Samstag25. Oktober 2025

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Alain spannt den BogenVon der Philharmonie bis zur Kirche: Konzerte abseits des Mainstreams

Alain spannt den Bogen / Von der Philharmonie bis zur Kirche: Konzerte abseits des Mainstreams
Der luxemburgische Cellist Benjamin Kruithof gehört zu den vielversprechendsten Künstlern seiner Generation und begeisterte vor allem mit Rachmaninows Sonate für Cello und Klavier Foto: Sebastian Grebille

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Dass erstklassige Konzerte nicht unbedingt in der Philharmonie stattfanden, davon konnte sich das Tageblatt bei einem Orgelkonzert in Düdelingen und einem Kammerkonzert in der Fondation Valentiny überzeugen.

Heimspiel für Benjamin Kruithof

Der luxemburgische Cellist Benjamin Kruithof gehört zu den vielversprechendsten Künstlern seiner Generation. Sein Spiel zeugt von einer unwahrscheinlichen Musikalität und einer interpretatorischen Reife, die in diesem Alter eher selten ist, sodass ihm jetzt schon eine große internationale Karriere vorausgesagt werden kann. Und nicht umsonst wurde Kruithof in dieser Spielzeit zum ECHO Rising Star gekürt, um jetzt in den besten Konzerthäusern Europas auftreten zu können. Dies ist eine besondere Chance, aber auch eine besondere Herausforderung für einen jungen Musiker. Am vergangenen Dienstag führte ihn seine Rising-Star-Tournee in die Philharmonie Luxemburg, wo er mit seinem Partner Marco Sanna, dem Pianisten des Trio Oleon, ein Programm mit Werken von Beethoven, Sally Beamish und Sergei Rachmaninow vorbereitet hatte.

Was enttäuschte …

Die einzige Enttäuschung dieses musikalisch großartigen Abends war das für Benjamin Kruithof komponierte Werk „Reverie for cello and piano“ von Sally Beamish. In den 13 Minuten Aufführungsdauer gab es zwar einen interessanten Anfang, danach spulte das Werk zwischen pianissimo am Anfang, fortissimo in der Mitte und pianissimo am Schluss vorhersehbar dahin, ohne auf mich wirklich fesselnd zu wirken. „Reverie“ mag vielleicht interessant für die beiden Musiker sein, Beamishs Musik bleibt, wie so viele zeitgenössische Werke, aber ohne wirklichen Charakter. Ausgehend von einem Fragment einer luxemburgischen Volksmelodie beschreibt es die innere Ruhe, die der Cellist in seinem Heimatland Luxemburg findet, wenn er durch die Natur mit ihren Seen, Flüssen und ihren grünen Hügeln wandert.

Nur Lob gab es für Kruithof und seinen ebenso begabten Pianisten Marco Sanna
Nur Lob gab es für Kruithof und seinen ebenso begabten Pianisten Marco Sanna Foto: Sebastian Grebille

Gespielt wurde „Reverie“ erstklassig. Bereits das erste Werk des Abends, Beethovens eher selten gespielte „Sonate für Cello und Klavier Nr. 5“, zeigte die Klasse von Kruithofs Spiel, das Beethovens Musik hier sehr markant und akzentreich darstellte. Immer im Einklang mit dem Pianisten entwickelte Kruithof hier einen recht reliefartigen Beethoven, der in jedem Moment zu überzeugen wusste. Im Gegensatz zu Sally Beamish, die innerhalb ihres Werkes eigentlich nie so richtig auf den Punkt kam, zeigten die „Trois pièces pour violoncelle et piano“ aus dem Jahr 1914 von Nadia Boulanger, wie man innerhalb kurzer Zeit drei kompakte Stücke komponieren kann.

… und überzeugte

Impressionistische Farben, wunderbare Melodien, melancholische Momente und kontrollierte Virtuosität boten innerhalb der acht Minuten Spieldauer eine ganze Panoplie an hervorragend komponierten und in sich schlüssigen Ideen. Auch hier nur Lob für Kruithof und seinen ebenso genialen wie hellhörigen Pianisten Marco Sanna. Das Sahnehäubchen des Abends aber war die herrliche Sonate für Cello und Klavier von Sergei Rachmaninow, die Kruithof höchstwahrscheinlich mit einem anderen Bogen spielte, denn das musikalische Resultat war ganz anders als in der ersten Konzerthälfte.

Hier überwog ein sehr warmes, lyrisches und rundes Spiel, das jede einzelne Melodie Rachmaninows quasi zu adeln schien und die Sonate mit einer wunderbaren Expressivität ausstatte, die in keinem Moment übertrieben war. Trotzdem atmete und pulsierte die Musik und der Hörer konnte sich einem völlig natürlichen und immer achtsam gespielten Melodiefluss hingeben. Es war schön zu hören, welch integrer und kunstvoll gestaltender Interpret Benjamin Kruithof in der Zwischenzeit geworden ist. Aber auch schön zu erleben, wie er und sein auf gleich hohem Niveau spielender Pianist Marco Sanna es verstanden, Musik zum Leben zu erwecken und das Publikum ohne Effekte auf eine wundervolle musikalische Reise mitzunehmen.


