RadsportViel Verantwortung zu tragen: Claude Rach gehört zu den Organisatoren der Tour de France

Radsport / Viel Verantwortung zu tragen: Claude Rach gehört zu den Organisatoren der Tour de France
Claude Rach (Zweiter von rechts) empfing 2017 in Mondorf Großherzog Henri und dessen Frau Maria Teresa Foto: Jeff Lahr/Tageblatt-Archiv

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Als „Head of Strategy and Business Development“ bei der ASO (Amaury Sports Organisation) hat Claude Rach alle Hände voll zu tun. Er kümmert sich unter anderem um die Koordinierung des Corona-Teams oder um die Streckenführung – zwischendurch kümmert er sich um die Vorbereitung anderer Rennen. Der Escher, der seit 2011 für den Tour-de-France-Organisator arbeitet, trägt beim größten Radrennen der Welt viel Verantwortung. 

Im Kontrollzentrum der ASO, des Veranstalters der Tour de France, herrschte am Donnerstag keine große Nervosität. Grund dazu hätte man aber allemal haben können. Nach den schlimmen Stürzen auf den ersten Etappen blieb das Peloton am Dienstag aus Protest über die gefährliche Streckenführung stehen. Marc Madiot, Manager von Groupama-FDJ, ging weiter und sagte, dass es Tote geben werde, wenn sich nichts an der Streckenführung ändern würde. Am Donnerstag sollte es wieder zum „Sprint royal“ kommen, dieses Mal in Châteauroux. Der Escher Claude Rach ist als Head of Strategy & Business Development bei der ASO unter anderem auch für die Streckenführung verantwortlich. „Die Jungs, die sich vor allem um die Strecke kümmern, sind alle ehemalige Profis“, sagt Rach. „Sie wissen genau, was ein Fahrer leisten kann und wo Risiken bestehen. Für sie alle kommt die Gesundheit zu 100 Prozent vor dem Sportlichen.“ 

Dass es dennoch zu den schlimmen Stürzen kam, unter anderem musste Caleb Ewan die Tour auf der dritten Etappe beenden, liegt laut Rach vor allem an dem hohen Prestige der Tour de France. „Ich spreche aus Erfahrung“, sagt der 35-Jährige. „Es gibt viele andere Rennen, bei denen die Streckenaspekte und -verläufe viel extremer und risikoreicher sind. Wenn es hier Ankünfte gibt, die etwas riskanter sind, dann ist es, weil es in diesem Moment keine andere Lösung gibt. Aber dafür müssen die Streckenplaner immer erst ihr Okay geben. Bei der Tour kommt eben noch hinzu, dass es die Tour ist. Vor allem auf den ersten Etappen ist das Peloton nervös. Für die einen geht es um die Etappensiege, für die anderen um das Gelbe Trikot. Andere wiederum möchten auch vorne fahren, um ihre Kapitäne zu schützen. Es kommen so viele Aspekte zusammen, dass das Risiko steigt.“

Rach ist bei der Besprechung der Strecke im direkten Kontakt mit den ehemaligen Profis. „Ich frage mehrmals nach, ob wir nicht im Zentrum einer Stadt ankommen können, weil ein Bürgermeister das so möchte und wir die Stadt dann einfacher als Zielort bekommen. Oder ob wir die Ziellinie neben einem historischen Gebäude platzieren können, um den touristischen Aspekt des Rennens hervorzuheben. Die Jungs von der Streckenführung sind aber immer die Ersten, die mir die Grenzen aufweisen. Deswegen habe ich volles Vertrauen in sie. Ein Risiko gibt es leider immer. Wenn wir der Tour das Risiko nehmen möchten, dann können wir nur noch in Industriezonen, an Flughäfen oder Formel-1-Strecken ankommen.“ 

Arbeit im Corona-Krisenstab

Doch gerade das ist es, was Rach in seinen Aufgaben als Unternehmensentwickler vermeiden möchte. Zwar muss er die Tour attraktiver machen, darf dabei aber die DNA der Tour nicht verlieren. Bedeutet: Aspekte wie die Landschaft, das Sportliche, die Karawane oder der Tourismus sollen nicht abhandenkommen. Zudem will man die Nähe zu den Menschen bewahren. „Es wird immer schwieriger für uns, in die Städte zu kommen. Die Tour wird immer größer und uns fehlt der Platz.“ 

Die angesprochenen Bereiche werden in den letzten Jahren jedoch wiederum vor allem von den digitalen Medien gefördert. „Über die letzten fünf Jahre haben wir 50 bis 60 Mitarbeiter dazubekommen, die nichts anderes machen, als auf Social Media mit Apps zu arbeiten, Shortclips zu schneiden, Zusammenfassungen oder Videos zu posten. Vor allem im letzten Jahr war dieser Bereich wegen Corona ein Beschleuniger. Um die Tour attraktiver zu machen, ist es generell sehr wichtig, immer eine Balance zu finden zwischen dem, was die Tour historisch ausmacht und wie man sie der modernen Zeit anpasst.“ 

