. 

E Bléck duerch d’Lëns

In der Rubrik „E Bléck duerch d’Lëns“ liefern die Historiker*innen André Marques, Julie Depotter und Jérôme Courtoy einen facettenreichen Blick auf verschiedene zeitgeschichtliche Themen.