Erhabener Bruckner auf der Orgel

Bei den Anton-Bruckner-Festspielen, die noch bis zum 16. November im Rahmen des „Festival international d’orgue“ in der Düdelinger Sankt-Martins-Kirche stattfinden, stand am vergangenen Samstag Bruckners 5. Symphonie auf dem Programm. Eberhard Klotz zeigt sich für die Transkriptionen der 11 Symphonien verantwortlich und man muss sagen, dass ihm mit der 5. Symphonie ein besonders großer Wurf gelungen ist.

Jubel in der Kirche

Für diese Symphonie, die wie ein Fels in der Brandung aus dem symphonischen Schaffen Bruckners herausragt, fand Klotz genau den richtigen Ton, der sich vor allem in der Darstellung der gewaltigen Blöcke im ersten Satz sowie in den Crescendi des Finales bewährte und die Musik zu einer atemberaubenden Erhabenheit führte. Die musikalische Umsetzung durch den belgischen Organisten Matthias Lecomte auf der renommierten Stahlhuth/Jann-Orgel gelang überzeugender als die im direkten Vergleich etwas kraftlose Interpretation der Vierten von Bernadetta Sunavska am vergangenen Samstag.

Lecomte machte sich die Stärken der Düdelinger Orgel zu eigen und gestaltete die vier Sätze mit Souveränität und einem besonderen Blick für das Wesentliche. Vor allem beeindruckte sein Spiel durch eine innere Geschlossenheit und machte die Gesamtdauer von immerhin rund 90 Minuten zu einem wirklichen Hörvergnügen, bei dem es keinerlei Durchhänger gab. Zum Schluss wurde diese herausragende Aufführung mit großem Jubel belohnt. Wie die Organisatoren bekannt gaben, wird die ausgefallene Aufführung der 3. Symphonie durch Matthias Mayerhofer jetzt am 16. November nachgeholt.


Fulminante Kammermusik in der Fondation Valentiny

Das Duo Natalia, bestehend aus der Geigerin Natalia van der Mersch und der Pianistin Natalia Kovalzon, begeisterte mit ebenso virtuosen wie dynamischen Interpretationen
Das Duo Natalia, bestehend aus der Geigerin Natalia van der Mersch und der Pianistin Natalia Kovalzon, begeisterte mit ebenso virtuosen wie dynamischen Interpretationen Foto: Alain Steffen

Manchmal tut es gut, auch über den Tellerrand der Philharmonie hinwegzuschauen. Nach dem denkwürdigen Bruckner in der Sankt-Martins-Kirche in Düdelingen führte uns das nächste Konzert in die Fondation Valentiny in Remerschen, die seit einiger Zeit ebenfalls Kammerkonzerte anbietet. Nach dem renommierten Trio Boulanger im Rahmen des Moselmusikfestivals führte das in Luxemburg ansässige Duo Natalia in einer Matinee am Sonntag ein spannendes Programm mit der „Sonate Nr. 1 op. 8“ des erst 22-jährigen Edward Grieg, der „2. Violinsonate“ von Serge Prokofjew, die eine Transkription einer Flötensonate ist und einen eher unbeschwerten, lebensbejahenden Charakter besitzt, der nachdenklichen „Méditation“ von Peter Tschaikowsky und den virtuosen „Zigeunerweisen“ von Pablo de Sarasate auf.

Brillante Musikerinnen

Beide Musikerinnen begeisterten mit einer in allen Punkten ebenso fulminanten wie dynamischen Interpretation. Das Zusammenspiel zwischen der Geigerin Natalia van der Mersch, einer Schülerin von Zakhar Bron und David Oistrakh, und der Pianistin Natalia Kovalzon, Leiterin der luxemburgischen Vereinigung „Artistes en herbe“, lebte von einem blinden Vertrauen und einer optimalen Kommunikation. Ihre Interpretationen waren extrem virtuos und lebendig, was das Publikum jedes Mal zu herzlichem Applaus anspornte.

Die technische Brillanz der beiden Musikerinnen, ihre Integrität der Musik gegenüber und vor allem ihre Kunst, jedes Werk maximal auszuloten und mit Authentizität zu gestalten, zeugten von einer großen Musikalität und einem genuinen Gefühl für das Musikantische. Die helle und sehr direkte Akustik des Saales der Fondation Valentiny kam den Interpretationen des Duo Natalia sehr entgegen. Mit Standing Ovations und Bachs „Ave Maria“ als Zugabe ging dieses fulminante Kammerkonzert zu Ende.