Zur Person: Claude Rach

Claude Rach ist aus Esch/Alzette, hat dort mit 19 Jahren im „Lycée des garçons“ seinen Abschluss gemacht. Er studierte in der Schweiz, ging dann nach Kanada, England und Frankreich. In Paris lernte er während des Studiums jemanden kennen, der Mitarbeiter fürs Sponsoring bei der ASO suchte. „Das hat mich nicht wirklich interessiert“, sagt Rach. „Aber die ASO eröffnete zu diesem Zeitpunkt einen neuen Bereich: die Unternehmensentwicklung.“ 2011 hat Rach also bei dem Familien-Unternehmen begonnen und schnell erste Erfolge gefeiert. Der mittlerweile 35-Jährige organisiert seit 2013 das Arctic Race of Norway (2.HC). Dazu möchte er mit dem „Tour de France Saitama Criterium“ auch den asiatischen Markt erobern. In Rachs Beruf geht es vor allem darum, das Portfolio des Unternehmens auszubreiten und bereits bestehende Events attraktiver für Stakeholder zu machen. Rachs Schwerpunkt liegt im Radsport, doch war der Escher auch schon bei der Rallye Dakar, Golf- oder Segelevents rund um den Globus. 

Für Rach, der seit 2011 für die ASO arbeitet, ist die Tour de France schon etwas wie Routine geworden. Seit letztem Jahr hat ihn aber ein neuer Bereich geprägt. „Man hat mich im März oder April gefragt, ob ich in den Corona-Krisenstab eintreten möchte“, sagt er. „Das habe ich dann übernommen. Wir schreiben die Corona-Protokolle und geben Maßnahmen vor. Bei den Protokollen sind jedoch zwei Einflüsse sehr wichtig. Erstens ist es die UCI, mit der wir Hand in Hand die generellen Protokolle im letzten Jahr geschrieben haben, um die Profirennen wieder aufzunehmen. Auf der anderen Seite arbeiten wir eng mit regionen- und länderspezifischen Behörden zusammen. Sie haben alle ihre eigenen, eventspezifischen Auflagen.“ In diesem Jahr hat Rach mit seinem Team und den nationalen Behörden, die letztendlich Entscheidungsträger sind, erarbeitet, dass zwei positiv getestete Fahrer zum Ausschluss des Teams führen. 

Rach findet man während einer Etappe meistens im Koordinationszentrum, das sich unweit der Ziellinie befindet. Dort fließen alle Informationen, beispielsweise der Polizei, der Präfektur oder Rennleitung, zusammen. Die wichtigsten Entscheidungen werden dort getroffen. Aus diesem Lager koordiniert der 35-Jährige auch sein Corona-Team, das aus insgesamt 60 Leuten besteht. „Wir haben ein Präventiv-Team, das beispielsweise schaut, ob alle Masken tragen. Dann haben wir aber auch ein medizinisches Team, das jeden Moment die Möglichkeit hat, eine Person zu testen.“ Die ganze Tour-de-France-Bubble wird dreimal getestet. Pro Test-Tag sind also rund 900 Tests durchzuführen. 

Es sei nicht immer einfach, sagt Rach, aber als radsportbegeisterter Mensch sei es eine große Möglichkeit gewesen, seine Leidenschaft mit seiner Expertise zu kombinieren. Langweilig wird ihm während seiner Arbeit zumindest nicht. Denn schon während der Tour de France arbeitet Rach an der Organisation der Deutschland-Rundfahrt sowie an Frankfurt-Eschborn. 

Das Familienunternehmen Amaury Sports Organisation

Die Amaury Sports Organisation ist ein Familien-Unternehmen, das 1992 gegründet wurde. Präsidentin ist Marie-Odile Amaury. Die ASO ist bekannt für ihre Sportveranstaltungen im öffentlichen Raum. Die Tour de France ist der Kern des Unternehmens, doch ist die Organisation auch im Motorsport (u.a. Rallye Dakar), Massenevents (u.a. Paris-Marathon), im Golf oder Segeln aktiv. Der Sitz des Unternehmens wurde vor dreieinhalb Jahren von Issy-les-Moulineaux nach Boulogne verlagert. Als die Tour de France für den damaligen Organisator, die französische Sportzeitung L’Equipe, zu groß wurde, übernahm die ASO die Verantwortung für die Austragung des größten Radrennens der Welt. Da sich die Organisation auf den Sport spezialisieren wollte, wurden andere Medien wie Le Parisien oder Aujourd’hui en France verkauft. Die ASO behielt L’Equipe und gründete unter anderem den Fernsehsender der Sportzeitschrift.

Lecteur attentif
4. Juli 2021 - 9.34

Foto vun 2017 !? Irreführend an onprofessionnel, mme pas à biarritz...