2. November 2025 - 11.30 Uhr
Akt.: 2. November 2025 - 16.25 Uhr
Industriekultur Von der Ruine zur „Perle“: das neue Nutzungskonzept für die Schiefergrube in Asselborn
„Die Studien und Genehmigungen sind nahezu alle da“, sagt der Bürgermeister von Wintger, Lucien Meyers, und zeigt die Pläne der Architekten zum Wiederaufbau des Gebäudes. Nur über den Inhalt und die Themen musste man sich noch einigen. Denn abgesehen von der Geschichte der Schieferindustrie in dieser Region, gibt es noch mehr zu erzählen.
Der Plan zur neuen Nutzung sieht ein umweltpädagogisches Zentrum für Ökotouristen und Schulklassen vor, das nicht nur die Industriekultur, sondern auch Natura-2000-Zonen und Fledermäuse thematisieren soll. Die geschützten Tiere haben sich seit der Schließung 1969 in Teilen der zugänglichen Stollen angesiedelt, weswegen sie nur zwischen Mai und Juli geöffnet sind.

Industriekultur zeigen zu wollen, bei nur zehn Wochen, in denen der Besuch möglich ist, war das Handikap. Deshalb sieht der Nutzungsplan neben der Geschichte des Schieferabbaus Umweltpädagogik zu Natura-2000-Zonen vor. Von denen gibt es einige in der Gemeinde Wintger. Mit 3.146 Hektar steht fast ein Drittel des Gemeindegebietes unter strengem Schutz.
Als dritten Themenbereich will das „Zentrum“ das Leben der Fledermäuse erklären. Das lag angesichts der Besiedelung der Stollen nahe und ist im Tourismusministerium auf offene Ohren gestoßen. Bei geplanten Kosten von rund zwei Millionen Euro steht nach Gemeindeangaben der Wille staatlicherseits fest, das Projekt umzusetzen und zu fördern. In welcher Höhe Mittel fließen, steht nach mehreren Gesprächen im Ministerium noch nicht endgültig fest.

Es könnte eine „Perle“ für die Region werden, die reich an Natur ist und ein „Leuchtturmprojekt“ gut verträgt. Dass der Mut dazu sich lohnt, zeigt der vom Rathaus nur wenige Kilometer entfernt gelegene Garten „Sënnesräich“. Er will die Sinne ansprechen, „Open Air“ erfahrbar machen und zieht nach nur sieben Jahren seit der Eröffnung 17.000 Besucher im Jahr 2024 an.
Zusammenarbeit mit Obermartelingen
Eine Einschränkung hat das Ministerium bei allem guten Willen allerdings gemacht. „Die Bedingung war, dass wir mit den Schiefergruben in Obermartelingen zusammenarbeiten“, sagt Bürgermeister Meyers. Mit der Anlage in Obermartelingen ist die in Asselborn zwar allein schon größenmäßig nicht zu vergleichen, birgt aber einen entscheidenden Vorteil. Der Zugang zum Abbaugebiet hinter dem Verwaltungsgebäude ist barrierefrei.
Das ist in den Obermartelingen Stollen nirgendwo der Fall. Dort führen 370 Stufen in 42 Meter Tiefe, um die Welt der „Leekëpperten“ zu erleben. In Wintger hat die Gemeinde seit 2006 immer wieder in die Sicherung und Beleuchtung der zugänglichen Teile der Grube investiert. In dem Jahr kaufte die Gemeinde einen Hektar des insgesamt neun Hektar großen Abbaugebietes rund um das ehemalige Verwaltungsgebäude.
Die anderen acht Hektar sind wegen Überflutung durch das Grundwasser nicht zugänglich. Die Gänge und unterirdischen Seen im anderen Teil sind mittlerweile begehbar und werden in den zehn Wochen Öffnungszeit pro Jahr genutzt. Zur Geschichte der Schiefergrube im Norden des Landes gibt es einiges zu erzählen.

Schiefer mit „mention honorable“
Ähnlich wie in Obermartelingen wechseln sich seit Beginn des Abbaus im Jahr 1818 verschiedene Aktionäre, Direktoren, Verkäufe und kurzzeitige Schließungen der Grube ab. Und die hat in den jeweiligen Regionen des Landes während der aktiven Zeit große Bedeutung als Arbeitgeber für die Bevölkerung. Allerdings ist der Abbau in Asselborn wesentlich kleiner als in Obermartelingen.
Dort werden rund um das Jahr 1900 rund sechs Millionen Schieferplatten hergestellt. In Asselborn sind es mehr als 40 Jahre später lediglich 280.000 Kilo geschnittene Schieferplatten pro Jahr. Das geht aus der Webseite industrie.lu hervor. Trotzdem ist der Wert dieser Alternative zur Landwirtschaft nicht zu unterschätzen. Kurzzeitig finden in Asselborn rund 50 Menschen Arbeit.
Es gibt kaum Alternativen in dem damals noch dünner besiedelten Landesteil. Mitarbeiter der Mine sind zu der Zeit respektierte Einwohner. Wer konnte, ging dort arbeiten. Das erzählt Marcel Thommes (67), der vor Meyers die Gemeinde Wintger 18 Jahre lang regierte und Familienangehörige hat, die dort gearbeitet haben. Die Grubenarbeiter fördern Qualität zutage. Der Schiefer aus Wintger erhält auf der Weltausstellung in Paris 1889 eine „mention honorable“ und gilt wegen seines hohen Ölgehalts als langlebig.

Die Dächer vieler Kirchen und älterer Häuser in der Gemeinde zeugen noch heute davon. Zurück zum Plan: Baubeginn für die Sanierung des Verwaltungsgebäudes, das die zukünftigen Besucher empfangen wird, soll Herbst 2026 sein. Rathauschef Meyers rechnet mit einer Bauzeit von rund drei Jahren, da sie Rücksicht auf die Fledermäuse nehmen müssen. „Guides“ bildet der Naturpark Our aus, Betreiber wird der „Lëlljer Gaart“, eine Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen.
Steht das Projekt, wird nicht nur die Gemeinde, sondern auch der zweieinhalbstündige Lauschtour-Wanderweg „Éislek Pad Asselborn“ um eine Attraktion reicher. Er führt entlang der Schiefergrube, dessen „Zentrum“ dann mit Bistro zur Einkehr einlädt. Der Start der Wanderung ist beim Hotel-Restaurant Asselborner Mühle, die selbst schon einen Besuch wert ist.
De Maart

"Schiefer mit „mention honorable“ " Mehr als honorable. Wie sagte Opa Franz schon damals. " Wann dir mol bauen sollt, hualt eech Leeën van Aasselbuaren fir op den Daaach."