Die internationale Fußballwelt blickt derzeit nach Luxemburg. Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf Kirchberg wird entschieden, wie der Transfermarkt in Zukunft aussehen könnte. Von einem „Fall Bosman 2.0“, „Anarchie“ oder einer „Revolution“ ist die Rede. Die Anwälte, die das aktuelle Transfersystem kippen wollen, sehen in ihm Verstöße gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit und das Kartellverbot.
Aber eigentlich geht es um was ganz anderes. Es soll noch mehr Geld gescheffelt werden. Spieler sollen leichter und schneller aus ihren Verträgen herauskommen. Dadurch, dass dies passiert, können sie bei Verhandlungen mit einem neuen Verein höhere finanzielle Forderungen stellen, da dieser keine enormen Ablösesummen zahlen muss und das Geld logischerweise anders investieren kann.
Ursprung des Falls ist die einseitige Vertragsauflösung von Lassana Diarra bei Lokomotive Moskau aus dem Jahr 2014. Der Franzose hatte sich mit seinem Trainer überworfen und den Vierjahresvertrag gekündigt. Der russische Verein forderte daraufhin Schadensersatz in Höhe von zehn Millionen Euro. Eine Summe, an der sich auch Diarras zukünftige Vereine beteiligen mussten. Weshalb der ehemalige französische Nationalspieler Probleme hatte, einen neuen Arbeitgeber zu finden.
Gäbe es diese Blockade aus Schadensersatz und Ablösesumme jedoch nicht, dann wäre es in Zukunft ein Leichtes für jeden Spieler, den Klub zu wechseln und sich so lukrativere Verträge zu sichern. Die Konsequenz im höheren Profibereich wäre ein noch stärkeres Wettbieten um die Top-Profis. Es wird Vereine geben, die von diesem System profitieren werden (die reichen), und andere, die Opfer der neuen Regelung werden (die ärmeren).
Der Sport und die Dachverbände folgen bekanntlich nicht den Gesetzmäßigkeiten des normalen Arbeitsmarktes, den wir aus unserem Alltag kennen. Aus den unterschiedlichsten Gründen können nicht alle EU-Gesetze zur Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sport eingehalten werden. Auch, weil verschiedene Grundprinzipien des Sports eingehalten werden müssen, da es sonst innerhalb der Verbände zu einer Implosion kommen kann.
Dieser verhandelte Fall – egal, wie das Urteil ausfallen wird – ist aber ein Weckruf. Auch für die luxemburgischen Verbände. Denn noch immer gibt es eine Vielzahl von kleinen Regelungen, die infrage gestellt werden können.
Die großen Mannschaftssport-Verbände wie zum Beispiel der Fußballverband FLF oder der Basketballverband FLBB haben mindestens eine Transferregelung, die es Profisportlern nicht erlaubt, ohne Ablösesumme innerhalb Luxemburgs zu wechseln – obwohl sie keinen laufenden Vertrag mehr besitzen. Diese Regelungen verstoßen im Prinzip gegen das Bosman-Urteil, das 1995 vom EuGH gefällt wurde und eine richtige Revolution auslöste. Bisher ist noch kein Spieler dagegen vorgegangen, weil ein solches Verfahren viel Geld und Zeit beansprucht. Die Vereine sind mit den Regelungen mehr oder weniger einverstanden, weil sie die Funktionsweise innerhalb des Verbandes unterstützen.
Theoretisch könnten diese Mikro-Systeme aber jederzeit zum Einsturz gebracht werden. Aus diesem Grund sollte jedes EuGH-Verfahren, in dem es um Sport geht, auch hierzulande mit der nötigen Aufmerksamkeit bedacht werden.
De Maart

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