Dienstag4. November 2025

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DeutschlandUnterstützung für Mitgliederentscheid gegen Bürgergeld-Reform wächst

Deutschland / Unterstützung für Mitgliederentscheid gegen Bürgergeld-Reform wächst
Eine Frau tippt auf einem Tablet auf einen Link zum Beantragen des Bürgergeldes Foto: Carsten Koall/dpa

Arbeitsministerin und SPD-Co-Chefin Bärbel Bas plant eine Bürgergeld-Reform mit mehr Härten gegenüber Verweigerern. An der SPD-Basis wird der Widerstand größer. Mittlerweile wollen mehr als 3.500 Menschen per Mitgliederbegehren die Pläne stoppen.

Vor gut einer Woche war eine Initiative für ein SPD-Mitgliederbegehren gegen die geplante Bürgergeld-Reform bekannt geworden. Da hatten zunächst rund 1.000 Unterschriften vorgelegen, neben den knapp 170 Erstunterzeichnern. Mittlerweile, so ist auf dem Online-Portal der Organisatoren zu lesen, sollen mehr als 3.500 Unterschriften zusammengekommen sein.

Die Unterstützung für ein Mitgliederbegehren wächst also an der Basis, die Teile des schwarz-roten Regierungsvorhabens kritisch sieht. SPD-Co-Chefin Bärbel Bas ist in ihrem Amt als Bundesarbeitsministerin dafür zuständig. Sie hatte Mitte Oktober einen Gesetzentwurf in die regierungsinterne Abstimmung gegeben, der mehr Härten bringen soll. Wer etwa Termine im Jobcenter ohne wichtigen Grund nicht wahrnimmt, dem droht ab dem zweiten verpassten Termin eine Kürzung um 30 Prozent, ab dem dritten Termin eine komplette Streichung der Zahlung. Auch soll der Name Bürgergeld verschwinden und durch Grundsicherung ersetzt werden.

Die Unterstützer des Begehrens fordern etwa, von einer Verschärfung der Sanktionen im Bürgergeld abzusehen. „Wer auf Unterstützung angewiesen ist, darf nicht in Existenzangst gedrängt werden“, heißt es zur Begründung. „Sanktionen, die das Existenzminimum gefährden, widersprechen der Menschenwürde.“

Ein zweiter Punkt ist die Forderung, das Bürgergeld „als existenzsichernde Leistung weiterzuentwickeln durch bessere Unterstützung, Qualifizierung, Coaching und psychosoziale Hilfe“. Schließlich verlangen die Unterzeichner ganz grundsätzlich, soziale Ungleichheit abzubauen und sich „neoliberalen und rechtspopulistischen Forderungen“ entgegenzustellen. „Die SPD darf keine Politik mittragen, die Armut bestraft“, heißt es in dem Aufruf weiter.

Hauptinitiatoren des Begehrens sind Mitglieder der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos. Zu den Erstunterzeichnern zählen unter anderem Juso-Chef Philipp Türmer und weitere Mitglieder des Bundesvorstands der Jungsozialisten. Abgeordnete oder andere Mitglieder aus dem SPD-Parteivorstand haben sich bislang nicht als Unterstützer des Begehrens zu erkennen gegeben.

Partei steht unter Druck

Bislang ist die Initiative nicht offiziell als Begehren beim SPD-Parteivorstand angezeigt worden, es handelt sich daher zunächst um eine formlose Unterschriftensammlung. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte am Montag, die SPD habe sich in den Koalitionsverhandlungen mit der Union schwergetan beim Thema Bürgergeld. Er äußerte Verständnis für die Diskussion. Aber: Die SPD-Führung stehe „ganz, ganz stabil“ hinter dem Reformvorschlag und den Verabredungen im Koalitionsvertrag. Daran gebe es keinen Zweifel, sagte Klüssendorf. Er bezeichnete die Pläne als „ordentliche Reform“.

Das Ringen um die Ausgestaltung der neuen Grundsicherung gehört zum Kerngeschäft der SPD, daher dürfte die Reform auch im weiteren Verfahren noch zu Streit mit der Basis führen – auch wenn das Mitgliederbegehren, wie zu erwarten ist, nicht erfolgreich sein sollte.

Die SPD kämpft seit geraumer Zeit mit schlechten Umfragewerten. Kam die Partei bei der Bundestagswahl zwar nur auf 16,4 Prozent, sehen Meinungsforscher den Rückhalt derzeit noch geringer bei rund 13 bis 15 Prozent. Die Partei steht unter Druck, sich trotz der Regierungsverantwortung in der Koalition zu profilieren.