Nach der EuropawahlVon der Leyen kann auf zweite Amtszeit hoffen

Nach der Europawahl / Von der Leyen kann auf zweite Amtszeit hoffen
Von der Leyen braucht die Stimmen von mindestens 15 Staats- und Regierungschefs, um als Kommissionschefin wiedergewählt zu werden Foto: AFP/Odd Andersen

Ursula von der Leyen hat einen Lauf: Onlinevideos aus dem Europawahlkampf zeigten die CDU-Politikerin beim Joggen, Wandern und Baden, letzteres in Menschenmengen. Die 65-Jährige will für weitere fünf Jahre EU-Kommissionspräsidentin in Brüssel bleiben. Der Sieg ihrer Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl hat ihr neuen Schub verliehen, am Ziel ist sie aber noch nicht.

Gut gelaunt präsentierte sich von der Leyen am Wahlabend in Brüssel und am Montag in Berlin mit CDU-Chef Friedrich Merz. Das bürgerliche Lager habe die Wahlen klar gewonnen und bleibe „Stabilitätsanker“ in Europa, sagte sie.

Die konservative EVP-Fraktion kommt nach vorläufigen Ergebnissen auf rund 185 Sitze im neuen Europaparlament. Damit ist sie mit deutlichem Abstand stärkste Kraft unter den 720 Abgeordneten – und von der Leyen als EVP-Spitzenkandidatin legitime Anwärterin für die Kommissionsspitze.

Für eine zweite Amtszeit muss die frühere Bundesministerin allerdings Hürden nehmen. Da sind zum einen die Staats- und Regierungschefs der EU. Sie wollen spätestens am 27. und 28. Juni bei ihrem regulären Sommergipfel entscheiden, wen sie dem Europaparlament für die Kommissionsspitze vorschlagen.

Hürde für von der Leyen

Von der Leyen braucht die Stimmen von mindestens 15 Staats- und Regierungschefs, die zusammen 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten – ohne Deutschland ein schwieriges Unterfangen. CDU-Chef Merz und EVP-Chef Manfred Weber (CSU) machen deshalb Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), von der Leyen zu unterstützen. Ansonsten drohten „unsichere Zeiten und Instabilität“, warnte Weber im Deutschlandfunk.

Die größere Hürde ist für von der Leyen das Europaparlament. Hier braucht sie eine absolute Mehrheit von mindestens 361 der 720 Abgeordneten, um als Kommissionschefin wiedergewählt zu werden. Auf den ersten Blick scheint dies eine leichte Übung. Denn mit Sozialdemokraten und Liberalen gemeinsam verfügt das Mitte-Lager um die EVP im neu gewählten Europaparlament über eine Mehrheit von gut 400 Sitzen.

Allerdings gibt es in Europas Volksvertretung „keine Koalitionsbildung und auch keine Koalitionsverträge“, sondern eine Zusammenarbeit auf „lockerer Basis“, wie von der Leyen in Berlin betonte. Mangels Fraktionszwang ist bei Abstimmungen regelmäßig mit zehn bis 15 Prozent Abweichlern zu rechnen. Damit stünde die Mehrheit womöglich in Frage.

„Sie wird das Risiko vermutlich nicht eingehen und sich absichern“, sagt die Europaexpertin Thu Nguyen von der Denkfabrik Jacques Delors Centre in Berlin. Dafür könnte von der Leyen auf die Grünen zugehen, die allerdings massiv geschwächt sind, wie auch auf die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), in der unter anderem die Partei der ultrarechten italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni sitzt.

Bedingungen stellen

Das Problem: Kanzler Scholz und andere SPD-Politiker hatten bereits vor der Wahl verlangt, von der Leyen dürfe nicht mit „Rechtsextremen“ zusammenarbeiten. Darauf reagierte die 65-Jährige nun mit der Aussage, sie wolle eine „Bastion gegen die Extremen von links und rechts bilden“. Eine klare Absage an die EKR ist dies indes nicht.

Die FDP formulierte sogar gleich drei Forderungen: keine neuen Gemeinschaftsschulden wie zuletzt in der Corona-Pandemie, eine verschärfte Migrationspolitik und eine Rücknahme des Verbrenner-Aus ab 2035. Darauf reagierte Merz unwirsch: „Die Wahlverlierer haben uns keine Bedingungen zu diktieren,“ sagte er. Auch aus dem konservativen Lager gibt es allerdings schon seit Monaten Druck auf von der Leyen, weniger für das Klima und mehr für die Industrie und gegen Zuwanderung zu tun.

Ob die „Mitte hält“, wie von der Leyen es verspricht, muss sich noch herausstellen. Ob sie dann das Rennen als Kommissionspräsidentin macht, steht womöglich schon nach der ersten Sitzung des neu gewählten EU-Parlaments fest. Es tagt vom 16. bis 19. Juli in Straßburg.

JJ
11. Juni 2024 - 10.30

" Hier braucht sie eine absolute Mehrheit von mindestens 361 der 720 Abgeordneten," darum das Liebäugeln mit den Rechten. Was man nicht alles investiert wenn's um Macht geht.

RomainC
10. Juni 2024 - 19.30

Der Youtuber aus Zypern wäre der Top Kandidat! Andere haben ein Programm aber wissen auch nicht was sie tun. Der hat bestimmt mehr Follower als mancher Politiker! 😁😜👻