Von „Bommeleeër“ bis „LuxLeaks“: Luxemburgischer Gerichtszeichner Pit Wagner präsentiert Lebenswerk

Von „Bommeleeër“ bis „LuxLeaks“: Luxemburgischer Gerichtszeichner Pit Wagner präsentiert Lebenswerk

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Der Gerichtszeichner Pit Wagner hat aus vielen aufsehenerregenden Prozessen die Bilder geliefert: zum „Bommeleeër“, zu „Luxair“ oder den „LuxLeaks“, um nur einige zu nennen. Rund 50 seiner Zeichnungen sind ab Mittwoch (19.6.) in der Ausstellung „Le trait juste“ im Diekircher Gericht zu sehen. Vor der Expo haben wir uns mit dem Künstler unterhalten. 

Von Roger Infalt

„Sie müssen durch die Sicherheitskontrolle“, gibt eine uniformierte Dame am Eingang des Diekircher Gerichtsgebäudes unmissverständlich zu verstehen. Auf der anderen Seite der Schleuse ist Pit Wagner bereits dabei, 50 seiner Zeichnungen auszusuchen, die er ab Mittwoch und bis zum 28. Juni dort ausstellt.

In der Mittagsstunde wird ihm eine seiner beiden Töchter helfen, die Ausstellung aufzubauen, denn abends hat er eine Vernissage im hauptstädtischen Athenäum und am darauffolgenden Tag wird die Expo in Diekirch offiziell eröffnet.

„Um es gleich vorwegzunehmen: Nein, ich habe nicht von klein auf gezeichnet, ich war ein Schüler wie viele andere auch, habe das Lyzeum in der Hauptstadt besucht und bin später zur Uni gegangen“, unterstreicht Pit Wagner. Viele Stunden seiner Freizeit opferte er der Betrachtung von Kunst, setzte sich mit Kunstwerken sowie mit klassischer und moderner Musik gedanklich auseinander und fand stets Gefallen an dem Kreativen.

Ein erster Prozess

Später studiert er Grafikdesign und Illustration in Amsterdam und arbeitet anschließend einige Zeit in der Werbebranche. Im Laufe der Zeit merkt er, dass ihm das Zeichnen liegt. Als er eines Tages einem Hufschmied begegnet, kommt ihm der Gedanke, diesen eine Woche lang zu begleiten und hält viele Szenen zeichnerisch fest. Darüber hinaus findet er in dieser Woche zunehmend Gefallen an der kreativen Arbeit des Hufschmieds, sodass er sich dazu entscheidet, in Brüssel Kurse zu besuchen, die er nach zwei Jahren mit einem Meisterbrief als Hufschmied abschließt. „Um leben zu können, wollte ich drei Tage in der Woche als Hufschmied unterwegs sein, die restlichen Wochentage wollte ich als selbstständiger Künstler arbeiten.“ Das geht auch eine Zeit lang gut, doch die Nachfrage in Sachen Hufschmied ist plötzlich derart groß, dass er keine Zeit mehr für sein eigentliches Ziel, das Zeichnen, hat.

Info

Die Ausstellung ist an jedem Wochentag von 9 bis 11.30 Uhr und von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Da sich die Expo in der Eingangshalle des Gerichtsgebäudes befindet, muss jeder Besucher die Sicherheitsschleuse passieren.

Auf die Frage, wie er denn zum Gerichtszeichner geworden ist, antwortet Pit Wagner Folgendes: „Ich wollte einfach einmal den Ablauf eines Gerichtsprozesses verfolgen, ohne dass ich damals gleich daran dachte, zum Stift zu greifen. Doch da ich meine Zeichenutensilien fast immer dabei habe, begann ich trotzdem mit der einen oder anderen Zeichnung während des Prozesses. Das, was dort vor Gericht gesagt wurde und passierte, riss mich mit und ich konnte nicht anders, als bei jedem Verhandlungstag anwesend zu sein.“

Im Laufe der Jahre begleitet Pit Wagner viele Gerichtsprozesse, so zum Beispiel die Fälle „LuxLeaks“ und „Luxair-Absturz“. In besonderer Erinnerung bleibt ihm aber der „Bommeleeër“-Prozess, der rund zwei Jahre andauerte, bevor er auf unbestimmte Zeit unterbrochen wurde. „Damals konnte ich nicht mehr aufhören zu zeichnen. Es gab dermaßen viele Szenen, die mich inspirierten. Der gesamte Prozess ließ mich rund um die Uhr nicht mehr los.“

„Le trait juste“

Die Frage, wie viele Zeichnungen er denn während dieses Prozesses gemacht habe, quittiert er zunächst mit einem tiefen Seufzer. „Ich habe sie nie gezählt. Ich schätze, dass ich bis dato insgesamt 1.000 Gerichtszeichnungen gemacht habe, beim „Bommeleeër“ werden es wohl um die 300 gewesen sein. Dieser Fall hat mich im Nachhinein zur Herausgabe von zwei Büchern verleitet.“

Für die Ausstellung in Diekirch, die ab morgen besichtigt werden kann, hat Pit Wagner den Titel „Le trait juste“ gewählt. Wie kam es dazu? „Ich wollte mehreres damit andeuten: die genauen und neutral gehaltenen Zeichnungen, der Bezug zur Justiz und die der Wirklichkeit entsprechende Wiedergabe von Situationen vor Gericht, die nicht von persönlichen Gefühlen oder Meinungen geprägt sein dürfen.“

Der „Bommeleeër“-Prozess hat Pit Wagner besonders inspiriert

 

Kurz erwähnt

Pit Wagner wurde 1954 in Luxemburg-Belair geboren. Bereits in jungen Jahren zeigt er großes Interesse an der bildenden Kunst. Zwischen 1976 und 1979 besucht er Kurse an der „Gerrit Rietveld Academie“ in Amsterdam im Bereich Grafikdesign und Illustration.

Ab 1980 arbeitet er als selbstständiger Künstler, mit einer Vorliebe für grafische Illustration, Malerei und Radierungen.

In den Folgejahren sind seine Werke bei mehreren Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen. Neben seinen zahlreichen Auslandsreisen gibt er Kurse im Aktzeichnen, so zum Beispiel im Rahmen der Sommerakademie in Luxemburg.

Im Laufe der Zeit entwickelt er zudem eine Vorliebe für das künstlerische Verarbeiten von Metall. Im Jahre 2006 macht er seinen Masterabschluss in Lithografie am spanischen „Centro Internacional de la Estampa“ in Betanzos.

Sein Atelier befindet sich in einer früheren Schreinerei in der rue des Romains in Ettelbrück, im Volksmund „Äschenhiwwel“ genannt. Um näher an seinem Atelier zu sein, zieht er in den „Grondwee“ nach Ettelbrück um.

Entspannung findet Pit Wagner in seinem Garten, wo er sein eigenes Obst und Gemüse anbaut.